„Ein Impuls für die Demokratie“

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Bei einer Feierstunde in Kiel würdigt Kardinal Reinhard Marx den Staatskirchenvertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl, der vor zehn Jahren unterzeichnet wurde. 

Erzbischof Heße, Landtagspräsident Schlie, Kardinal Marx, Ministerpräsident Günther, Erzbischof Eterovic, Ministerpräsident a.D. Carstensen und landtagspräsident a.D. Kayenburg
Hatten Grund zum Feiern (v. li.): Erzbischof Heße, Landtagspräsident Schlie, Kardinal Marx, Ministerpräsident Günther, Erzbischof Eterović, Ministerpräsident a. D. Carstensen und Landtagspräsident a. D. Kayenburg.  Foto: Marco Heinen

Ein klein wenig ironische Distanz versuchte Kardinal Reinhard Marx dann doch zu wahren, bei der Feierstunde zum zehnjährigen Bestehen des Staatskirchenvertrags zwischen der Katholischen Kirche und dem Land Schleswig-Holstein, die am vergangenen Montag in Kiel stattfand: Eine „ungewöhnliche Einladung“ sei das gewesen, aus diesem Anlass nach Kiel zu kommen, sagte er. „Lohnt sich das?“, habe er sich gefragt, angesichts der erst zehn Jahre währenden Vertragsdauer. „Fast nichts“ sei das doch, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der dann aber doch das Besondere des Vertrags herausstellte.

Er betonte die Bedeutung der Säkularisierung, die Trennung von Staat und Kirche: „Säkularisierung ist kein negativer Begriff, er gehört zum christlichen Glauben dazu“, sagte er. Die Trennung sei notwendig, bedeute aber nicht, dass der Staat indifferent zu sein habe. Eine moderne Gesellschaft brauche die Offenheit für die Überzeugungen, die in ihr leben. Doch auch die Kirche brauche das Mitgehen der Gesellschaft. „Wir müssen lernen, mit der Freiheit zu leben und sie als Geschenk zu sehen, nicht als Bedrohung“, sagte der Kardinal. Die Kirche müsse lernen, den Weg der säkularen Gesellschaft und der Freiheit mitzugehen, „ohne ihre eigene Identität zu verlieren“.

„Kampf um die Freiheit noch nicht zu Ende“

Marx’ Bilanz: „Ich glaube, dass die Tradition der Staatskirchenverträge wirklich auch ein Impuls für die Demokratie ist.“ Staat und Kirche leisteten ihren Beitrag dazu, dass sich die offene Gesellschaft weiterentwickle. „Der Kampf um die Freiheit ist noch nicht zu Ende. Und ich möchte, dass die Kirche dann auf der Seite der Freiheit steht – der verantwortlichen Freiheit, der gebundenen Freiheit“, sagte der Kardinal.

Rund 70 geladene Gäste aus Kirche und Landespolitik waren zu der Feierstunde ins Gäste­haus der Landesregierung gekommen. Gefeiert wurde übrigens mit Orangensaft und Wasser, nicht mit Sekt – der dann gewiss zum 25. Jahrestag ausgeschenkt wird. Die Gäste jedoch könnten dann kaum hochrangiger sein: Der Päpstliche Nuntius, Erzbischof Nikola Eterović, saß neben dem amtierenden Ministerpräsidenten Daniel Günther und dessen Vorvorgänger Peter Harry
Carstensen, der den Vertrag damals für die Landesregierung unterzeichnet hatte; und Erzbischof Stefan Heße saß zwischen Alterzbischof Werner und Landtagspräsident Klaus Schlie. 

Letzterer bezeichnete den Vertrag in einem Grußwort als „ein klares und umfassendes Regelwerk zu allen Punkten, die es in unserem Land zwischen Staat und katholischer Kirche zu regeln gilt“. Es sei „heute wichtiger denn je, eine solche vertragliche Grundlage zu haben“, so Schlie. Ministerpräsident Daniel Günther befand: „Die Zusammenarbeit auf Grundlage dieses Vertrages zwischen Landesregierung und katholischer Kirche funktioniert ausgesprochen gut.“

Der Staatskirchenvertrag zwischen dem Land und dem Heiligen Stuhl, der am 12. Januar  2009 unterzeichnet worden war, regelt Fragen, bei denen sich kirchliche und staatliche Belange überschneiden, etwa beim Sonn- und Feiertagsschutz, beim Reli­gionsunterricht oder der Seelsorge in Krankenhäusern oder Gefängnissen. Zuvor wurde ein Abkommen, das das Bundesland 1957 mit der evangelischen Kirche geschlossen hatte, auch für die Katholiken angewendet. Der Vertrag legt außerdem die jährliche Zahlung der „Staats-
leistungen“ des Landes an die Kirche fest. Sie beliefen sich 2018 auf 236 000 Euro.     
Text: Heinen/kna