Enthaltung 40,5 Prozent, FDP 17 Prozent, CDU, LINKE, GRÜNE, ÖDP, Tierschutzpartei je 8,5 Prozent. So sieht unser Wahlergebnis aus. Es passt (bis auf die Beteiligung) nicht zum Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt, das Sie vom vergangenen Sonntag vor Augen haben?
Stimmt, es ist nämlich das Fazit U18-Wahl aus meinem Reli-Kurs mit Schülern der Klassenstufen fünf bis acht.
Eigentlich beschäftigen uns gerade Fragen wie: Wann fängt das Reich Gottes an? Woran erkennt man es? Welche Regeln gelten da? Wie gehen die Menschen dort miteinander um?
Das hat auf den ersten Blick wenig mit Landtagswahlen zu tun? Aber auf den zweiten, wenn ich frage, wie sich etwas von diesem Reich Gottes in unserer Gesellschaft durchsetzen kann? Erstmal natürlich, wenn Menschen einander respektieren, Nächstenliebe leben, aufeinander achten, sich zuhören, sich für Schwächere einsetzen - und auch, wo sie verantwortlich die „Werkzeuge“ nutzen, die wir in unserer Gesellschaft haben, um guten Positionen Durchsetzungskraft zu geben: indem wir wählen.
So passte die U18-Wahl grad gut ins Reli-Programm. Mit Material, das altersgerecht die wichtigsten Ziele der Parteien vorstellt, machten sich die Schüler auf Spurensuche, was für sie zum Reich Gottes passt und für sie wählbar sein könnte. Das war zwar ein stark vereinfachter Prozess. Aber sie waren mit einem Elan bei der Sache, der mich beeindruckt hat, umso mehr als sich im Wahlergebnis der Gruppe etwas von den Werten widerspiegelt, die in Gottes Reich wichtig sind: die Freiheit des Einzelnen, solidarisch miteinander sein, die Schöpfung bewahren. Auch wenn eine Doppelstunde nur die Oberfläche des Phänomens Wahlen streifen kann, waren Neugier und Interesse groß - und die Spannung auf den Wahlausgang zunächst von U18 und mit Sicherheit auch für die echten Wahlen. Dass es nicht einfach damit getan ist, eine Mehrheit zu haben, ist auch angekommen. Das Miteinander fair zu gestalten, braucht Kompromissfähigkeit und Toleranz. Auch das werden die Jugendlichen wohl in den nächsten Wochen aufmerksam beobachten. Ich hoffe, sie und wir alle vergessen nicht, dass auch immer unser eigener Einsatz gefragt ist, wenn wir möchten, dass etwas von Gottes Reich unter uns sichtbar wird.
Angela Degenhardt, Sangerhausen