Besser mit Druck im Alltag umgehen

Einfach mal innehalten

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Einfach mal innehalten
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Foto: istockphoto/fitzkes

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Tief durchatmen: Öfter am Tag eine kurze Pause von ein, zwei Minuten einzulegen, gilt als besonders effizient.

Öfter durchatmen, Pause machen und den Körper entspannt halten – schon wird mein Leben leichter! Kann das so einfach sein? Ja, sagt die britische Autorin Florence Parot, die Möglichkeiten aufzeigt, um besser mit Druck umzugehen.

Was ist Sophrologie? Sie kann helfen, den Alltag besser zu bewältigen. Sie gibt Übungen an die Hand, mit denen Entspannung herbeigeführt, Kraft und Stärke gespürt und Zuversicht entwickelt werden kann. Das verspricht die Britin Florence Parot in ihrem Buch „Sophrologie. Die Kunst des starken Ichs.“  Die Sophrologie wurde in den 1960er Jahren in Spanien von dem Neuropsychiater Alfonso Caycedo entwickelt, der Depressionen und Traumata behandelte. Später führte der Schweizer Arzt Raymond Abrezol mit den Methoden der Sophrologie mehrere Wintersportler zu Goldmedaillen bei der Olympiade 1968. Florence Parot hat in ihrem Buch  Übungen zusammengestellt, die für mehr Energie, Stärke und Selbstbewusstsein sorgen sollen. Sie betont, dass man täglich üben sollte, um die Übungen zu verinnerlichen und um sie bei Bedarf, in einer wirklichen Stresssituation, leicht abrufen und anwenden zu können.

Worum geht‘s ?
Im Begriff Sophrologie verstecken sich die griechischen Wörter Sos (Harmonie), phren (Bewusstsein) und logos (Lehre der Wssenschaft). Man könne Sophrologie als die Lehre vom Bewusstsein in Harmonie beschreiben, so die Autorin. Ziel ist ein klarer, wacher Verstand in einem entspannten Körper.

Was ist das Neue daran?
Die Sophrologie bedient sich im Erfahrungsschatz verschiedener Praktiken und wendet deren erprobte Methoden an. Vom Yoga entnimmt sie die Anleitungen zur Atmung, weil eine bewusste Atmung uns helfen kann, Ängste zu vertreiben und uns zu fokussieren – das hilft zum Beispiel beim Zahnarztbesuch. Buddhistischen Meditation und das japanische Zen helfen dabei, sich von außen zu betrachten und achtsam zu sein, sich auf etwas fokussieren zu können; als Ergebnis sollen die Menschen im Hier und Jetzt ankommen, um sich den gerade anstehenden Aufgaben zu widmen.

Alltagstauglich
Um die Methoden der Sophrologie zu erlernen, kann man einen Sophrologietrainer besuchen; in den Sitzungen geht es nicht darum, Probleme zu wälzen und zu analysieren. Deshalb ist es aber auch möglich, sich die Übungen mit Hilfe des Buchs von Florence Parot anzueignen. Man kann sie einfach ausprobieren. Die Übungen sind alltagstauglich und dauern nur fünf bis 15 Minuten. Jeder, der atmen kann, ist in der Lage, sie durchzuführen. Man braucht keine spezielle Kleidung und keine besondere Ausrüstung. Die Übungen werden im Stehen oder Sitzen durchgeführt, wer dazu zu schwach ist (beispielsweise durch eine Erkrankung), kann sie auch im Liegen ausführen. Die Anleitungen bestehen aus Atemübungen, leichten Körper-
übungen und Visualisierungsübungen.

Übungsbeispiele
Das Buch beschreibt in den Beispielen die Ausführung und den Zweck einer Übung. Manche Übungen dienen der Entspannung, andere dazu, mehr Energie zu gewinnen, je nachdem, was man gerade braucht, und sind unter dem Stichwort „schnelle Tools für jeden Tag“ aufgelistet. So kann es darum gehen, etwas wacher zu werden – dann nutzen die Leserinnen und Leser Übungen zur dynamischen Entspannung wie die „Marionette“ und springen fünf Minuten lang auf und ab. Oder sie wollen ihr Selbstvertrauen mit einer Visualisierungsübung stärken, dann stellen sie sich vor, in einem Lichtstrahl zu stehen, und imaginieren, wie die Sonne ihr Gesicht bescheint und den ganzen Körper wärmt und mit Energie füllt.

