Die christliche Netzgemeinde "Da-zwischen"

Digital Gottesdienst feiern

Titelbild der Website Netzgemeinde „Da-zwischen"

Foto: Dazwischen

Einen digitalen Gottesdienst feiern, wenn es gerade passt. Das macht die Netzgemeinde "Da-zwischen" möglich. 

Am Laptop einen Gottesdienst feiern und Impulse per WhatsApp direkt auf das Handy erhalten? Das organisiert die Netzgemeinde „Da-zwischen“. Das Projekt ist 2016 als eine Kooperation von verschiedenen katholischen (Erz-)Bistümern und der Evangelische Landeskirche Baden entstanden. Auch Farina Dierker, Mitarbeiterin des Bistums Osnabrück, engagiert sich in dem Team. Aber wie sieht so ein digitaler Gottesdienst eigentlich aus?

Kurz vor 19 Uhr, ein Klick auf einen Zoom-Link und eine Präsentation mit der Aufschrift „Schön, dass du da bist. Ein Gottesdienst vom Fürbitten“ erscheint auf dem Laptopbildschirm. Im Hintergrund läuft ruhige klassische Musik. Mit jeder Minute, die vergeht, treten dem Meeting ein bis zwei Personen mehr bei. Den Kamerabildern nach zu urteilen, nehmen unerwartet viele Menschen im gehobenen Alter an diesem Gottesdienst teil. Dann geht es endlich los. Felix und Farina stellen sich vor. Sie sind Teil des „Da-zwischen“-Teams und leiten heute durch den digitalen Gottesdienst.

Da-zwischen“ ist ein Projekt der katholischen (Erz-)Bistümer Speyer, Würzburg, Köln, Trier, Freiburg sowie der Evangelischen Landeskirche in Baden und versteht sich als eine digitale christliche Community, also als eine Art Netzgemeinde. Das 2016 gegründete Projekt wird jährlich mit einer Summe von um die 60.000 Euro unterstützt. Zum Team gehören derzeit 13 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ziel ist es, den digitalen Raum als Begegnungsort mit Gott und untereinander zu gestalten. Dabei hat das Team keine konkrete Zielgruppe im Blick: von Jung bis Alt, alle Menschen sind herzlich eingeladen. Zu den Dazwischen-Angeboten zählen monatliche Gottesdienste über Zoom, wöchentliche Impulse und Chat-Gottesdienste, die direkt über WhatsApp oder andere Messengerdienste auf dem Handy landen, sowie besonders gestaltete Aktionszeiträume in der Advents- und Fastenzeit. 

Wir möchten Angebote schaffen, die möglichst frei genutzt werden können

Aber zurück zum Gottesdienst: Nachdem sich das Dazwischen-Team vorgestellt hat, gibt es erstmal die Möglichkeit für ein Tür-und-Angel-Gespräch. Alle Teilnehmer werden per Zufallsprinzip in kleine Gruppen gelost, die für zwei Minuten unter sich sprechen können. Michael erzählt, dass er zum ersten Mal bei diesem Gottesdienst dabei ist. Er arbeitet selbst bei der Kirche und wollte mal schauen, wie ein Online-Gottesdienst so funktioniert. Im Anschluss an diese zwei Minuten geht es wieder in die Großgruppe. Felix und Farina rufen dazu auf, dass alle Teilnehmenden schreiben, von wo aus sie zugeschaltet sind: aus Freiburg, aus Osnabrück, aus Österreich, aus Kroatien, vom roten Lieblingssofa. 

Porträtfoto von einer jungen Frau mit blonden Haaren und einer Brille
Farina Dierker arbeitet im Seelsorgeamt des Bistums Osnabrück und ist verantwortlich für die Frauenseelsorge. Foto: privat

Digital Gottesdienst feiern – wieso eigentlich? Farina Dierker, Mitarbeiterin des Bistums Osnabrück und Teil des Teams von Dazwischen, sagt: „Wir möchten dahin gehen, wo die Menschen unterwegs sind und Angebote schaffen, die möglichst frei genutzt werden können. Kirche muss im digitalen Raum präsent sein. Ich glaube, das wird mittlerweile keine Bistumsleitung mehr in Frage stellen.“ Sie selbst sei in der Pandemie auf Dazwischen aufmerksam geworden. „Für mich war es ein guter Rahmen, um liturgisch unterwegs zu sein“, sagt sie. Denn schon vor Corona habe sie die Erfahrung gemacht, dass sie mit klassischen Liturgieformen nur wenig anfangen kann. Die Gottesdienste haben ihr so gut gefallen, dass sie sich selbst in dem Dazwischen-Team engagieren wollte. Derzeit ist sie im Redaktionsteam, das die Gottesdienste und Impulse plant und im Instagram-Team, das die Social-Media-Aktivitäten des Kanals steuert. 

