Zum ersten Fastensonntag

Ein Verzicht, der uns nützt

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In unserer Gesellschaft wird irrsinnig viel verschwendet: Lebensmittel, Kleidung, Zeit. In der Fastenzeit können wir den Verzicht neu einüben. Wir erzählen in den nächsten sechs Wochen Geschichten, die zeigen, wie er unser Leben und unseren Glauben bereichern kann.

Foto: kna/Harald Oppitz
Karge Kost oder der erste Schritt zu neuem Genuss? Wer in der Fastenzeit üppige Mahlzeiten weglässt, lernt das Ostermenü neu zu schätzen. Foto: kna/Harald Oppitz


Freiwillig auf etwas zu verzichten, ist in unserer Gesellschaft nicht besonders angesagt. Viele wollen immer mehr: mehr Unterhaltung, mehr Auswahl im Supermarkt, mehr Kleidung im Schrank. Die großen Modeketten zum Beispiel entwerfen bis zu 24 Kollektionen pro Jahr. Menschen, die Angst haben, einen Modetrend zu verpassen, kaufen sich deshalb ständig neue Hosen und Pullover – statistisch gesehen 60 Kleidungsstücke pro Jahr, die aber durchschnittlich nur viermal getragen werden, ehe sie aussortiert und weggeworfen werden.

Auch unser Umgang mit Lebensmitteln ist verschwenderisch. Jedes Jahr vernichten wir Deutschen zwölf Millionen Tonnen davon. Der Joghurt ist gerade abgelaufen, das Brot schon etwas trocken, die Portion Nudeln von gestern ist schon hart: Jeder von uns wirft 85 Kilogramm Nahrungsmittel in den Hausmüll, obwohl die Produkte oft noch genießbar wären. 
Und wir vergeuden unsere Zeit. Im Schnitt schauen wir alle 18 Minuten auf unser Smartphone – weil wir uns langweilen oder Angst haben, etwas zu verpassen. Wir lassen uns mit Videos berieseln, schauen, was Freunde in den sozialen Netzwerken posten, oder wischen gedankenlos Fotos von links nach rechts. Darüber vergessen wir oft, uns mal wieder ernsthaft miteinander zu unterhalten.

Da kommt die Fastenzeit, als Zeit der Umkehr, der Veränderung und des Neubeginns gerade richtig. Als Christen erforschen wir in den nächsten sechs Wochen bis Ostern unser Gewissen und unsere Beziehung zu Gott: Sind wir für andere Menschen da? Haben wir ein offenes Ohr für ihre Sorgen? Nehmen wir uns Zeit zum Gebet? Hören wir auf das, was Gott uns sagt? Sind wir für andere noch ein Beispiel für die Botschaft Jesu?

Mehr Zeit für gute Gespräche und die Schönheit der Natur

Oft verzichten wir in der Fastenzeit auf etwas, um uns ganz auf diese Fragen konzentrieren zu können. Dabei spüren wir, wie schwer, mühevoll und anstrengend der Verzicht sein kann. Wir merken aber auch, dass wir dadurch etwas gewinnen und dass sich bei uns etwas verändern kann. 

In den nächsten Wochen erzählen wir Ihnen in unserer Fastenserie sechs Geschichten, die zeigen, wie Menschen durch Verzicht etwas gewinnen. Vielleicht sind diese Beispiele eine Anregung für Sie. Wenn wir spüren, dass der Verzicht uns etwas nützt, dann fällt er uns – bei aller nötigen Anstrengung – leichter. Vielleicht entdecken dann auch Sie, dass Sie viel mehr Zeit für gute Gespräche haben, weil sie das Smartphone zur Seite gelegt haben. Oder dass Sie die Schönheit der Natur neu entdecken, weil Sie das Auto stehengelassen haben. Oder Sie lernen ein leckeres Ostermenü neu schätzen, weil sie vorher bewusst üppige Mahlzeiten vermieden haben.

Kerstin Ostendorf