Thuiner Konvent in Bawinkel
Die letzten Schwestern packen ihre Koffer
Das Marienstift und die Gemeinde in Bawinkel stehen vor einem Einschnitt. Nach über 90 Jahren geben die Thuiner Franziskanerinnen den Konvent in dem Alten- und Pflegeheim auf. Die letzten drei Schwestern verlassen das Haus Ende Februar.
Ein wenig Wehmut wird die drei Thuiner Franziskanerinnen begleiten, wenn sie im Marienstift ihre Koffer packen. Schwester Antonita hat 27 Jahre in dem Bawinkeler Alten- und Pflegeheim gelebt und gearbeitet, Schwester Benediktis 17 Jahre und Schwester Ingeburga acht Jahre. Sie sind die letzten einer lange Reihe von Ordensfrauen, die seit 1930 die Einrichtung aufgebaut und weiterentwickelt haben.
Das Heim und das Dorf lassen sie nur ungern ziehen, aber die Schwestern hatten laut Provinzoberin Schwester Maria Angelis Hegemann aus Altersgründen „selbst diesen Wunsch geäußert“. Alle drei sind zum Teil schon deutlich über 80 Jahre alt. Für neue Schwestern fehlt derzeit der Nachwuchs, so dass der Orden den Konvent aufgeben muss – was Schwester Maria Angelis „sehr bedauert“.
Genau wie Heimleiterin Monika Frerich. Sie weiß, was das Marienstift (in Trägerschaft der Kirchengemeinde) verlieren wird. Schwester Antonita Zwake hatte das Haus von 1995 bis 2004 geleitet – gerade in jenen Jahren, als über Pflegeversicherung und Pflegekonzepte diskutiert wurde, als das Alten- und Pflegeheim grundlegend umgebaut und erweitert wurde. „Das Haus ist mit den Schwestern entstanden und aufgeblüht“, bringt Frerich die Geschichte (siehe auch „Zur Sache“) auf den Punkt. Was dabei das oberste Ziel war? „Dass die Bewohner und die Angehörigen sich bei uns wohlfühlen“, sagt Schwester Antonita. Dafür hat sie oft auch zuvor die Familien schon zu Hause besucht.
Schwester Benediktis Kröger kümmert sich bis heute um die Kapelle und den Sakristeidienst. Der Gottesdienstraum war und ist für die Schwestern die Kraftquelle ihrer Arbeit. Hier treffen sie sich zum täglichen Gebet, hier feiern sie mit den Bewohnern des Marienstifts und mit Gemeindemitgliedern regelmäßig Gottesdienste. Schwester Ingeburga Brand-Kruth widmet sich dem Garten. Den hat sie gehegt und gepflegt – zur Freude der Senioren, der Gäste und des Teams.
„Herzliche Art und tiefe Religiosität“
Lang ist zudem die Liste vieler anderer kleiner und großer Dienste, die die Schwestern auch nach dem Ausscheiden aus der aktiven Pflege übernommen haben. Monika Frerich erzählt von der Begleitung der Bewohner gerade in schweren Krankheiten oder in der Sterbephase: unaufdringlich, aber ganz intensiv, durch Gebet und Präsenz bei einer Sitzwache am Bett. Die Heimleiterin nennt noch weitere Beispiele unermüdlichen Wirkens: angefangen beim Abend- und Rosenkranzgebet über die Blumenpflege und Hilfe in Wäscherei und Cafeteria bis hin selbst zu den Stühlen im Flur. „Da hatten sie immer ein Auge darauf, dass alles zusammenpasst“, sagt Frerich. „Wahrscheinlich werden wir erst richtig merken, was uns fehlt, wenn sie weg sind.“
Wie es danach weitergeht? „Das ist schon ein tiefer Einschnitt für uns“, erklärt die Heimleiterin. „Der Geist, den die Schwestern ins Haus gebracht haben, wird auf Dauer fehlen.“ Aber sie macht zugleich klar, dass das ganze Team mit voller Kraft den durch die Ordensfrauen mitgeprägten Weg im Marienstift weitergehen möchte, „auch wenn das vielleicht ein etwas anderer sein wird.“
Heiner Mühlhäuser, Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Lengerich-Bawinkel, bedauert den Weggang der Schwestern ebenfalls sehr. „Sie haben mit ihrer herzlichen Art und ihrer tiefen Religiosität, mit Ideen und großem Einsatz für den großartigen Ruf des Marienstifts gesorgt.“ Über Jahrzehnte hinweg haben sie nach seinen Worten Aufgaben selbstverständlich übernommen, sind „oft mitten in der Nacht aufgestanden, um Schwerkranke und Sterbende zu begleiten“. Der Pfarrer spricht von einer „großen Lücke“, die die Schwestern hinterlassen. Viele Dienste würden andere Mitarbeiterinnen, „die mit ganzem Herzen hinter dem Haus und ihrer Arbeit stehen“, übernehmen können. „Aber es wird anders werden.“
Dankbar ist Mühlhäuser auch für das sichtbare Glaubenszeugnis der Schwestern in der Gemeinde. Alle drei waren im Dorf unterwegs, haben regelmäßig an Aktionen in St. Alexander teilgenommen, haben die Messen mitgefeiert, haben mitgebetet – stets in „ihrer Bank. Sie waren einfach da und haben ihren Glauben in diesem Miteinander aktiv gelebt“, sagt der Pfarrer. „Was die Schwestern aus ihrer Persönlichkeit und aus ihrem Dasein heraus geleistet haben, können wir sicher nicht ganz ersetzen.“
An diesem Wochenende wird sich die Kirchengemeinde von den Schwestern verabschieden, wenige Tage später die Bewohner des Marienstiftes. Ende Februar gehen die Ordensfrauen ins Mutterhaus nach Thuine sowie ins Schwesternhaus des Provinzialats nach Schwagstorf.
Petra Diek-Münchow
Zur Sache
Der frühere Pfarrer in Bawinkel, Hermann Jansen, hatte sich Ende der 1920er Jahre dafür eingesetzt, dass Thuiner Franziskanerinnen nach Bawinkel kommen. Sein Bestreben war laut der Chronik, der Gemeinde „durch Einrichtung eines Schwesternhauses mit ambulanter Krankenpflege einen caritativen Dienst zu erweisen“. Am 15. Oktober 1930 zogen Schwester Leonilla, Schwester Adelina und Schwester Roberta in das neue Marienstift ein. Schon bald wussten die Einwohner ihre Arbeit sehr zu schätzen. Die Chronik berichtet 1935 von 1642 Krankenbesuchen und 342 Kranken, die gepflegt wurden.