Auch den Gottesdienst, in dem es um die Fürbitten geht, hat Farina Dierker mitgeplant. Mit ein paar einleitenden Worten stellt sie vor, worum es geht: „Wir sind Für-Wesen. Wir setzten uns für diejenigen ein, die wir lieben. Für wen möchtest du beten? Und was glaubst du, gibt es auch jemanden, der für dich betet?“ Alle bekommen ein paar Minuten Zeit, um für sich über diese Fragen nachzudenken. Im Anschluss daran wird ein biblischer Text eingeblendet: Exodus 5,22f. In dieser Textstelle klagt Moses Gott an, weil der Pharao das Volk Israel nicht ziehen lässt, sondern noch schlechter als vorher behandelt. Im Plenum haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, ihre spontanen Gedanken zu dem Text auszusprechen. Danach erzählen Felix und Farina, was sie sich bei dem Text gedacht haben: „Fürbitte halten ist wie eine Art Sprechstunde mit Gott. Und im Gebet darf es auch zur Sache gehen. Alle Gefühle sind erlaubt.“ 

Eine feste Gemeinschaft trotz Fluidität

Nach einem musikalischen Impuls von der Hip-Hop-Band „Antilopen Gang“ dürfen alle Teilnehmer ihre persönlichen Fürbitten in den Chat schreiben. Einige schreiben nur Namen, andere schreiben einen ganzen Satz. Was im Chat steht, liest Felix anschließend laut vor. Nach dem Vater Unser und einem Abschlusssegen haben alle Teilnehmer die Möglichkeit, im Meeting zu bleiben und mit dem Dazwischen-Team zu reden.

Ein Bild von einer Wand mit ganz vielen Post-its, darauf die Aufschrift: 5 Prioritäten und die Zahlen 1 bis 5
Am Anfang der Woche schickt das Dazwischen-Team einen Impuls über die Messenger an die Gemeindemitglieder. Das, was die Menschen darauf antworten, bringt das Team beim Impuls am Ende der Woche mit ein. Foto: Dazwischen

An diesem Gottesdienst haben 17 Menschen teilgenommen. Farina Dierker erzählt, dass es in der Regel zwischen 15 und 30 Personen sind. Dabei gehören zur Dazwischen-Community eigentlich knapp 5.500 Menschen. So viele haben jedenfalls die Messenger-Benachrichtigungen abonniert. Ist das nicht ernüchternd? „Unsere Angebote sind darauf ausgelegt, dass die Menschen sie flexibel nutzen können. Es ist total in Ordnung, wenn manche Menschen lieber anonym bleiben wollen. Sie sind für uns trotzdem Teil der Community. Die Menschen können selber entscheiden, was sie gerade mitnehmen möchten und was nicht“, sagt Farina Dierker. „Außerdem sind wir über den Chat-Gottesdienst alle miteinander verbunden. So sind wir trotz aller Fluidität eine feste Gemeinschaft.“ Der Gottesdienst zum Thema Fürbitten ist vom 6. bis zum 30. September als Chat-Gottesdienst verfügbar. Wer also am ersten Freitag des Monats keine Zeit für den Live-Gottesdienst hat, kann ihn zu einem anderen beliebigen Zeitpunkt nachfeiern. Und das ist letztlich der Kern des Projekts: Es geht darum, die Zwischenräume im Alltag zu nutzen. Wer auf der 20-minütigen Busfahrt zur Arbeit Zeit hat, kann über die Impulse nachdenken oder den Gottesdienst mitfeiern. „Unsere Angebote nutzen diese Räume, in denen man vielleicht auch mal gehetzt unterwegs ist. Sie können dabei helfen, innezuhalten und mit Gott in Kontakt zu kommen. Denn der Glaube findet letztlich nicht außerhalb des Lebens, sondern mitten drin statt“, sagt Dierker.
 

Jasmin Lobert
Zur Sache

Die digitalen Gottesdienste finden immer am ersten Freitag im Monat von 19 bis 20 Uhr statt. Wer an diesem Termin keine Zeit hat, kann ihn ganz flexibel als Messenger-Gottesdienst nachfeiern. Zum Angebot stehen die vier Messenger: WhatsApp, Telegramm, Facebook Chat oder Instagram. Hier gibt es mehr Infos zu dem Gottesdienstangebot: www.da-zwischen.community/gottesdienst und hier zu dem Messenger-Service: www.da-zwischen.community/dabei-sein. Wer nach einem der Gottesdienste oder nach den Impulsen Redebedarf hat, kann im Chat ein Zeichen geben und chattet daraufhin persönlich mit jemandem aus dem Dazwischen-Team. Denn persönlicher Kontakt und Rückmeldungen aus der Community sind dem Dazwischen-Team sehr wichtig.