100 Jahre Maristen

Ein "feines Haus" für Ahmsen

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Vor 100 Jahren kamen die Maristen in das emsländische Dorf Ahmsen. Auch wenn sie ihr Haus dort inzwischen verlassen haben – in dem neuen Jugendkloster wirkt ihr Geist weiter. An diesem Sonntag sollen Geschichte und Gegenwart bei einem Jubiläumsfest gefeiert werden.


Das Jugendkloster Ahmsen aus der Vogelperspektive. Foto: Jugendkloster Ahmsen

Der Parkplatz beim Jugendkloster in Ahmsen ist voll. Genau wie das Haus in diesen Tagen. In der einen Ecke sprechen Gefängnisseelsorger und Teams aus der Justizvollzugsanstalt, in der anderen junge Erwachsene aus einer Berufsschule. Und über die Wiese spazieren Jungen und Mädchen zu den Schafen. Ein schönes Bild – findet auch Georg Galke. Der Maristenpater ist zu Besuch in Ahmsen – an jenem Ort, an dem sein Orden vor 100 Jahren den Grundstein zu einem Kloster gelegt und er selbst seine Novizenjahre verbracht hat. Gern denkt Galke, der jetzt im Maristenkloster in Meppen lebt, an diese Zeit zurück. Mit Geschäftsführer Michael Engbers und dessen Stellvertreter Kai Sommer spricht er über das einstige Kloster, was aus dem „weißen Haus im Wald“ geworden ist und über das Jubiläum am 18. September (siehe „Zur Sache“).

Weiß – weil die Fassade des Klosters immer hell gewesen ist. Galke, der für die Zeitschrift der Maristen oft über die Niederlassungen seines Ordens geschrieben hat, erzählt eine Anekdote dazu. Von jenem Seher, der lange vor der Gründung des Klosters glaubt, ein „großes weißes Haus“ in den Ahmsener Tannen zu erkennen. Als die Maristen 1922 auf Bitten der Einwohner in dem Waldstück ein Kloster bauen, wird die Fassade tatsächlich aus weißen Kalksandsteinen errichtet. „Sie konnten einfach keine roten Ziegel dafür kriegen“, sagt Galke. „Der Spökenkieker hat recht behalten.“

Der Pater weiß noch mehr aus der Geschichte zu erzählen und bei einem Rundgang entdeckt er ihre Spuren. Neben dem Haupteingang hängt eine Tafel mit dem Logo der Maristen. „Die bleibt da auch“, versichert Michael Engbers. Ein paar Meter weiter sieht Galke den eingemauerten Grundstein von 1922 und macht ein Handyfoto. In der Marienklause verweilt er länger und schaut die Statue an. „Als Novize war ich für den Blumenschmuck zuständig. Aber meiner war nicht so schön wie der“, sagt er und deutet auf die Schale, in der Verwaltungskraft Heidi Gertken Hortensien und Hagebutten arrangiert hat.

Galke war nur einer von den jungen Männern, die in Ahmsen ihr Noviziat  (Ausbildung) gemacht haben. „45 waren es allein in den ersten zehn Jahren“, erklärt er. Denn anfangs war das Kloster vor allem Ausbildungsstätte für die Maristenbrüder und später für die angehenden Patres, die sich als Seelsorger auch um das Dorf kümmerten. Als der Ordensnachwuchs sich reduzierte, öffnete sich das Haus in den 1970er Jahren für Tage religiöser Orientierung besonders für junge Leute. Nach einer Sanierung entwickelte sich ab 1980 daraus das „Haus der Begegnung“, das vielen Menschen dank Besinnungstagen, Kursen und geistlicher Begleitung ein Begriff war. Mangels Nachwuchs gaben die Maristen 2008 das Haus an das Bistum, ab 2010 lud dann die „Gemeinschaft Christlichen Lebens“ hier zu Stille und Exerzitien ein. 2014 verließen die letzten Maristen Ahmsen und siedelten ins Kloster nach Meppen über – ein Schritt, der laut Galke schmerzhaft, aber der Realität geschuldet war.

