Zum Erntedankfest
Einfach mal Danke sagen
Zum Erntedankfest danken vor allem die Landwirte Gott. Doch jeder Mensch hat etwas, wofür er dankbar sein kann: für Freundschaften, für die Gesundheit, für das gute Leben. Oft vergessen wir das und nehmen vieles als selbstverständlich hin.
In Gottesdiensten gibt es einen Klassiker, der immer wieder gerne gesungen wird: „Danke für diesen guten Morgen. Danke für jeden neuen Tag“, kennt jedes Kind. Auch jene, die sonst selten eine Messe besuchen, können es schnell mitsingen. Die Melodie ist eingängig, der Text leicht verständlich. Und Danke sagen – das kann jeder.
Aber tun wir das auch oft genug? Wenn der Mann mit dem vollen Einkaufswagen uns an der Supermarktkasse vorlässt, weil wir nur zwei Tüten Milch und ein Brot kaufen – sagen wir dann Danke? Oder wenn uns im überfüllten Bus ein Sitzplatz angeboten wird? Oder wenn jemand anderes verzichtet und uns das letzte Stück Schokokuchen überlässt?
Wenn es in unserer Kindheit gut gelaufen ist und wir gut erzogen worden sind, dann haben wir damals gelernt, Danke zu sagen, wenn etwa die Oma uns ein paar Münzen oder eine Tafel Schokolade geschenkt hat. Was zunächst als
Anstand und Höflichkeit eingeübt worden ist, hat sich vielleicht zu einer inneren Haltung entwickeln können – wenn wir sie gepflegt und uns regelmäßig daran erinnert haben, dankbar zu sein.
Das geht zum Beispiel mit einem Dankbarkeitstagebuch. Einmal in der Woche, vielleicht am Sonntagabend, können wir Rückschau auf die vergangenen Tage halten und uns fragen, was wir erlebt haben. In welchen Momenten wir jemandem dankbar waren und ob wir es ihm auch gesagt haben. Wir können dankbar sein für einen hilfreichen Ratschlag, für ein gutes Gespräch mit dem Bruder, für die Nachbarin, die immer ein paar Eier zu viel im Kühlschrank hat, damit sie uns aushelfen kann, und für die ehrliche Meinung eines Freundes – auch wenn sie uns vielleicht im ersten Moment verletzt hat.
Gläubigen Menschen fällt es leichter zu danken
Oft vergessen wir aber auch zu danken und nehmen Zuwendung und Hilfe als selbstverständlichen Teil unseres Lebens hin. Wir sollten zum Beispiel öfter unseren Eltern danken, die immer und ohne Vorbehalt für uns da sind und uns unterstützen. Oder für die Freunde, mit denen wir gute Zeiten teilen, die uns aber auch in schwierigen Zeiten, wenn es uns schlecht geht, auffangen.
Wir können aber nicht nur unseren Mitmenschen danken, sondern auch Gott. Für die Liebe, die wir erfahren dürfen, für die Gesundheit, für den Beruf, für die Familie – für unser ganzes Leben. Gläubigen Menschen fällt es leichter, ihre Dankbarkeit zu zeigen. Denn wer sich selbst von Gott getragen und geschützt weiß, der kann leichter erkennen, dass er manchmal hilfsbedürftig ist. In jedem Gottesdienst danken wir in der Eucharistie Gott für Brot und Wein, so wie Jesus es damals im Abendmahlssaal getan hat. Martin Luther hat die Dankbarkeit als wesentliche christliche Haltung bezeichnet: „Dankbarkeit ist das Herz des Evangeliums.“
Kerstin Ostendorf