Interview mit Bischof Franz-Josef Bode über den synodalen Weg
"Ermutigung für unseren Weg"
In Rom ist die Amazonas-Synode zu Ende gegangen, demnächst beginnt der synodale Weg in Deutschland, auf den sich Bischöfe und Laien verständigt haben. Ein Interview dazu mit dem Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, der stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist.
Bischof Bode, welche Lehren ergeben sich für den synodalen Weg aus der Amazonassynode?
Ich sehe die Amazonassynode als Ermutigung für unseren Synodalen Weg. Auch für uns wichtige Themen sind in ein weiterführendes Gespräch gekommen. Auf regionaler Ebene ist viel in Bewegung gesetzt worden durch die Empfehlungen an den Papst.
Die Synode ist eine Ermutigung für regionale Lösungen in der Kirche. Was sind für uns in Deutschland die besonderen regionalen Herausforderungen? Was sind mögliche Lösungen?
In unseren Breiten ist die Verdunstung des Glaubens eine große Herausforderung, verbunden mit einem nicht zu leugnenden Traditionsbruch. Das Christentum wird in absehbarer Zeit in eine Minderheitenposition geraten, auf die sie sich langfristig, schöpferisch und nicht resignativ einstellen muss. Der Priestermangel entfremdet die Menschen noch mehr von der Eucharistie und den anderen Sakramenten. Kirche wird nicht mehr überzeugen können, wenn nicht Frauen mehr und stärker in Diensten und Ämtern die Kirche entscheidend mitgestalten. Insofern sind die Themen Evangelisierung, Verständnis und Lebbarkeit des priesterlichen Dienstes und auch die Frage nach dem Diakonat der Frau von hoher Bedeutung.
Wäre ein nächster Schritt nach dem synodalen Weg eine Synode für die deutschsprachigen Länder oder (West-)Europa? Was könnte das zentrale Thema einer solchen Synode sein?
Zunächst einmal muss der Synodale Weg gut gelingen und zu namhaften Voten und Beschlüssen führen. Dann sollte die Antwort aus Rom genauso synodal sein wie der bis dahin zurückgelegte Weg. Das alles könnte dann zu einer regionalen Bischofssynode führen für den europäischen Kulturraum, nicht nur für Deutschland allein. Das zentrale Thema müsste sein: Wie können Christen in dieser so geprägten Region und Zeit glaubwürdig ihren Glauben leben? Was braucht eine Kirche für die Evangelisation unter den derzeitigen und künftigen Bedingungen? Wie können Christen dazu befähigt und begleitet werden?
Zwei wichtige Ergebnisse der Amazonassynode sind die Empfehlungen zur Priesterweihe verheirateter Diakone und einer stärkeren Rolle von Frauen. Sind diese Positionen auf Deutschland übertragbar?
Sie sind nicht eins zu eins übertragbar, weil die Voraussetzungen sehr verschieden sind. Sie öffnen aber den Horizont für einen vielleicht ergänzenden Typus von Priester mit Familie und Beruf, damit wir in unseren Breiten die Beziehung besonders zur Eucharistie, aber auch zu den anderen Sakramenten erneuern und vertiefen können. Für die Rolle der Frauen in unserer gesellschaftlichen und kirchlichen Situation sind die Empfehlungen Rückenwind für die bisherigen Bemühungen.
Das Abschlusspapier der Synode zeigt, dass Glaubensvertiefung und -weitergabe nicht nur mit politischen und ökologischen, sondern auch mit kirchlichen Strukturfragen verbunden sind. Das ist zunächst eine Bestätigung der Themen des synodalen Wegs. Dennoch: Derzeit dominieren dort Strukturfragen. Müsste nicht die Gottes- und Glaubenskrise stärker im Mittelpunkt stehen?
Ich wehre mich gegen ein falsches Gegenüber von Strukturfragen und inhaltlichen Fragen, weil das Leben nun einmal untrennbar aus Struktur und Inhalt besteht. Wir können nur glaubwürdig Zeugen sein, wenn äußere und innere Bedingungen dahin gestärkt werden, ganzheitlich für das Heil der Menschen zu wirken. Was nützen die tiefsten geistlichen Überlegungen, wenn es Barrieren gibt, die den heutigen Menschen gar nicht erst in die Reichweite von Glauben kommen lassen. Und was nützen die ausgefeiltesten und schönsten Strukturen, wenn der Inhalt nicht überzeugend ist und nicht durch lebendige Personen über-ge-zeugt werden kann. Auch hinter den derzeitigen Themen der synodalen Foren, die die Lehre von der Sakramentalität der Kirche und des Amtes, das Miteinander von Frauen und Männern sowie das Grundprinzip der Liebe in Sexualität und Partnerschaft umfassen, stehen tiefe Fragen des Gottesbildes, der Auffassung von der Menschwerdung Gottes und des Wirkens des Heiligen Geistes in Kirche und Welt. In diesen Tiefen und diesen geistlichen Zusammenhängen wollen wir unsere Themen ja auch gemeinsam behandeln.
Ulrich Waschki