Pater aus Ostercappeln ist Vorbild für interreligiösen Dialog
Eine Brücke nach Indien
Foto: privat
Vor über 300 Jahren ging Pater Johann Ernst Hanxleden aus Ostercappeln als Missionar nach Indien. Bis heute wird er dort verehrt. Im Bistum soll er nun Vorbild werden für interreligiösen Dialog und deutsch-indische Beziehungen.
Er war ein Missionar der besonderen Art. Im Alter von nur 18 Jahren begab sich Jesuitenpater Johann Ernst Hanxleden im Jahr 1700 auf eine abenteuerliche Reise von Ostercappeln nach Kerala im Süden Indiens. Er lebte dort mit den Menschen, lernte und studierte ihre Sprache, begeisterte sich für ihre Kultur, ihre Schrift, ihre Geschichte – und begegnete ihnen auf Augenhöhe und voller Wertschätzung.
„Arnos Padiri“, wie Hanxleden liebevoll genannt wird, hat in Indien Spuren hinterlassen. Auch nach 300 Jahren wird er dort verehrt – bis hin zum „Ikonenstatus“, wie Pater Binoy Jacob aus Kerala berichtet. Und nicht nur Christen verehren den Missionar. Hanxleden war einer der wenigen Ausländer, die damals die Sprache der Brahmanen (eine höhere Kaste des Hinduismus), das Sanskrit, erlernen durften. Und noch mehr: Er studierte die Sprache und verfasste eine Sanskrit-Grammatik auf Latein, übersetzte Gebete und Lieder und schuf viele bedeutende Beiträge für Sprache und Literatur. Viele Menschen lesen bis heute seine Gedichte und Erzählungen, singen seine Lieder, studieren seine Sprachforschungen.
Um sein Erbe zu erhalten, haben die Jesuiten in Kerala bereits vor vielen Jahren eine Akademie gegründet, wo sie Studien und Kurse zum reichen Erbe Hanxledens betreiben. Auch einen Seligsprechungsprozess wollen sie beantragen. Auf Einladung von Domkapitular Theo Paul besuchte jetzt der Direktor, Pater Binoy aus Kerala, das Bistum Osnabrück und vor allem die Orte und Plätze, an denen Hanxleden seine Kindheit und Jugend verbrachte: den Geburtsort Ostercappeln und die Stadt Osnabrück, wo Hanxleden das Carolinum besuchte. Sein Wunsch ist es, die Bedeutung Hanxledens auch im Bistum wieder in Erinnerung zu rufen und Ideen zu entwickeln, wie eine Art deutsch-indische Partnerschaft am Beispiel Hanxledens entstehen kann.
Denn die Bedeutung des Sprachgenies und Missionars bis in die heutige Zeit geht weit über sein literarisches und kulturelles Schaffen hinaus. Pater Binoy betont: „Hanxleden hat gezeigt, wie man christliches Leben in anderen Kontexten leben kann. Seine Idee war es, sein Christsein in Indien vorzuleben und nicht Konversion zu betreiben. So wurde er ein Verfechter des interreligiösen Dialogs. Auch etliche Hindus sind bis heute eng mit Hanxleden verbunden“, erzählt der 48-Jährige und betont: „Hanxleden kennen heißt, Christus kennen.“
Die Kraft der östlichen Mystik entdecken
Begeistert von diesem historischen, kulturellen und spirituellen Erbe möchten die indischen Jesuiten einen Dialog für die Zukunft anregen, eine Brücke zwischen Indien und Deutschland bauen und den Austausch verstärken. Binoy: „Das kann auch ein Glaubensmodell für junge Menschen sein, immerhin ist Hanxleden diesen Weg mit 18 Jahren gegangen.“ Gut vorstellen können sie sich zum Beispiel eine Art „Summerschool“ mit Studienaufenthalten in der ordenseigenen „Arnos-Padiri-Academy“ oder einen deutsch-indischen Freundeskreis, der weitere Ideen und Strukturen entwickele.
Ein Partnerschaftsgedanke, der nicht nur bei Domkapitular Theo Paul auf offene Ohren stößt: „Es ist ein großartiges Geschenk, dass wir eine so starke Persönlichkeit im Bistum haben, die bahnbrechend etwas auf den Weg gebracht hat“, betont er und ist sich sicher, dass das Erbe Hanxledens auch im Rahmen der Rolle der Kirchen in der Kolonialgeschichte an Aktualität gewinnen wird. „Es gab eben nicht nur Leute, die sich den Verstrickungen des Kolonialismus unterworfen haben, sondern die einen eigenen Ansatz hatten und verstanden haben, ihn zu leben.“
Interkulturation statt Kolonisation, sei hier das Stichwort, das auch heute große Bedeutung habe. „Wir wollen in den Dialog treten und voneinander lernen“, betont Theo Paul. Pater Hanxleden habe einen hohen Respekt vor der geistigen Welt Indiens gehabt, die Sprache gelernt und versucht, die Kultur, Schrift und Geschichte zu verstehen. Als Europäer habe er die Achtung voreinander betont und gemerkt: „Diese Menschen haben uns etwas Wertvolles zu sagen.“ Zum Beispiel in der Wertschätzung der Schöpfung gegenüber, in den Melodien, Gesängen, Liturgien.
„Arnos Padiri“ hat diese Kraft der östlichen Mystik entdeckt und präsentierte zum Beispiel biblische Erzählungen in Gedichtform, die die Menschen in Indien bis heute bewegen. Theo Paul betont: „Ihre ganz eigenen Ausdrucksformen sind eine Kostbarkeit. Ich habe ein großes Interesse daran, dass das an die nächste Generation weitergegeben wird.“