Eine Klinik für den Frieden

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Misereor sammelt in der Fastenzeit bei einer besonderen Spendenaktion für die Flüchtlingsarbeit im Libanon und in Syrien. Schwester Antoinette leitet dort ein Gesundheitszentrum. In Hamburg berichtete sie von ihrer Arbeit.

Schwester Antoinette (l.) berichtet als Misereor-Gast über ihre Arbeit in einem Gesundheitszentrum bei Beirut, begleitet von Melanie Brünner, Referentin im Bereich missio/Weltkirche im Erzbistum Hamburg.
Schwester Antoinette (l.) berichtet als Misereor-Gast über ihre Arbeit in einem Gesundheitszentrum bei Beirut, begleitet von Melanie Brünner, Referentin im Bereich missio/Weltkirche im Erzbistum Hamburg. Foto: Marco Heinen

„Es gibt bei uns heute deutlich weniger Konflikte zwischen Christen und Muslimen als noch vor ein paar Jahren.“ Schwester Antoinette Assaf sagt dies durchaus mit einem gewissen Stolz, aber auch in dem Bewusstsein, dass die Kongregation der Schwestern vom Guten Hirten, der sie angehört, noch viel Friedensarbeit zu leisten hat. Der dient auch ihr Gesundheitszentrum St. Antoine in Jdeidet, einem nördlichen Vorort von Beirut. „Die Klinik ist für alle da, die Religion nur für den Glauben“, sagt die zierliche Libanesin.

Die studierte Pflegewissenschaftlerin, die auch ein Staats­examen in Krankenpflege aufweisen kann, ist seit Januar 2016 Direktorin der ambulanten Station. Zuvor hatte sie noch einen Master in Internationaler Entwicklung und Management im irischen Dublin abgelegt. Im vergangenen Jahr übernahm die 53-Jährige zudem die strate­gische Leitung der Programme der Schwestern vom Guten Hirten im Libanon und in Syrien. Derzeit ist Schwester Antoinette als Misereor-Gast in Deutschland, vorwiegend in Hamburg. Ihr Anliegen: Ein realistisches Bild ihrer Arbeit und vom Leben im Libanon vermitteln, wo das katholische Hilfswerk über die Partnerorganisation „Pontifical Mission“ viele Geflüchtete unterstützt. Ein höchst aktuelles Thema angesichts der neuen Nachrichten aus der umkämpften Gegend um das syrische Idlib.

Es fliehen die am besten ausgebildeten Menschen

Rund ein Viertel der sechs Millionen Bewohner des Libanon seien Flüchtlinge, berichtet sie. Oft kämen sie aus dem benachbarten Syrien. „Die meisten Flüchtlinge von dort, die wir versorgen, sind Muslime.“ Aber auch geflüchtete Iraker sind auf das Gesundheitszentrum angewiesen. Sie seien meist Christen. Von den Libanesen, die die Schwestern aufsuchten, seien 60 Prozent Muslime und 40 Prozent Christen. 

„Es fliehen in der Regel die am besten ausgebildeten Menschen“, berichtet Schwester Antoinette in ruhigem, aber dadurch umso glaubwürdigerem Ton weiter. „Der Krieg zerstört auch ihre Entwicklungsmöglichkeiten. Sie finden keine Arbeit.“ Überdies seien Nahrungsmittel knapp, es gebe eine Bankenkrise, die die Wirtschaft lahmlege. „Trotzdem haben sie die Hoffnung nicht aufgegeben.“ Sie würden in Syrien bleiben, wenn sie dort bessere Chancen hätten. „Unter Embargos gegen Syrien haben meist die Armen zu leiden, die Mächtigen werden trotzdem gut versorgt.“

Etwa ein Drittel der rund 7 000 Patienten, die das Gesundheitszentrum jährlich aufsuchten seien Frauen. Sie zu versorgen ist Schwester Antoinette ein Herzensanliegen. „Die Mütter haben eine besondere Stellung in den libanesichen Familien.“ Dadurch werde der Friedensgedanke besser weitergetragen.

Arbeit mit Kindern besonders wichtig

Zudem steht die Arbeit mit Kindern im Fokus des Gesundheitszentrums. Sie machen laut Schwester Antoinette rund die Hälfte der Patienten aus. „Die schließen schneller Freundschaften. Das ist für den sozialen Zusammenhalt von Christen und Muslimen sehr wichtig.“ Einige Kinder von syrischen und irakischen Flüchtlingen verbergen ihre Herkunft, um sich besser integrieren zu können. „Denen helfen wir, die Schönheit und das kulturelle Erbe der Länder zu sehen und darauf stolz zu sein.“ Das sei aber ein langsamer Prozess.

In Hamburg informierte sich Schwester Antoinette noch über die Arbeit des Marienkrankenhauses und der Pflegefachschule Groß-Sand in Wilhelmsburg. Im Zuge der Misereor-Fastenaktion „Gib Frieden“ ist ein besonderes Spendenprojekt der Flüchtlingsarbeit im Libanon und in Syrien gewidmet – und damit auch der Arbeit Schwester Antoinettes. 

Text: Matthias Schatz