Ein Salut d’Amour mit 104

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An seinem 104. Geburtstag kehrte Prof. Waldemar Prukner noch einmal in das frühere Casino Travemünde zurück, wo er viele Jahre immer wieder aufgetreten war. An seiner Seite: seine Frau Hildegard, die er hier lieben lernte und die wenige Tage nach diesem Ereignis verstorben ist.

104-jähriger Waldemar Prukner geigt für seine Liebeslieder für seine Frau
Waldemar Prukner spielte noch einmal für seine Frau Hildegard im Großen Saal des ehemaligen Casinos, begleitet von Gisela Wegener am Flügel.  Foto: Marco Heinen

Am Donnerstagmorgen (2. Mai)  hatte man das Geburtstagskind im Malteserstift Haus St. Birgitta in Travemünde bereits hochleben lassen. Doch der eigentliche Höhe­punkt des Tages folgte am frühen Nachmittag. Prof. Waldemar Prukner kehrte aus Anlass seines 104. Geburtstages an eine seiner Wirkungsstätten zurück, wo er über einen Zeitraum von rund 20 Jahren immer mal wieder als Sologeiger aufgetreten war: Im Großen Saal des früheren Travemünder Casinos ließ er längst vergangene Zeiten noch einmal lebendig werden. Mit dabei war seine Frau Hildegard (82), die wegen eines Schlaganfalls seit einigen Jahren im Rollstuhl sitzt. Sein erstes Lied für sie: Salut d’Amour von Edward Elgar.

Die Liebesgeschichte des katholischen Ehepaares begann vor vielen Jahrzehnten genau hier im Seebad Travemünde. Als sich die beiden kennenlernten, war die gebürtige Dortmunderin im Hotel nebenan als Hoteldirektorin tätig. Waldemar Prukner­ spielte nicht nur im Casino, sondern manchmal auch draußen. Man traf sich, kam ins Gespräch, machte Spaziergänge – und heiratete. „Aus Liebe alles“, erinnert sich Waldemar Prukner. Wann genau sich das alles zutrug, das weiß der Musikprofessor nicht mehr. Er habe versäumt, das einmal aufzuschreiben, erzählt er auf der Fahrt vom Malteserstift zu dem bekannten Gebäude an der Travemünder Promenade.

Heute firmiert der ganze Komplex, zu dem schon seit Jahren kein Casino mehr gehört, als Atlantic Grand Hotel Travemünde. Hoteldirektor Kay Plesse hatte sofort Ja gesagt, als er von den Plänen für das kleine Konzert im Saal hörte. Gerade in so einem tollen Haus dürfe man die Vergangenheit nicht einfach vergessen, sagt er. Zumal das Haus fast genauso alt ist wie der Musiker, nämlich 105 Jahre. „Es ist eine Ehre für uns, dass wir für diesen Moment Gastgeber sein dürfen und ihn auch mit ihm teilen dürfen“, zollte Plesse seinen Respekt.

Waldemar Prukner wurde 1915 in Rijeka an der Kvarner-Bucht als Sohn einer Italienerin und eines Kroaten geboren. Seine Heimatstadt hat eine wechselvolle Geschichte erlebt, gerade auch in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. So zog es die Eltern bald fort nach Zagreb. Hier wuchs Waldemar Prukner auf, machte Abitur, besuchte die Musikhochschule und wurde selbst Professor. Später zog es ihn hinaus in die Welt. In den großen Hotels von St. Moritz in der Schweiz und anderswo spielte Prukner ebenso wie auf einem Luxusdampfer und als erste Geige bei den Hamburger Philharmonikern. Wenn er mal kein Engagement hatte, dann rief er in Travemünde an. Hier war er stets gern gesehen. 

Der Notenständer ist diesmal überflüssig

Noch heute greift Waldemar Prukner regelmäßig zur Geige. Gisela Wegener aus der Kirchengemeinde begleitet ihn dann meist am Klavier, etwa wenn sie für die Senioren im Malteserstift spielen. Wegener ist auch an diesem Tag dabei, hat alles organisiert. Nur den Notenständer, den hätte es heute nicht gebraucht, weil der Musiker die drei Stücke noch in den Fingern hat. Hildegard Prukner verfolgt das kleine Konzert mit großer Konzentration. Etwas zu sagen, das fällt ihr schwer. Aber es gibt Momente, die lassen sich sowieso nicht in Worte fassen.

Text u. Foto: Marco Heinen