Anstoß 47/20

Die richtige Wahl

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Ein Freund hatte mich gefragt, ob ich mit ihm zusammen heilfasten würde. Klar, warum nicht. Der Plan war, es 14 Tage lang zu machen.


Also 14 Tage nur Tee und stilles Wasser, einen viertel Liter Gemüsebrühe und einen viertel Liter Obst- oder Gemüsesaft am Tag. Mehr nicht.
In den ersten beiden Tagen kreisten meine Gedanken immer noch ein bisschen ums Essen, aber Hunger hatte ich keinen. Es war reine Kopfsache. Erstaunlicherweise hatte ich an keinem einzigen Tag ein Hungergefühl. Das Durchhalten fiel mir also relativ leicht. Nur wenn ich meinem Sohn das Brot schnitt (welch‘ köstlicher Duft) oder die für ihn im Küchenschrank gebunkerte Schokolade mich anlachte (ich bin ein Süßzahn!), kam mir der tröstliche Gedanke, dass die überschaubare Zeit meines Verzichtens ja bald zu Ende sei.
Ich hielt durch und ich fühlte mich von Tag zu Tag immer besser. Mir ging es rundherum richtig gut. Als dann die Zeit des Wieder-essen-Könnens begann, machte ich eine Entdeckung. Während der Fastenzeit hatte ich erlebt, wie gut ich damit auskam, mit dem wirklich nur Notwendigen zu leben. Und nun, wo mir alle „Vorratskammern“ wieder offen standen, merkte ich, dass es nun ungleich schwerer ist, das nur Notwendige zu nehmen. Die Fülle ist so verführerisch. Das ist kein Plädoyer gegen die Fülle. Vielmehr eins dafür, die richtige Wahl zu treffen. Was ist wirklich wesentlich?

Mein Erlebnis hat mir auch den Blick auf die vor der Tür stehenden Adventszeit geschärft. Die Zeit, auf die ich mich sehr freue und die dennoch Gefahr läuft, im Modus der köstlichen Düfte von gebrannten Mandeln, Zimt und Glühwein und heimeligen Lichterschein der Adventskerzen steckenzubleiben. Nehme ich mir die Zeit, zur Besinnung zu kommen? Oder ist die Zeit schon besetzt mit Plätzchen backen und Stollen kneten, wenngleich sinngemäß nach Teresa von Avila auch Plätzchenbacken ein Gebet sein kann, Geschenkeeinkauf und all den anderen allseits bekannten Weihnachtsvorbereitungen? Alles hat seine Berechtigung – wenn das Wesentliche des Advents nicht darin untergeht. Auf Gott warten. Darauf, dass er einst – wann immer das ist – wiederkommt. Provokante Frage: Erwarte ich ihn wirklich? Von ganzem Herzen?
 
Andrea Wilke, Bistum Erfurt