Solwodi hilft Prostituierten

"Diese Frauen will niemand sehen"

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SOLWODI muss seine Arbeit mit Spenden finanzieren. Foto: Screenshot

Vor fünf Jahren hat die kirchliche Frauenschutzorganisation SOLWODI in Osnabrück ein neues Projekt gestartet, um Prostituierte unmittelbar aufsuchen zu können. Ohne Zuschüsse der Kommunen ist die Arbeit nicht möglich.

Sie stehen auf Parkplätzen entlang mehrerer Straßen im Landkreis Osnabrück, auch im Stadtgebiet sind sie präsent: Frauen, die meist aus Osteuropa stammen und gegen Geld Sex anbieten. Geld, das sie ihren Zuhältern abgeben müssen. Wer will, kann sie sehen, aber: „Diese Frauen will niemand sehen“, sagt Martina Niermann von der kirchlichen Frauenschutzorganisation SOLWODI. Weder die Menschen in unmittelbarer Nähe, für die die Prostituierten eher ein Ärgernis sind. Noch die Politiker, die etwas gegen die Ausbeutung dieser Frauen tun könnten. So sieht es Martina Niermann, die seit über 20 Jahren für SOLWODI arbeitet.

Martina Niermann
Martina Niermann. Foto: Matthias Petersen

SOLWODI setzt sich schon seit Jahrzehnten für diese Frauen ein, vor einiger Zeit beantragte der Verein öffentliche Zuschüsse, um noch mehr für die Frauen tun zu können. Zuerst beim Landkreis Osnabrück, später auch bei der Stadt fand Niermann Gehör und gründete das Projekt „Talita“, bei dem Mitarbeiterinnen Prostituierte unmittelbar aufsuchen. „Talita kum“ sagt Jesus zu dem Mädchen, das er zu neuem Leben erweckt: „Ich sage dir, steh auf!“ 

Das Angebot besteht jetzt seit fünf Jahren, und weil Zuschüsse jedes Jahr neu beantragt werden müssen, nutzt Niermann die Gelegenheit, in die Öffentlichkeit zu gehen. Am 5. Oktober findet um 18 Uhr im Osnabrücker Kreishaus (großer Sitzungssaal) eine Feierstunde statt. Wer will, kann dort hinkommen.

Sie kennen nur korrupte Polizei

Es ist nicht einfach, mit den Osteuropäerinnen in Kontakt zu kommen. Sie sprechen kaum Deutsch, deshalb hat Martina Niermann Hilfe bekommen. „Lora“ nennt sie ihre Bulgarisch sprechende Mitstreiterin, die zusammen mit einer weiteren Kollegin die Frauen auf den Parkplätzen aufsucht, um mit ihnen zu reden. Dabei müssen sie ihre Anonymität wahren, denn was sie da tun, ist so gar nicht im Sinne der Zuhälter. Sie versuchen, den Prostituierten aufzuzeigen, dass ihnen Unrecht geschieht. Die „Talita“-Frauen müssen dicke Bretter bohren. „Sie haben Angst, sich an die Polizei zu wenden, weil sie aus ihrer Heimat nur korrupte Beamten kennen“, sagt Niermann. „Sie können sich nicht vorstellen, dass die Polizei auf ihrer Seite ist.“

Ihnen wird Arbeit versprochen

Warum sind die Frauen überhaupt in Deutschland? Die schlechte wirtschaftliche Situation in ihren Heimatländern ist der Ausgangspunkt. Ihnen wird Arbeit in deutschen Fabriken versprochen, also machen sie sich auf den Weg und begeben sich in die Hände von Männern, denen sie vertrauen. Aber dann heißt es erst, der Arbeitsbeginn verzögere sich, dann dauert es immer länger, dann gibt es plötzlich doch keine Möglichkeit. Aber es müsse ja nun die Miete bezahlt werden. Und da bestehe ja auch eine ganz einfache Sache, das Geld zu verdienen. Martina Niermann kennt viele ähnliche Beispiele.
Auch im nächsten Jahr will „Talita“ Frauen helfen. Das geht nicht ohne Spenden, das geht auch nicht ohne die Zuschüsse der Kommunen. Martina Niermann sagt es mit Nachdruck: „Wir brauchen die Kommunen als Geldgeber.“

Internet: www.solwodi.de

Matthias Petersen