Bodyscan
Viele Übungen beginnen mit dem „Bodyscan“, einer gedanklichen Reise durch den Körper, die im Kopf beginnt und zu den Füßen führt. Wer sie durchführt,  soll ruhiger werden können und aktuelle Verspannungen aufspüren. Die Aufmerksamkeit wandert zunächst zum Kopf, zum Gehirn, zum Kiefer (entspannen und aufhören, die Zähne aufeinanderzupressen!), zum Hals und zur Schulter und Nackenmuskulatur. Was tut weh?  Mit den Gedanken im Brustraum holt man noch einmal tief Luft, dann wandert die Aufmerksamkeit in den unteren Rücken, zu den Beinen und Füßen. Stehe ich gut und verwurzelt?

Achtsamkeit
Der Bodyscan, der vielen Übungen vorgeschaltet ist, dient dazu, die Aufmerksamkeit in den Körper zu lenken. So erzielt man mehr Achtsamkeit. Beim Stichwort Achtsamkeit geht es nicht um esoterische Fragestellungen, sondern darum, die eigene Verfassung besser zu beachten, bevor sich Krankheiten oder ein Burn-Out einstellen. Wer beim Bodyscan seine Schulter-Nacken-Schmerzen wahrnimmt, kann überlegen, woher sie stammen: Klemme ich den Telefonhörer immer zwischen Ohr und Schulter ein?

Innehalten
Achtsamkeit führt zu einem besseren Bewusstsein dafür, wo man im Alltag Spannungen aufbaut und Energie verliert. So hat man beobachtet, dass viele Menschen beim Warten angespannt die Schultern hochziehen, zum Beispiel wenn der Rechner hochfährt. Schultern runter, rät Florence Parot und nennt das „im Tun entspannen“. Auf die Körpersignale zu achten, heißt auch, rechtzeitig eine Pause zu machen, wenn man müde wird, statt den nächsten Kaffee zu trinken. Zur Entspannung zählt auch, tags-
über stille Momente einzuplanen, öfter Innehalten ist das Stichwort. Dazu gehört auch, den Feierabend zu genießen. „Wer zu Hause vom Handy aus Büromails beantwortet oder den Laptop aufklappt, um eine Präsentatioin fertigzustellen, der arbeitet nicht vor, sondern vergeudet Zeit und Energie“, schreibt Parot.

Multitasking vermeiden
Auch Leserinnen und Leser, die nicht vorhaben, Sophrologieübungen in ihren Alltag einzubauen, können von dem Buch profitieren. Florence Parot gibt handfeste Tipps gegen Schlaflosigkeit und Konzentrationsmangel, dessen Ursache oft das in unserer Zeit erzwungene Multitasking ist. Es sei besser, eine Aufgabe zu Ende zu erledigen, denn beim Multitasking sei die  Aufmerksamkeit aufgeteilt, „das Gehirn kann nicht effizient mehrere Dinge auf einmal machen, es vergeudet Energie, weil es zwischen den Aufgaben hin und her schaltet“, schreibt Parot.

Fazit
Wer eine psychische Erkrankung hat oder an Depressionen leidet, sollte fachärztlichen Rat suchen. Ein Sophrologie-Buch kann eine Behandlung und fachliche Begleitung in Krisen nicht ersetzen. Gleichwohl gibt das Buch gute Anregungen für Menschen, die wissen, dass ihnen mehr Schlaf, weniger Stress und mehr Erholung   guttun würden, die aber nicht wissen, wie sie das in ihrem Alltag erreichen können. Diese Personen können mit den Übungen im Buch ganz unkompliziert anfangen.

Buch SophrologieFlorence Parot, Sophrologie, Die Kunst des starken Ichs, Dorling Kindersley Verlag, 
12,95 Euro. 

Andrea Kolhoff