Erzbischof wendet sich an Rom

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Im Streit um die Kölner Missbrauchs-Aufarbeitung gibt es weiterhin Vorwürfe gegen den Ex-Personalchef Stefan Heße. Der Erzbischof von Hamburg lässt jetzt seine Funktion beim ZdK ruhen und hat Rom über die Lage berichtet. 

Erzbischof Stefan Heße am Mikrofon
Erzbischof Stefan Heße. Foto: kna

Dass es in Deutschland flächendeckend sexuellen Missbrauch durch Priester gegeben hat, ist eindeutig. Aber wer hat Schuld, dass es so kommen konnte? Im Visier der Öffentlichkeit stehen heute ausgewählte Kirchenmänner – unter anderem Erzbischof Stefan Heße. Heße stand als Leiter der Kölner Abteilung Seelsorge-Personal zwischen 2006 und 2012 zwar nur in der dritten Reihe der Entscheider. Aber er ist heute Erzbischof von Hamburg und damit ein „Spitzenvertreter“ der Kirche. Bei einem Rücktritt, den offensichtlich viele gern sähen, wäre es das erste Mal, das ein Bischof sein Amt wegen des Missbrauchsskandals aufgibt. 

Konkret betreffen die Vorwürfe gegen Stefan Heße zwei Fälle, mit denen er in Köln befasst war: Es geht einmal um einen heute 69-jährigen Priester, der sich in den 1990er Jahren an seinen minderjährigen Nichten vergangen haben soll. Der zweite Fall betrifft einen heute 87-jährigen Priester, der zweimal strafrechtlich verurteilt wurde, danach aber in den Bistümern Köln, Münster und Essen als Seelsorger gearbeitet hat. 

Heße will nicht „Richter in eigener Sache sein“

Laut Zeitungsberichten soll Heße eine kirchliche Ahndung behindert haben. Die Berichte stützen sich auf zwei Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei, die ausgewählte Kölner Missbrauchsfälle untersuchen sollte. Die Studien sind aber nicht veröffentlicht, die Vorwürfe sind also nicht für jeden nachprüfbar. 

Erzbischof Heße hat wiederholt den Anschuldigungen widersprochen, zuletzt am Freitag in einer Erklärung vor dem Zentralkomittee der deutschen Katholiken, dessen „Geistlicher Assistent“ er ist. „Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs habe ich stets nach bestem Wissen und Gewissen vorangebracht. Deswegen schließe ich für mich persönlich jegliches Vertuschen ausdrücklich aus. Dass auch mir Fehler unterlaufen sein können, kann ich nicht ausschließen und das habe ich von Anfang an wiederholt deutlich gemacht. Möglicherweise habe ich – erst recht unter heutigen Bewertungsmaßstäben – manches nicht bzw. nicht genügend im Blick gehabt.“ Erzbischof Heße lässt sein Amt im ZdK ruhen und hat den Präfekten der römischen Bischofskongregation über seine Position unterrichtet. 

Dazu erklärt er: „Die seit Monaten öffentlich geführte Debatte über meine Zeit in Köln belastet nicht nur mich persönlich, sondern auch die Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum. Aus Sorge um das Erzbistum Hamburg sehe ich es daher als meine Pflicht an, die römischen Stellen sowohl über die aktuelle Situation als auch über die im März vorliegenden Untersuchungsergebnisse aus Köln zu unterrichten. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich nicht Richter in eigener Sache sein kann, sondern die Instanz um Prüfung bitte, die mich in mein Amt als Erzbischof eingesetzt hat.“

Text: Andreas Hüser