Einfach mal nichts schenken

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Weihnachten ist für viele ein Fest der Geschenke. Wenn Menschen sich untereinander einig sind, kann aber auch auf Gaben verzichtet werden, sagt die Kieler Psychologin Svenja Lüthge.

Hände bei der Übergabe eines roten Geschenkpäckchens
 Wer verzichtet Heiligabend freiwillig auf Geschenke? Foto: Jannis Chawakis/kna  

Ist es möglich, anderen zu Weihnachten nichts zu schenken, ohne sie zu verletzen?

Wenn es der Wunsch auf beiden Seiten ist, auf Geschenke zu verzichten, um sich nicht unter Stress zu setzen, dann kann auch das ein schönes Geschenk sein. Es kann bedeuten, dass Menschen sehr zufrieden miteinander sind und sagen, wir brauchen jetzt nichts Materielles. Wir wollen uns jetzt nichts kaufen, weil wir soweit alles haben oder vielleicht auch gerade eine größere Anschaffung gemacht haben, in der Partnerschaft zum Beispiel. Wichtig ist, dass sich die jeweiligen Menschen darüber abgesprochen haben und auf allen Seiten damit Zufriedenheit herrscht.

Auch wenn man gegenseitig merkt, man trifft den Geschmack nicht, ist es in Ordnung, sich darauf zu einigen, mal nichts zu schenken. Ich habe Klienten, die wissen nicht, was für sie selbst gut ist. Die wissen auch häufig nicht, was die anderen gut finden. Im Gegenzug gibt es auch diejenigen, die ein sehr gutes Gespür für ihre Umwelt haben und über das Jahr beobachten, womit sie anderen eine Freude machen können. Wichtig ist es, in Freundschaften oder Partnerschaften, dass man die Erwartungen nicht so hoch hängt und sich abspricht.

Wie vermeide ich denn, daneben zu liegen?

Das ist immer so ein bisschen tricky. Wenn ich meinem Mann sage, ich wünsche mir den braunen Pullover, der in einem bestimmten Geschäft im oberen Regal liegt, dann weiß er Bescheid, womit er mir eine Freude machen kann. Wenn ich aber sagte, ich freue mich über etwas zum Anziehen, dann weiß er gar nicht, wo er anfangen soll.

Häufig ist das Problem, dass wir Erwartungen hochschrauben und uns gleichzeitig selten trauen zu sagen, was wir uns wünschen. Es hilft aber, Vorschläge zu machen und Wünsche zu äußern. Wer sich überraschen lassen möchte, sollte sich dagegen auch darauf einlassen und einfach gucken, was kommt. Bei Kindern ist es wichtig, dass ein Herzenswunsch in Erfüllung geht. Es sollte etwas unterm Weihnachtsbaum liegen, auf das sie schon lange hingefiebert haben. Das muss ja nicht gleich eine Masse an Geschenken sein.

Was können Beweggründe dafür sein, dass Menschen miteinander verabreden, sich zu Weihnachten nichts zu schenken?

Es können auch Menschen sein, die der Konsumwut entfliehen möchten. Für sie gibt es Alternativen wie einen schönen Brief, der ja auch ein Geschenk sein kann. So entscheiden sich Menschen, nichts Materielles zu schenken, sondern vielleicht etwas, das einen emotionalen Wert hat. Bei Jüngeren spielt dabei oft auch der Umweltgedanke eine Rolle. Möglich ist auch, dass man nicht unbedingt etwas Neues kauft. Eine Tante meines Mannes hat mir einen alten, sehr hübschen Tortenheber geschenkt, der bei ihr nicht mehr so oft zum Einsatz kommt. Bei mir fehlten bei Familieneinladungen immer Tortenheber.

Wenn wir die Verabredung treffen, einander nichts zu schenken: Sollten wir uns daran halten?

Es kommt vor, dass Menschen das vereinbaren. Später entdecken sie dann etwas und wissen genau, dass sie damit eine Freude bereiten können. Dann verschenken sie doch etwas. Dann ist es in Ordnung, die Verabredung auch zu brechen, solange man nicht erwartet, auch selbst ein Geschenk zu bekommen. Es ist schließlich auch ein schönes und gutes Geschenk, jemand anderen glücklich zu machen.

Interview: Karen Miether/epd