„Schön, dass hier wieder Leben ist“


So sah das Haus der Maristenbrüder in den 1930er bis 1940er Jahren aus: Foto: Jugendkloster Ahmsen/Maristen

Dass jetzt indische Franziskaner an diesem Ort leben und seit 2019 das „Bildungs- und Begegnungshaus Jugendkloster Ahmsen“ daraus geworden ist, stimmt ihn froh. „Schön, dass wieder richtig Leben hier ist“, sagt Galke, als er die jungen Leute auf dem Gelände flanieren sieht. Und er hört aufmerksam zu, als Engbers und Sommer mit Zahlen belegen, wie sich das Haus seit der Neuorientierung entwickelt hat. Wobei die Zahlen wegen Corona schwanken. Nach dem Start 2019 standen über 9000 Teilnehmertage in der Bilanz, 2020 schrumpften diese auf gut 4000 und ließen sich dann 2021 wieder auf gut 7000 steigern. „Aber es waren zwei schwierige Jahre“, sagt Kai Sommer. Für dieses Jahr sieht die Prognose mit schon gebuchten 12 752 Teilnehmertagen besser aus. Vor allem aus dem Emsland kommen Schulklassen, Gruppenleiter, Jugendverbände, Firmlinge, Familien, Fahrradtouristen, Pilger oder auch Einzelgäste zu Auszeittagen und spirituellen Angeboten hierher. 

Die Kurve zeigt also nach oben und Engbers wie Sommer hoffen sehr, „dass nichts dazwischenkommt“. Denn beide verhehlen nicht, dass sie auch einige Probleme umtreiben. Zum Beispiel beim Thema ehrenamtliche Teamerinnen und Teamer, ohne die die Begleitung vieler Gruppen kaum möglich ist. „Durch Corona ist viel weggebrochen“, sagt Sommer. Statt der erforderlichen 60 machen derzeit nur gut 30 junge Leute dabei mit. 

Noch mehr Sorgen machen ihnen die steigenden Preise für Energie, Lebensmittel und andere Materialien. Diese Kosten werden eine Lücke aufreißen, die allein durch die Teilnehmerbeiträge nicht zu schließen sein wird. „Wir können nicht einfach die Preise für unsere Angebote verdoppeln“, sagt Michael Engbers. Für dringend erforderlich hält er deswegen ein kurzfristiges Rettungspaket von Bund und Land für Bildungseinrichtungen wie das Jugendkloster. Und eine langfristige Unterstützung. „Hier passiert ganz viel gesellschaftliche Bildung, Demokratieförderung und Friedensarbeit. Hier haben junge Leute einen Ort, um über Glaubens-, Lebens- und Sinnfragen zu sprechen. Das brauchen wir – gerade nach der Corona-Zeit.“ 

Pater Galke nickt bei diesem Appell. Was er heute in Ahmsen sieht und hört, passt für ihn zu dem Geist der Maristen, der über viele Jahre den Ort geprägt hat und immer noch nachwirkt: nah bei den Menschen zu sein, sie bestärken und zu begleiten. „Vielleicht ist das hier die Klösterlichkeit der Zukunft: dass junge Menschen hier Gemeinschaft erleben. Ich wünsche Ahmsen, dass es so wächst und gedeiht“, sagt er bei seinem Spaziergang und kommentiert den Satz von Michael Engbers „das ist ein feines Haus“, mit einem sachten Lächeln. „Das wussten die Maristen schon vor 100 Jahren.“

Petra Diek-Münchow

Wer als Teamerin und Teamer im Jugendkloster Ahmsen mitarbeiten möchte, kann sich unter Telefon 0 59 52/ 20 72 12 oder per E-Mail melden: s.jansen@marstall-clemenswerth.de


Zur Sache

Mit einem Gottesdienst mit Generalvikar Ulrich Beckwermert startet am Sonntag, 18. September, um 11 Uhr das Jubiläumsfest im Jugendkloster in Ahmsen. Dabei wird eine Franziskus-Statue gesegnet – auch als Zeichen für das Wirken der jetzt in Ahmsen ansässigen, indischen Franziskanergemeinschaft. Danach gibt es ein buntes Programm mit Livemusik und Hausführungen, einer Ausstellung und Kaffeetafel, Spielen und Aktionen. Zu dem Fest laden die Kapellengemeinde Ahmsen, die Maristen, die Franziskaner und das Jugendkloster ein. Weitere Infos gibt es hier.