Soziales Seminar im Bistum Osnabrück

Ein ganz persönlicher Gewinn

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Für ihr Soziales Seminar haben Schülerinnen und Schüler aus dem Bistum Osnabrück ein bischöfliches Diplom erhalten. Die Jugendlichen kamen in Kontakt mit Hilfseinrichtungen und merkten: Sie werden gebraucht.


Pfarrer Ansgar Stolte, Leiter der Diözesanstelle Berufe der Kirche, hat Schülerinnen und Schülern die Diplome für ihr absolviertes Soziales Seminar überreicht. Foto: Florens Böwering

„Ey Respekt, Alter!“ Als Jugendliche aus mehreren Schulen diesen Satz von einem Pfarrer in einem Gottesdienst hören, geht ein Lachen durch die Herz-Jesu-Kirche in Osnabrück. Doch der Pfarrer, Ansgar Stolte, hat an diesem Tag eine besondere Botschaft für die Schülerinnen und Schüler, die sich dort versammelt haben. Stellvertretend für Bischof Franz-Josef Bode verleiht Stolte als Leiter der Diözesanstelle für Berufe der Kirche knapp 200 Jugendlichen aus 17 Schulen im Bistum Osnabrück die Diplome für das Soziale Seminar.

Auf Respekt und Wertschätzung komme es an, sagt Stolte, und für diese Werte treten die Neunt- bis Zwölftklässler ein, die sich ein Jahr oder länger freiwillig mit sozialen und politischen Themen beschäftigen. Dazu zählen Wohnungslosigkeit, Suchterkrankungen, Pflegearbeit und auch Migration, Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Zusätzlich zur Schularbeit haben die Schülerinnen und Schüler einen Kurs mit eigenen Schwerpunkten gestaltet. Dabei sind sie auch mit Referenten und Hauptamtlichen aus Hilfseinrichtungen ins Gespräch gekommen und haben nach der theoretischen Aufklärung über die Themen eigene praktische Projekte vorbereitet und gestaltet oder eine Facharbeit geschrieben. Einige Projekte stehen corona-bedingt noch aus, trotzdem gab es schon die Diplome auf dem Schulhof der Osnabrücker Domschule.

Die Integration des Sozialen Seminars in den Unterricht sei von Schule zu Schule unterschiedlich, sagt Sophie Kafsack, Vorsitzende des Vereins Soziales Seminar der Diözese Osnabrück. Den Schulen steht es frei, das Seminar als AG, als ergänzendes Seminarfach oder als Schulfach in den Lehrplan mit aufzunehmen. Für alle Teilnehmer gleich, so Kafsack, ist der inhaltliche Aufbau des Sozialen Seminars. 

Seminar „auf jeden Fall“ weiterempfehlen

Im ersten Halbjahr gibt es Unterrichtseinheiten zu aktuellen politischen und sozialen Themen mit Diskussionen in den Kursen. Ab dem zweiten Halbjahr kommt der Kontakt mit Ansprechpartnern außerhalb der Schule zustande. Und für die Schüler mit der Facharbeit kommt ein drittes Halbjahr dazu. Damit der rote Faden bei der Themenbearbeitung nicht verloren geht, sind den Seminargruppen örtliche Leiter zugeteilt. Unter ihnen sind Lehramtsstudenten, Sozialpädagogen oder engagierte Lehrer der jeweiligen Schulen, die die Seminargruppen leiten. 

Doch egal, ob einige Schüler eine Facharbeit geschrieben und andere einen Spendenlauf oder eine Kuchenbackaktion als wohltätiges Projekt umgesetzt haben: Sie alle sind von der Theorie aus an einen Punkt geführt worden, an dem sie sich selbst das Ziel ihrer praktischen Arbeit gesetzt haben, sagt Sophie Kafsack. Vorträge von Referenten und Besuche in Hilfseinrichtungen haben sie selbständig organisiert und damit den Themenschwerpunkt festgelegt. 

So hat es auch Simon Gräfe gemacht. Er ist einer der diesjährigen Diplomträger des Sozialen Seminars. Sein Schwerpunkt lag auf der Pflegearbeit mit psychisch kranken Menschen. Dazu haben er und seine Arbeitsgruppe das Ameos-Klinikum in Osnabrück besucht und sich einen Vortrag von Mitarbeitern eines Notdienstes angehört. Gräfe geht in die 12. Klasse der Ursulaschule und findet das Soziale Seminar aus einem besonderen Grund sehr gut: „Es gibt kein vorgegebenes Ziel. Man kann frei arbeiten.“ Außerdem, sagt der 18-Jährige, sei es erfrischend gewesen, sich mit Menschen aus der Berufspraxis auszutauschen. So habe er nicht über, sondern mit den Pflegekräften gesprochen. Die Erkenntnisse daraus konnte er auch für seine Facharbeit verwenden, wie er sagt. Gräfe würde das Seminar „auf jeden Fall“ weiterempfehlen.

Dieser Meinung ist auch June Grolle. Sie geht in die 10. Klasse des Gymnasiums Bad Iburg und sagt: „Man hört Menschen zu, deren Stimmen sonst nicht gehört werden.“ Einmal im Monat hat sich ihre Arbeitsgruppe samstags getroffen, um verschiedene Themen zu diskutieren. Eine Referentin sei gekommen, um sich mit den Schülern über Nachhaltigkeit zu unterhalten. Ihr Projekt stehe aber im Moment noch aus. Insgesamt ist die 15-Jährige vom Sozialen Seminar überzeugt und sieht für sich einen ganz persönlichen Gewinn. Sie habe neue Perspektiven kennengelernt und das Gefühl, der Gesellschaft helfen zu können.

Florens Böwering/Torben Lübben