Christian J. Bonath ist neuer Domkapellmeister

Er brennt für Kirchenmusik

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Die traditionsreiche Hofkirchenmusik an der Dresdner Kathedrale steht unter neuer Leitung: Christian J. Bonath wurde am 9. Oktober feierlich als Domkapellmeister eingeführt. Neben der Traditionspflege will er Neues wagen.

Christian J. Bonath vor der Dresdner Kathedrale.    Fotos: Ruth Weinhold-Heße

Er ist schon mittendrin in seiner Arbeit: Der neue Domkapellmeister an der Dresdner Kathedrale  dirigierte bereits am 30. September die Dresdner Kapellknaben beim Jubliäum des Caritasverbandes im Bistum Dresden-Meißen. Gestartet hat er erst Anfang September. Auch für die Gestaltung der Musik zu den Messen ist er verantwortlich. Am 8. Oktober startete zudem das Format „Kathedralklang“, mit dem das Angebot hochrangiger Kirchenmusik um geistliche Konzerte in der Hofkirche erweitert wird.
Christian J. Bonath macht aus seinem qualitativen Anspruch keinen Hehl. „Einen Knabenchor zu führen ist vergleichbar mit dem Leistungssport“, erklärt der 43-Jährige. „Die Jungs erwarten Führung, müssen motiviert werden“, sagt er. Jede Aufführung sei wie ein kleiner Wettkampf, wo jeder Sänger das Beste aus sich herausholen müsse. „Das muss man auch selbst vorleben.“ Mit seiner Begeisterung für hohes musikalischen Niveau, kommt aber auch eine geradezu väterliche Milde daher: „Lebenswege mitprägen zu dürfen, empfinde ich als großes Geschenk“, schreibt Bonath in seinem Begrüßungsbrief an die Kapellknaben.

Dreiklang Knabenchor, Alte Musik und Kirchenmusik
Der neue Domkapellmeister brennt dabei selbst für Alte Musik. Neben seiner bisherigen Tätigkeit erst als Leiter des Knabenchores Gütersloh, dann als künstlerischer Leiter des Knabenchores „capella vocalis“ Reutlingen, brachte er aus Archiven und Bibliotheken zahlreiche Werke der Alten Musik ans Licht und stellte sie in Erstaufführungen und auf CD vor. Seit 2020 erscheinen seine Veröffentlichungen beim Spitzen-Label capriccio.
Beim Blick auf die Geschichte der Dresdner Kapellknaben kommt Bonath ins Schwärmen: „Dass Carl Maria von Weber und Richard Wagner Musik für die Dresdner Kathedrale – also für diesen Raum – komponiert haben, ist ein Schatz.“ Den will er bergen. Die Historie des Chores sei immens und dass Heinrich Schütz als einer der prominentesten Chorleiter einer seiner Vorgänger gewesen ist, sei bemerkenswert. Die aufgrund der Geschichte entstandene Zusammenarbeit zwischen Kirchenmusikern und der Staatskapelle der Semperoper nennt Bonath „solitär“.
„Was mich für meine neue Aufgabe besonders begeistert, ist der Dreiklang „Knabenchor – Alte Musik – Kirchenmusik!“ schreibt Bonath in seinem Brief. Es scheint in diesem neuen Amt also einiges zu geben, was Bonath zu musikalischer Höchstform antreibt. Neben der reichen Tradition bleibt er dabei offen für eine größere Bandbreite: „Kirchenmusik in der Kathedrale muss vielfältig sein. Wir haben einen reichen Schatz von gregorianischen Gesängen bis zu geistlicher Popmusik.“ Er wolle abbilden, was verschiedenen Menschen helfe, zu Gott zu finden. Einziges Ausschlusskriterium sei „mangelnde Qualität.“ Wichtig sei ihm Diversität der Kirchenmusik, also zu schauen, „was fehlt neben dem Knaben- und dem Kathedralchor?“

Generalprobe: Der neue Domkapellmeister mit den Dresdner Kapellknaben und Musikern der Staatskapelle Dresden.


In Dresden gibt es kein dezidiert christliches Nachwuchsangebot in Chören für Mädchen. Bonath findet das „bemerkenswert, dass es das nicht gibt.“ Dabei sei Gleichberechtigung im Jahr 2022 „unverzichtbar“, so der Familienvater. Eine gute musikalische Ausbildung für Mädchen würde auch Nachwuchsproblemen des Kathedralchores entgegenwirken. Gut vorstellbar, dass Bonath sich in diesem Punkt festbeißt. Denn auch wenn er entspannt im Gespräch wirkt, ist er sich seiner Ziele sehr bewusst. „Man muss bereit sein, seine Ideen auch gegen Widerstand durchzusetzen,“ betont er. Das hat der gebürtige Wormser vielleicht mit in seiner Familie gelernt, wo er der einzige Kirchenmusiker ist. „Meine Eltern haben meinen Weg unterstützt“, erzählt er. Dafür sei er sehr dankbar. Durchgesetzt hätte er sich wahrscheinlich auch gegen ihren Willen, gesteht er.

Katholischer Knabenchor für alle Bistümer in den neuen Bundesländern
Den Nachwuchs des Traditionschores zu pflegen, ist Bonath ein wichtiges Anliegen. Er berichtet, dass die meisten Sänger zu Hause leben, aber im Tagesinternat lernen. Er betont, dass daneben das Internat offen sei für Jungen aus allen neuen Bundesländern. Denn die Dresdner Kapellknaben sind der einzige katholische Knabenchor in diesem Gebiet.
Entscheidend für Bonath ist die geistliche Komponente seiner Arbeit. Auch wenn er zunächst nach dem Studium der Kirchenmusik nur nebenberuflich in Kirchen musizierte. „Ich bin Kirchenmusiker,“ betont er. So wolle er auch zusammen mit dem Bischof die liturgische Vesper klarer formulieren, Liturgie festlich gestalten. „Musik, die für den Gottesdienst komponiert wurde, im Gottesdienst zur Aufführung zu bringen, hat mich tief geprägt.“ schreibt er in seinem Brief an die Kapellknaben. Verbunden sei er seit 25 Jahren dem Dominikanerorden seiner Heimatstadt Worms als Kirchenmusiker.
Dass Christian Bonath am 9. Oktober bei einem feierlichen Pontifikalamt von Bischof Heinrich Timmerevers als Domkapellmeister offiziell ins Amt eingeführt wurde, war ihm wichtig: „Das wertschätze ich sehr.“

Von Ruth Weinhold-Hesse