Waldbühne Ahmsen
"Ein ganz komischer Sommer"
Eine Theatersaison ohne eine einzige Aufführung – das gab es noch nie auf der Waldbühne Ahmsen. Aber trotz der Corona-Zwangspause bleiben Spielschar, Vorstand und Regisseur nicht untätig. Sie planen schon die nächste Saison.
Josef Meyer schaut in sein Handy. „Eigentlich hätten wir jetzt am Wochenende das achte Mal die ‚Passion‘ gezeigt“, sagt der Vorsitzende der Waldbühne Ahmsen. Vermutlich hätten bis zu 1800 Gäste im überdachten Zuschauerraum gesessen und erlebt, wie das Ensemble vom Leidensweg Jesu erzählt. Jetzt aber herrscht seit Wochen gähnende Leere und eine ungewohnte Ruhe vor, auf und hinter der Bühne: keine Musik, kein Auftritt, kein Applaus. Der einzige Gast an diesem Nachmittag ist ein junger Uhu, der einen Weg durch das Vogelnetz vor den Bänken gefunden hat. „Das ist ein ganz komischer Sommer“, sagt Josef Meyer.
Und der hatte für die Waldbühne schon am 25. März begonnen. An diesem Tag entscheiden Vorstand und Regisseure, die komplette Saison wegen der Corona-Pandemie abzusagen und ins nächste Jahr zu verschieben: 30 Aufführungen von „Pinocchio“ und „Passion“, zwei Frauenkundgebungen, Gottesdienste und mehrere Konzerte. Natürlich ist die Enttäuschung bei den 301 Mitgliedern der Spielschar groß. „Gerade ‚Pinocchio‘ wäre eine Welturaufführung gewesen“, sagt der Vorsitzende. „Die Inszenierung ist extra für uns geschrieben worden. Aber wir hätten ja nicht mal mehr proben dürfen.“
Dabei sah die Prognose für die Saison 2020 noch Anfang März vielversprechend aus. „Der Vorverkauf war gut, wir hätten sicher wieder etwa 40 000 Besucher gehabt“, berichtet Josef Meyer. Ahmsen zählt seit Jahren zu den besucherstärksten Freilichtbühnen in Norddeutschland. „Die ganze Werbemaschinerie lief schon.“ 140 000 Flyer und Plakate waren gedruckt, bezahlt und sollten verschickt werden. Den Versand konnte der Vorstand gerade noch stoppen, musste dafür aber das komplette Material wegwerfen. „Zumindest das Porto konnten wir sparen“, sagt Meyer.
Steht die Waldbühne vor finanziellen Problemen? Das verneint er – auch weil viele Arbeiten rund um die Bühne ehrenamtlich erledigt werden und weil durch die rechtzeitige Absage der Saison bestimmte Kosten derzeit nicht anfallen. Zudem hilft nach seinen Worten der Zuschuss des Landkreises Emsland – und die rund 31 000 Euro aus dem Corona-Hilfsprogramm der Landesregierung. Kürzlich haben die Ahmsener das Geld über die Emsländische Landschaft erhalten.
„Im nächsten Jahr sitzen wir wieder zusammen“
Und wie fühlt sich das jetzt an – eine Saison ohne Theater? Meyer zuckt ein wenig ratlos mit den Schultern. „Das gab es noch nie“, sagt er. Die vergangenen Monate waren seltsam für ihn – sonst verbringt er bis Mitte September fast jedes Wochenende auf der Bühne. Natürlich fehlen ihm die Stimmung und die Spannung vor jeder ersten Szene, die Begegnung mit Spielern und Zuschauern. Aber zugleich klagt er auch nicht über die unerwartet freie Zeit. „Das ist mal ein druckfreier Sommer“, sagt er lächelnd.
Aber ganz untätig sind er und die Spielschar in diesen Wochen auch nicht. Regelmäßig haben sie in den sozialen Medien den Kontakt mit den Fans der Waldbühne gehalten – zu jeder Premiere gab es kurze Filme und die Ermutigung: „Im nächsten Jahr sitzen wir wieder zusammen.“ Die Frauen des Kostümausschusses haben Hunderte Mund-Nase-Masken genäht und gerade jetzt wird das Spielerheim im Innern mit Anstrich und neuer Akustikdecke saniert. In den vergangenen Tagen gab es außerdem eine große Aktion, bei der 30 freiwillige Helfer „mal so richtig klar Schiff! auf der Bühne“ gemacht haben.
Außerdem plant der Vorstand die nächste Saison. Regisseur Bernd Aalken läuft mit einigen Helfern an diesem Nachmittag durch die Kulissen, um das Bühnenbild zu besprechen. „Wir wollen schon jetzt anfangen, um alles ein bisschen zu entzerren“, sagt der Bentheimer. Josef Meyer zeigt eine Liste, auf der bereits alle Aufführungen für 2021 stehen.
Nur für die Frauenkundgebungen gibt es noch verschiedene Einträge im Juni. „Das müssen wir noch klären, weil es vom Referenten und der Referentin abhängt.“ In diesem Jahr sollte die ehemalige lutherische Landesbischöfin Margot Käßmann zu den Gästen sprechen. Zum großen Bedauern von Josef Meyer kann sie im nächsten Jahr aber nicht kommen. Dafür hat die Waldbühne beim ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck angefragt. „Mal gucken, ob das klappt“, sagt Josef Meyer – und diese Hoffnung gilt auch für die ganze Saison 2021.
Petra Diek-Münchow
Noch bis Ende August sind alle Kinder und Jugendlichen eingeladen, rund um das Thema „Pinocchio“ ein Bild zu malen oder eine kreative Bastelarbeit zu gestalten. Zu gewinnen sind unter anderem Eintrittskarten für die ganze Familie. Das Teilnahmeformular gibt es hier
Zur Sache
Die Waldbühne Ahmsen hat das wegen der Corona-Pandemie abgesagte Programm komplett ins nächste Jahr geschoben. Die Termine für die 30 Aufführungen stehen bereits fest. Besonders für Familien mit Kindern zeigt die Spielschar die Geschichte von „Pinocchio“, die Premiere ist für den 24. Mai geplant. Am 12. Juni will das Ensemble mit der „Passion“ vom Leben, Leiden, Sterben und der Auferstehung Jesu erzählen.