Propst Giering erinnert in der Lübecker Lutherkirche an Pastor Stellbrink
An einem besonderen Ort
Propst Christoph Giering hat am vergangenen Sonntag in der Lübecker Lutherkirche auf der Kanzel gestanden, von der einst Pastor Stellbrink predigte.
Als Propst Christoph Giering am vergangenen Sonntag vorne an den Altar der Lübecker Lutherkirche tritt, erwarten die fast 80 Gottesdienstbesucher – darunter zahlreiche Katholiken –, dass er gleich weiter auf die Kanzel steigen wird. Zumal Pastorin Constanze Oldendorf bei der Begrüßung zu diesem evangelischen Gedenkgottesdienst zu Ehren der Lübecker Märtyrer ja gerade noch von „einem echten ökumenischen Kanzeltausch“ gesprochen hat.
Doch der Propst ergreift am Ambo das Wort. „Ich will noch einen Augenblick hier stehenbleiben, liebe Schwestern, liebe Brüder. Das ist die Kanzel von Pastor Stellbrink“, sagt er und weist mit der Hand nach rechts. „Und ich lade Sie ein, sich einen Moment ihn vorzustellen auf dieser Kanzel.“ Giering erinnert an die Einsegnung der Kirche 1937 und die fünf Jahre, in denen Pastor Stellbrink in dieser Kirche gepredigt hatte, bevor ihn die Gestapo im April 1942 verhaftete. „Für mich ist das tatsächlich etwas Besonderes, da jetzt hinaufgehen zu dürfen und von dort ein Wort richten zu dürfen. Das ist für mich – wenn man so will – eine Art Reliquie, ein Erinnerungsgegenstand“, so der Propst, der erst anschließend die Stufen zur Kanzel hochsteigt.
Es ist unter anderem diese Geste und der persönliche Ton seiner gut 20-minütigen Predigt, die viel Anerkennung findet.
Das Thema seiner Ausführungen sind die Predigten Stellbrinks, aber auch die von Johannes Prassek und Hermann Lange. Und auch die Predigten aller vier Märtyrer, die während der Haft entstanden, nimmt Giering in den Blick. Predigten aus der Haft? „Die Predigten haben die Form von Briefen“, sagt er. Sie seien ein „Zeugnis für die Nachgeborenen“, „die stummen Prediger, sie haben ihre Wirkung entfaltet“, so Giering. Im Gegenzug wurde für den Gottesdienst in der Propsteikirche Herz Jesu am Mittwoch, 10. November Pröpstin Petra Kallies erwartet.
Text u. Foto: Marco Heinen