Diskussion um das Weiheamt für Frauen
Durch geschlossene Türen
Pfingsten vor 25 Jahren wollte Papst Johannes Paul II. mit einem Apostolischen Schreiben an die Bischöfe der Welt die Diskussion um das Weiheamt für Frauen beenden. Wirklich gelungen ist das allerdings nicht.
Manche Dinge kommen auch durch geschlossene Türen. Lärm zum Beispiel. Wasser. Qualm. Manche würden sagen: der Heilige Geist. Jedenfalls zeigen die Debatten um das Priesteramt für Frauen eines: Tür zu, Gespräch beendet – das funktioniert nicht. „Das können wir uns heute nicht mehr leisten“, sagte 2011 der Bischof von St. Gallen, Markus Büchel, und tritt seitdem für Schritte ein, die den Weg zur Frauenordination ebnen können. „Ich könnte mir vorstellen, dass der Diakonat der Frau ein solcher Schritt sein könnte.“
Könnte und vielleicht. Das ist nicht viel, aber mehr, als Papst Johannes Paul II. sich 1994 vorgestellt hat. Damals veröffentlichte er zu Pfingsten das Apostolische Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“. An die Bischöfe der Weltkirche gewandt formulierte er eindeutig: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“ (OS 4)
Anglikanische Kirche als Auslöser
Der Papst wollte mit diesem Schreiben eine Debatte beenden, die seit Jahrzehnten durch die Kirche waberte. Ausgelöst durch die Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts, waren die evangelischen Kirchen nach und nach dazu übergegangen, Frauen zu ordinieren. Das wäre noch egal gewesen, ist diese Ordination doch keine Weihe im katholischen Sinn. Doch als 1975 die Anglikanische Kirche beschloss, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen, rückte das Thema so nah, dass Papst Paul VI. reagierte. Er gab eine Erklärung der Glaubenskongregation in Auftrag, die 1976 unter dem Titel „Inter insigniores“ erschien. Der Text legt dar, warum die Kirche nicht die Vollmacht habe, Frauen zur Weihe zuzulassen, und wird von Papst Johannes Paul II. in seinem Schreiben zitiert.
Schon diese Erklärung stieß bei vielen auf Ablehnung. Etwa bei dem damals führenden Dogmatiker Karl Rahner, der die theologische Argumentation 1977 in einem Aufsatz in den „Stimmen der Zeit“ zurückwies. Und mit Blick auf die berechtigten Anliegen von Frauen mahnte Rahner schon damals: „Ihre Geduld sollte nicht überbeansprucht werden, weil die Zeit drängt und man gewiss nicht ohne Schaden für die Kirche 100 Jahre warten kann.“
Die nicht endenden theologischen Einlassungen in den 80er und 90er Jahren gingen, weltlich ausgedrückt, dem Papst auf die Nerven. Ausdrücklich kritisiert er deshalb in seinem Schreiben Theologen, die „verschiedenerorts“ die Beschränkung der Weihe auf Männer „für diskutierbar“ hielten. Das sei sie aber nicht, so „Ordinatio sacerdotalis“.
Allein: Es wurde weiterdiskutiert, wenn auch oft hinter verschlossenen Türen. Deshalb folgte schon ein Jahr später ein Papier des Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, eine „Antwort der Glaubenskongregation auf den Zweifel bezüglich der im Apostolischen Schreiben ‚Ordinatio sacerdotalis‘ vorgelegten Lehre“. Sie erklärt darin, dass die Lehre Johannes Pauls II. zum Glaubensgut gehört, das vom ordentlichen Lehramt unfehlbar vorgetragen wurde.
Allein: Diese Interpretation ist seitdem unter Dogmatikern und Kirchenrechtlern hochumstritten: ob das Verbot der Frauenweihe tatsächlich unfehlbar und für alle Zeiten gültig oder ob das Schreiben (nur) ein Zeitdokument eines Papstes ist – mit zweifellos hohem Gewicht, aber eben diskutabel und prinzipiell durch bessere Einsicht überholbar.
Durch den Missbrauchsskandal und die dadurch ausgelösten Zweifel am Machtgefüge der Kirche hat in jüngerer Zeit die Debatte in Deutschland, aber auch anderswo in der Welt erheblich an Fahrt aufgenommen. Längst sind es nicht nur Frauenverbände, die für die Weihe von Frauen eintreten. Priester sprechen sich öffentlich dafür aus, und Bischöfe gestehen zumindest zu, dass man darüber diskutieren muss. „Dies rigoros abzulehnen und lediglich mit der Tradition zu argumentieren, überzeugt nicht mehr“, sagte etwa der Magdeburger Bischof Gerhard Feige der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Momentan halte er Priesterweihen für Frauen noch für unwahrscheinlich, da dies von zahlreichen Katholiken nicht mitgetragen und die Einheit der Kirche daran zerbrechen würde. „Andererseits aber wird dies kommen“, so Feige.
Papst Franziskus sagt deutlich Nein!
Der Würzburger Bischof Franz-Josef Jung sagte im April dem Bayerischen Rundfunk: „Ich weiß nicht, ob ich das noch erleben werde – aber diese Frage steht im Raum. Ich denke, dass diese Frage auf Dauer auch nicht abzuweisen ist.“ Und der im Rang eines Bischofs stehende emeritierte Benediktinerabt Martin Werlen schreibt: „Ich bin, je länger, je mehr überzeugt, dass der Ausschluss der Frau vom Weihepriestertum eine der Traditionen ist, die geändert werden können und müssen.“
Ob das stimmt und ob die Weltkirche dem zustimmen würde? Vom jetzigen Papst Franziskus ist in dieser Hinsicht jedenfalls keine Bewegung zu erwarten, wie er, genauso wie der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, jüngst mehrfach betont hat. Sicher aber ist: Auch 25 Jahre nach „Ordinatio Sacerdotalis“ ist die Debatte keineswegs beendet. Im Gegenteil: Sie kocht so hoch wie nie zuvor.
Susanne Haverkamp