Sammeln für Wohnungslose

Die Luft ist raus

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Vier Menschen bauen ein Zelt ab
Nachweis

Foto: Luzia Arlinghaus

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Ganz schön windig: Die Ehrenamtlichen geben ihr Bestes, damit die Zelte beim Abbauen nicht kaputtgehen.

Matratzen, Schlafsäcke, Zelte und Campingkocher, all das können Wohnungslose gut gebrauchen, wenn sie auf der Straße übernachten. Um solche Hilfsgüter zu spenden, hat die Caritas auf dem Zeltplatz des Reggae Jam Festivals in Bersenbrück gesammelt.

„Ihr könnt meine Luftmatratze haben“, sagt Marlena Bartenhagen, als sie gerade dabei ist, die Luft herauszulassen. Später gibt sie den Ehrenamtlichen auch ihr Zelt. Das ist zwar noch in gutem Zustand, aber für das nächste Festival will sie sich ein neues besorgen, das leichter aufzubauen ist. Außerdem fährt sie mit dem Zug nach Hause und hat nach dem anstrengenden Festivalwochenende wenig Lust, mit schwerem Gepäck zu reisen. Eine win-win-Stituation, denn die ehrenamtlichen Sammler freuen sich über jedes Teil, das heile ist und einem Obdachlosen den Schlaf auf der Straße angenehmer macht.

Jede Menge Campingausstattung bleibt jedes Jahr nach Festivals auf den Plätzen liegen, weil die Besucher keine Lust haben, alles wieder einzupacken. Dann kommen Reinigungsfirmen und werfen alles weg, obwohl vieles noch brauchbar ist. Vor allem für denjenigen, der in seinem Zelt einen letzten Rest Privatsphäre findet, weil er auf der Straße lebt. Das weiß auch Mareike Wübbel von der Caritas in Osnabrück. Die gebürtige Bersenbrückerin kennt das Reggae Jam Festival, hat früher selbst mitgefeiert und hatte die Idee, mit Ehrenamtlichen über den Platz zu gehen und Brauchbares zu sammeln. Denn Zelte und Luftmatratzen sind rar, sie werden nicht so häufig gespendet. Und wenn, dann erst, wenn Maria Drochner von der Wohnungslosenhilfe Bersenbrück dazu aufruft. Als Beraterin spricht sie oft mit Wohnungslosen und wird die Zelte und Matratzen später verteilen. „Die Wohnungslosen brauchen häufig neue Sachen, weil sie sie tagtäglich benutzen.“ Wenn Drochner von Spendengeldern neue Schlafsäcke kauft, ist das teuer, denn sie achtet darauf, dass sie hochwertig sind. „Billigschlafsäcke vom Discounter sind nach einer Woche wieder kaputt“, sagt Drochner. Die Campingausstattung, die sie auf dem Reggae Jam-Zeltplatz in zwei Stunden gesammelt haben, beschaffen sie sich sonst innerhalb mehrerer Wochen.

Festivalbesucher sind überraschend freigiebig

17 Zelte, drei Schlafsäcke, fünf Luftmatratzen, drei Isomatten, zwei Paar Gummistiefel, eine Decke und einen Campingkocher haben die Ehrenamtlichen gefunden. Überrascht waren sie darüber, wie freigiebig manche Festivalbesucher sind, wenn man sie direkt fragt. „Hallo, habt ihr vielleicht noch einen Schlafsack oder eine Luftmatratze die ihr nicht mehr braucht? Wir sammeln für Wohnungslose.“ Häufig entscheiden sich die Leute, ein Teil abzugeben. Und auch, wenn sie gerade nichts übrighaben: Einen Tipp, wo weitere verlassene Zelte liegen, gibt es immer. „Ich finde es erfreulich, so viele positive Rückmeldungen von den Festivalbesuchern zu bekommen. Für die Spenden und für mich selbst“, sagt Ursula Bodde. Sie engagiert sich im Arbeitskreis Caritas der Christus König Gemeinde in Osnabrück-Haste und hat dadurch von der Sammelaktion erfahren. Der Tag auf dem Zeltplatz hat ihr gut gefallen.

Nach zwei Stunden auf dem Zeltplatz gibt es belegte Brötchen, heißen Kaffee und Apfelschorle. Die Zelte zu reinigen und zu trocknen, will Mareike Wübbel auf einen anderen Tag verschieben. Als Koordinatorin für das Ehrenamt weiß sie, wann die Luft raus ist. Wem die Sammelaktion Spaß gemacht hat, der kann auch kommen, wenn die Sachen gewaschen werden und entscheidet sich dann vielleicht sogar, regelmäßig zu den „Volonteer Days“, den Tagen für Ehrenamtliche, der Caritas zu kommen. Sie waren zum Beispiel schon einmal bei der Bahnhofsmission und haben Linsensuppe gekocht oder bei einem Stadtgarten-Projekt. Die Idee der Caritas ist es, Menschen, die Zeit und Lust haben sich ehrenamtlich zu engagieren, an Projekte heranzuführen, damit daraus vielleicht ein Hobby wird.

Noch mehr Fotos von der Sammelaktion finden Sie auf Instagram und Facebook.

Luzia Arlinghaus