Frauen predigen

"Es ist jetzt endlich an der Zeit"

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Dass Frauen im Hochamt am Sonntag predigen, gibt es bisher meist nur als Ausnahme bei besonderen Aktionswochen. Im Kirchspiel Emsbüren soll das nun zu einer guten Gewohnheit werden – auf Initiative des Pfarrers.


Maria Mönch-Tegeder gehört zu den Frauen, die künftig regelmäßig im Kirchspiel Emsbüren predigen. Foto: Gisbert Mönch-Tegeder

Besonders nervös wirkt Maria Mönch-Tegeder gar nicht, wenn sie auf das zweite Maiwochenende blickt. Dann wird die 45 Jahre alte Lehrerin in der katholischen Kirche in Emsbüren die Predigt zu einer Schriftstelle aus dem Johannesevangelium halten. Nicht in einem Wortgottesdienst, sondern in allen drei Wochenendmessen. Nicht nur sie, sondern weitere drei Frauen im ganzen Kirchspiel. Und das soll keine Ausnahme bleiben, sondern künftig regelmäßig in den vier Kirchen der Pfarreiengemeinschaft passieren. 

Die Initiative dazu geht von Pfarrer Stephan Schwegmann aus. Dem Seelsorger war es schon lange wichtig, dass verschiedene Menschen predigen: mit ihrer Sichtweise auf Gottes Wort, in ihrer Sprache, aus ihrem Lebensumfeld. „Sonst wäre es nur eine Perspektive auf das Evangelium. Jede und jeder ist dazu auskunftsfähig.“ Und nicht erst seit den Aktionswochen des Bistums zur Laienpredigt in 2020 und 2021 hat er sich immer öfter die Frage gestellt: Warum sollen eigentlich nur Männer predigen? „Das leuchtet mir überhaupt nicht ein“, sagt Schwegmann und findet dieses Thema dringlicher denn je. „Wenn eine Frau Bundeskanzlerin wird und das wunderbar macht, dann ist es nicht mehr zu vermitteln, dass Frauen nicht predigen dürfen. Das verstehen die Leute doch gar nicht mehr.“

Und deshalb soll dieser Predigtdienst von Frauen in Emsbüren, Elbergen, Listrup und Engden keine Sonderaktion sein, sondern mit der Zeit völlig normal werden. Schwegmann wünscht sich, dass in einigen Monaten niemand mehr groß darüber redet, ob nun ein Mann oder eine Frau das Evangelium ausgelegt hat. Sondern nur noch darüber, ob die Predigt die Zuhörerinnen und Zuhörer angesprochen hat. 

Der Pfarrer weiß, dass dieser Vorstoß kirchenrechtlich umstritten ist. „Wir bewegen uns in einer Grauzone“, sagt er. Aber für ihn ist es „jetzt endlich an der Zeit, das zu tun“. Schwegmann macht sich stark für Veränderungen in der Kirche, aber „es muss nicht alles von oben kommen. Wir können vor Ort bestimmte Dinge ausprobieren und in kleinen Schritten mutig vorangehen“. 

Nicht nur Frauen, sondern generell mehr Laien, die predigen

Bislang stehen in der ersten Jahreshälfte drei solcher Predigttermine im Kalender, und auch nach den Sommerferien sind laut Schwegmann drei weitere Wochenenden angedacht. Bislang machen zwei Frauen aus dem pastoralen Team und zwei ehrenamtlich aktive Frauen mit. Schwegmann möchte diesen Kreis gern erweitern. Er kann dabei gut akzeptieren, dass jede von ihnen eigene Schwerpunkte bei der Predigt setzt: mal mehr theologische Auslegung, mal mehr die Übertragung ins eigene Leben. „Das ist schließlich ein persönliches Glaubenszeugnis.“ 

So empfindet es auch Maria Mönch-Tegeder. „Ich gebe dabei etwas von mir ab.“ Sie kommt aus Emsbüren-Mehringen, engagiert sich im Liturgieausschuss und als Lektorin, unterrichtet Deutsch und katholische Religion an der Johannesschule in Meppen. Schon viermal hat sie in den vergangenen Monaten gepredigt – auch bei der Aktionswoche im September vergangenen Jahres (siehe auch „Termin“). „Wir möchten etwas ändern und als Kirche in alle Richtungen offener werden“, sagt sie. „Dann müssen wir auch in der eigenen Gemeinde damit anfangen.“ Denn ihr ist es wichtig, dass nicht nur über Strukturen geredet wird, sondern dass eben diese Strukturen auch „mit guten Inhalten gefüllt werden und wir nicht vergessen, dass wir eine frohe Botschaft haben“. Zugleich hofft Mönch-Tegeder, dass mit diesem Predigtdienst im Kirchspiel die Rolle der Laien überhaupt ein größeres Gewicht bekommt.

Wie sie sich vorbereitet? Die Pädagogin liest sich die Schriftstelle mehrfach durch, schreibt Ideen und Gedanken dazu auf, schaut sich Hintergrundinformationen an, recherchiert zusätzlich in Büchern und im Internet, spricht mit Freundinnen oder Freunden darüber. Und überlegt, ob Ereignisse aus ihrem Leben oder aktuelle Nachrichten dazu passen. Das alles ist nicht mal eben schnell nebenbei gemacht, sondern kann sich über mehrere Tage erstrecken. „Es setzt sich am Ende aus vielen Puzzlesteinen zusammen“, sagt sie. „Und ich lerne dabei viel – auch über meine persönliche Gottesbeziehung.“

Grundsätzlich würde sich Maria Mönch-Tegeder wünschen, dass künftig nicht nur Frauen, sondern dass generell mehr Laien predigen – vielleicht nach einer entsprechenden Fortbildung. Aber zugleich würde sie es nicht richtig finden, wenn die Latte für solch einen Predigtdienst zu hoch gelegt wird. „Die Bibel hätte keinen Wert, wenn sie nur studierte Leute verstehen würden. Es ist wichtig, dass verschiedene Menschen mit verschiedenen Lebenserfahrungen erklären, was ihnen die Heilige Schrift bedeutet.“

Petra Diek-Münchow


Predigtwerkstätten für Aktionswoche

Auch in diesem Jahr sind erneut ehren- und hauptamtlich engagierte Frauen und Männer eingeladen, in den Gottesdiensten in der Woche vom 11. bis 18. September Gottes Wort zu verkünden und auszulegen. Zur Vorbereitung auf diese Aktionswoche bieten die Frauenseelsorge und der Bereich Liturgie im Bistum Osnabrück mit dem Bibel-Forum/Haus Ohrbeck und Pater Franz Richardt verschiedene Predigtwerkstätten an. 

Dabei bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Grundkenntnisse der Predigtlehre, verschiedene Zugänge zu den biblischen Texten und hilfreiche Tipps für die Gestaltung in der Gemeinde. Es gibt dafür sowohl Online- als auch Präsenzkurse in Lingen. Weitere Informationen und Anmeldungen umgehend per E-Mail: m.hengehold@bistum-os.de

Die Teilnahme vor Ort kostet 45 Euro, online sind es 30 Euro.