Die Richtung, in der das Geld fließt
Beim Gremientag in Lübeck wurde darüber diskutiert. Jetzt sind sie beschlossen: die neun Gesichtspunkte, „Indikatoren“ genannt, die über die Verteilung von Ausgaben im Bistum ausschlaggebend sein sollen. Fördert eine Einrichtung die Spiritualität? Hilft sie den Armen? Steht sie für Frieden, Gerechtigkeit und Umweltschutz? Geht sie auf Menschen zu? Riskiert sie etwas? Solche Fragen werden künftig gestellt.
Nach welchen pastoralen Kriterien wird das Erzbistum Hamburg sein Geld verteilen? Wie wirkt sich die missionarische Ausrichtung des Erzbistums, die vor einem Jahr im „Pastoralen Orientierungsrahmen“ festgehalten wurde, in der Finanzplanung aus? Nach einem monatelangen Gesprächsprozess, an dem etwa 450 Personen beteiligt waren, gibt es dazu jetzt eine Antwort. Neun „pastorale Indikatoren“ helfen bei der Entscheidung, welche Projekte und Einrichtungen zukünftig vorrangig finanziert werden.
„Unsere Ressourcen sind begrenzt. Wir müssen entscheiden, wofür wir Geld ausgeben“, sagt Schwester Gudrun Steiß, Leiterin des Projektes “Missionarische Kirche“ im Erneuerungsprozess. „Bisher mussten wir so nicht denken. Wir haben gesagt, etwas ist sinnvoll, dafür muss es auch Geld geben. Und das stand bisher auch meist zur Verfügung.“ Neu ist die Erkenntnis: Nicht für alles, was sinnvoll ist, reichen die finanziellen Mittel. Es soll demnach gemeinsame Kriterien aufgrund der pastoralen Vorgaben geben, wonach das begrenzte Geld ausgeschüttet wird.
Eine entscheidende Rolle spielt dabei der Blick in die Zukunft: Ist eine Ausgabe zukunftsorientiert, richtungsweisend und noch für die kommende Generation hilfreich? Für diesen Gedanken steht das Stichwort „Mut zum Risiko“ im Orientierungsrahmen. Schwester Gudrun: „Dieser Gedanke wurde in den Gesprächen viel diskutiert. Er ist auch ungewohnt. Bisher haben wir eher darauf geschaut, was wir haben und was wir bewahren wollen.“
Zukunftsorientierung berücksichtigt unter anderem auch die demografische Prognose: Es hat keinen Zweck, dort eine Kirche zu bauen, wo in 20 Jahren kaum noch Kirchgänger zu erwarten sind. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist: Vorrangig werden Aufgaben finanziert, die allein die katholische Kirche und keine andere Organisation leisten kann. „Das heißt nicht, dass nicht auch andere Dinge wichtig sind. Für uns stellt sich aber dann die Frage: Müssen wir es selbst tun? Oder können wir mit einem anderen Partner kooperieren?“ Diese Frage werde sich etwa bei den Themenfeldern Bildung, Jugend oder Ökumene stellen.
Die neun Indikatoren sollen nicht wie eine Checkliste wirken. „Es geht nicht darum, alle Punkte abzuhaken, und wer am Ende die meisten Haken hat, kommt durch“, erläutert Schwester Gudrun. „Wir können diese Indikatoren immer nur in ihrem Zusammenhang sehen und mit Blick auf die Frage: Wie werden wir in Zukunft eine Kirche in Beziehungen sein.“ Es werde Bereiche geben, die nur wenige, vielleicht sogar nur ein Kriterium erfüllen; wie etwa die Schwangerenberatung. „Da gibt es kein Ehrenamt, keine weltkirchliche oder ökologische Dimension. Aber es gibt das Alleinstellungsmerkmal: So, wie wir Schwangerenberatung machen, macht es nur die katholische Kirche. Und die Frauen, die dieses Angebot nutzen, vertrauen darauf, dass diese Beratung genau diese Qualität hat.“
Was passiert nun mit den „pastoralen Indikatoren“? Ein erster Schritt ist ein neuer Zuschnitt des Bistumshaushalts. Für 13 Ausgabenfelder, in die die derzeit 750 Kostenstellen im Haushalt eingeteilt sind, soll eine prozentuale Verteilung der Ausgaben festgelegt werden.
Das geschieht im Mai und Juni dieses Jahres. Erzbischof Stefan Heße wird dazu eine Gruppe von 10 bis 15 Personen berufen, die an drei Wochenenden in Form einer „geistlichen Unterscheidung“ die Ausgabenfelder mit den Indikatoren vergleicht und bis Ende Juni zu einer Gewichtung kommt: Welcher Ausgabenbereich erhält wieviel Prozent der Haushaltsgelder? Diese Weichenstellung wird dann schrittweise bis 2030 in der Haushaltsplanung des Erzbistums umgesetzt sein.
„Ich bin froh darum, dass der Erzbischof nicht allein entscheidet, sondern von Anfang bis zum Ende möglichst viele Menschen beteiligt. Das ist nicht in jedem Bistum so.“ Dieser ganze Vorgang, so betont Schwester Gudrun Steiß, entscheidet nicht über alle Aktivitäten der Pastoral. Entschieden werde hier nur über die Finanzierung aus Bistumsmitteln. „Es gibt viele pastorale Aktivitäten, die nichts kosten oder aus anderen Quellen finanziert werden. Und das sind vielleicht sogar diejenigen, in denen die Zukunft liegt.“
Der Erneuerungsprozess des Erzbistums wird im Internet dokumentiert, alle Texte finden sich im Netz unter www.erzbistum-hamburg.de
Text: Andreas Hüser