Entscheidung für das Leben
Der Kreuzbund Diözesanverband Hamburg mit aktuell vier Selbsthilfegruppen feierte 40-jähriges Bestehen. Menschen, die Suchtprobleme haben, können mit Gleichgesinnten reden. Auch Angehörige der Betroffenen sind willkommen.
Was Alkohol anrichten kann, hat Hildegard Krümel erlebt. Die einstige Berufsschullehrerin hätte beinahe ihren Job verloren und merkte dann, dass sie etwas gegen ihre Sucht tun musste. „Gott sei dank hatte ich noch Verstand. Ich bin sehr glücklich, dass ich mich für das Leben entschieden habe“, sagt die 66-Jährige, die eine Therapie machte und seit 30 Jahren „trocken“ ist. So konnte sie noch 25 weitere Jahre im Schuldienst arbeiten. Für Hans-Peter Masseida (77) ist Alkohol seit 13 Jahren tabu. Ein Arzt hatte den selbstständigen Malermeister zur Entgiftung geschickt. Krümel und Masseida, beide aus Hamburg, engagieren sich seit langer Zeit im Kreuzbund Diözesanverband Hamburg, einem Fachverband des Deutschen Caritasverbandes.
Die Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige besteht seit vier Jahrzehnten in der Hansestadt. Das Jubiläum hatten die Kreuzbund-Mitglieder mit einer Feierstunde am 18. August im St. Ans-gar-Haus begangen. Nach einem gemeinsamen Mittagessen gaben Suchtberater Michael Hansen, Elisabeth und Hans Friese sowie Reinhold Hummels bei einer Talkrunde Einblicke in die Zeit, als Hamburg noch „Trinkerheilanstalten“ besaß.
Betroffene müssen selbst die Reißleine ziehen
„Wir sind keine Therapeuten, sondern können Erfahrungen aus unserem eigenen Leben weitergeben und bei Bedarf Hilfen aufzeigen“, erklärt Hans-Peter Masseida, „auch für die Angehörigen. Wichtig ist, dass die Suchtkranken die Reißleine ziehen und erkennen, dass sie selber aus diesem Sumpf herauskommen müssen.“ Masseida ist seit 2015 beim Kreuzbund in Hamburg und seit April dieses Jahres Vorsitzender.
Hildegard Krümel, die seit 1987 dabei ist, von 2002 bis 2015 Vorsitzende war und nun für die Finanzen zuständig ist, weiß: „Man muss einen persönlichen Tiefpunkt erreicht haben und sagen ,So kann es nicht weitergehen, ich will selbst etwas machen, mein Leben ändern.‘ Wer dies nicht möchte, für den kann man nichts tun.“
Der Kreuzbund in Hamburg, der vom Erzbistum unterstützt wird, hat derzeit etwa 35 Mitglieder. Bei den Gesprächen in den vier Selbsthilfegruppen sind aber mehr Interessierte, aktuell bis zu 50, dabei.
Besondere Voraussetzungen, etwa die Mitgliedschaft im Kreuzbund oder in der katholischen Kirche, sind nicht erforderlich. Willkommen sind alle, die ein Problem mit Alkohol, Medikamenten, Glücksspiel oder dem Internetgebrauch haben oder suchtgefährdet sind, die ihren Suchtmittelkonsum reduzieren oder einstellen wollen, die durch die Sucht eines Familienmitglieds belastet sind, die nach Wegen suchen, die Hürden des Alltags zu überwinden um wieder Spaß am Leben zu finden. Willkommen
sind alle, die vertrauensvoll nach vorne schauen und sich gegenseitig auf ihrem Weg in ein glückliches, abstinentes Leben unterstützen möchten.
In den Gruppen wissen die Anwesenden, wovon sie reden. Die „Fachleute“ geben Tipps und teilen mit, wo Hilfen zu bekommen sind. Auch Michael Hansen berät. „Jeder Weg ist anders. In der Gruppe wird deutlich, welche Wege es gibt und was für den jeweiligen Menschen sinnvoll ist“, sagt Hans-Peter Masseida.
Wichtig: Angehörige der Alkoholkranken nehmen, wenn gewünscht, an den Treffen teil. „So kann man nicht vor sich hinschwindeln und sein Problem vertuschen, sondern wird notgedrungen ehrlicher“, berichtet Hildegard Krümel. Auch die Angehörigen tauschen natürlich Erfahrungen aus.
Wer sich für ein Gruppentreffen interessiert, erhält die Termine und Orte in der Geschäftsstelle des Kreuzbundes in Eppendorf oder über das Internet. Zugenommen haben laut Masseida die telefonischen Kontaktaufnahmen und Beratungen.
Kreuzbund Diözesanverband Hamburg e.V., Martinistr. 42, Tel. 040 / 46 38 32, www.kreuzbund-hamburg.de
Text u. Foto: Norbert Wiaterek