Ausstellung Fund aus dem Chorgestühl

Durchblick für die Nonnen

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In einer neuen Ausstellung präsentiert das Kloster Wienhausen bei Celle seinen berühmten „Fund aus dem Chorgestühl“ aus dem Jahr 1953. Zu sehen sind unter anderem die ältesten Brillen der Welt.


Die Brillen aus dem „Fund von Wienhausen“, entdeckt
unter Eichenbohlen des Chorgestühls, gehören zu
den ältesten der Welt. | Fotos: Stefan Branahl

Beim Frühjahrsputz ist es Ihnen vielleicht schon mal passiert: Sie greifen hinter die Sofapolster und wundern sich, was da wieder ans Tageslicht kommt: Kleingeld, Keksreste, ein paar Legosteine der Enkel und der verzweifelt gesuchte Schlüssel für die Haustür. Eine ähnliche, wenn auch ganz anders geartete Überraschung erlebte die damalige Äbtissin des Wienhausener Nonnenklosters bei Celle, als 1953 die Eichenbohlen unter dem Chorgestühl aufgenommen wurden.

Historiker mussten ihr Nonnen-Bild revidieren

Die Ritzen zwischen den dicken Brettern waren im Laufe der Zeit immer größer geworden, und manches, was den frommen Frauen aus den Händen fiel, verschwand auf Nimmerwiedersehen. Bilder mit religiösen Motiven, Münzen, Webbrettchen und sogar winzige Gebetsbücher wurden vor 65 Jahren nach einer halben Ewigkeit wieder hervor geholt. Als Sensation allerdings entpuppten sich 700 Jahre alte Brillen, angefertigt aus Buchsbaumholz. Sie gehören zu den ältesten bis heute bekannten Brillen der Welt. Nach ihrer Entdeckung stellten sie das Bild, das Historiker bis dahin von Nonnen hatten, gehörig auf den Kopf: Brillen – das war im Mittelalter doch eher etwas für gebildete Männer, war allgemeiner Konsens. Der „Fund von Wienhausen“ stellte diese Meinung gehörig auf den Kopf.
 


Alte Zettel mit frommen Motiven ergänzen die neu
konzipierte Ausstellung.

Schon seit längerem waren diese bemerkenswerten Fundstücke im Kloster zu besichtigen, seit vergangener Woche in einer neu konzipierten Ausstellung. Rund 100 der insgesamt weit über tausend Gegenstände aus dem Nonnenchor bilden den Inhalt einer Vitrine, die im Mittelpunkt eines alten Wirtschaftsraums, vermutlich einem ehemaligen Kohlenkeller, steht. Ergänzt wird die Ausstellung durch zwei Schwerpunkte: Zum einen wird am Beispiel von ausgesuchten Schriftstücken die Geschichte des Wienhausener Nonnenklosters erzählt, dessen Ursprung mehr als 750 Jahre zurückreicht. In der ältesten Urkunde bestätigt der Hildesheimer Bischof Konrad im Jahr 1233 die Stiftung des Klosters – ein Hinweis auf die katholische Entstehungsgeschichte. Auch eine Erläuterung fehlt nicht, dass die damaligen Zisterzienserinnen sich lange der Reformation widersetzten.
 


Äbtissin Renate von Randow freut sich über die gelungene
Präsentation im früheren Wirtschaftsraum des Klosters
Wienhausen.

Zum anderen wird deutlich gemacht, dass Wienhausen kein Museum, sondern bis heute ein lebendiges Kloster ist mit einem Dutzend Konventualinnen. „Darum greifen wir die wichtigsten Fragen der Besucher auf, die uns täglich begegnen: Wo leben die Nonnen? Was machen die den ganzen Tag? Wer bezahlt das alles?“, sagt Äbtissin Renate von Randow. Bildserien und Filmdokumentationen bieten darauf Antworten.

Die meisten der bis zu 30 000 Besucher jährlich allerdings lassen sich von den Ordensfrauen durch das Kloster führen und lernen dabei viel über ihre Art von Spiritualität am Rand der Lüneburger Heide.  Zwar bleibt das klösterliche Textilmuseum mit den berühmten gotischen Bildteppichen nach wie vor wichtigster künstlerischer Anziehungspunkt. Durch die neue Ausstellung hat Kloster Wienhausen nun aber noch eine zusätzliche Attraktion.

Klosterführungen bis 14. Oktober dienstags bis samstags um 11, 12.30, 14, 15 und 16 Uhr.

Stefan Branahl