Fast wie eine Wallfahrt

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Viele Kirchen werden unter den jetzigen Abstandsregeln zu klein: Pro Gottesdienst sind nur wenige Gläubige zugelassen. Die Pfarrei Heilige Edith Stein hat eine andere Lösung. Sie setzt auf viele Freiluft-Gottesdienste

Schmiedeeiserne Parkbänke sind normalerweise nicht die typischen Kirchenbänke. In der Freiluftmesse in Hagenow sind sie ideal. Mann kann Abstand halten und mit seinem Ehepartner zusammensitzen.
Schmiedeeiserne Parkbänke sind normalerweise nicht die typischen Kirchenbänke. In der Freiluftmesse in Hagenow sind sie ideal. Mann kann Abstand halten und mit seinem Ehepartner zusammensitzen. Foto: Antonia Schindler

Sonntag, 17. Mai: Einer der ersten Gottesdienste nach der Corona-Sperre. Viele Gemeinden haben unterschiedliche Modelle, wie sie feiern. In Ludwigslust sind die Katholiken in der großen evangelischen Stadtkirche zu Gast. Aber in drei Kirchen der Pfarrei, in Boizenburg, Wittenburg und Hagenow, gibt es Messen unter freiem Himmel, wo deutlich mehr Gläubige zusammenkommen dürfen als in den Kirchen. 55 Gemeindemitglieder sind an diesem Sonntag zum Gottesdienst neben der Kirche St. Elisabeth gekommen. Ohne vorherige Anmeldung, aber jeder Teilnehmer trägt seinen Namen in eine Liste ein und desinfiziert sich die Hände.

Ein provisorischer Altar ist ein paar Stufen erhöht im Eingangsbereich des Gemeindehauses wenige Meter neben der Kirche aufgebaut worden. Die Teilnehmer des Gottesdienstes sitzen auf Bänken – mit Abstand. Dafür sorgen Zettel, die auf die Sitzflächen geklebt wurden. Es dürfen maximal drei Leute auf einer Bank sitzen und eng nebeneinander nur, wer in einem Haushalt lebt. Ein Mund-Nasen-Schutz ist hier draußen nicht Pflicht. 

Die Stimmung unter den Gemeindemitgliedern ist fröhlich. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, es ist nicht kalt. Heute gibt es außerdem noch eine weitere Besonderheit: der neue Pfarradministrator der Pfarrei „Heilige Edith Stein“, Pfarrer Thomas Hoffmann, hält seinen ersten Gottesdienst. 

„Wir müssen wieder als Hoffende sichtbar werden“

Er erzählt, dass er vor mehr als 20 Jahren in Wittenburg ein paar Jahre Kaplan war. Dadurch kennt er die Gegend im Südwesten Mecklenburgs, natürlich auch die Kirchen und auch die Hagenower Gemeinde. Auch einige Gesichter, die er in den vergangenen Tagen wiedergesehen hat, waren ihm noch von damals im Gedächtnis geblieben.

In seiner Predigt geht um Hoffnung – gerade in diesen Zeiten. „Wann wurden Sie das letzte Mal nach Ihrer Hoffnung gefragt? In Gesprächen mit Mitmenschen, die nicht christlich sind, werden wir nicht nach unserer Hoffnung gefragt. Wir kennen Antworten auf Fragen, die nicht gestellt werden. Wir müssen wieder als Hoffende sichtbar werden.“, so Hoffmann. 

Am Ende des Gottesdienstes bedankt er sich für die freundliche Aufnahme. Die Gottesdienst-Teilnehmer räumen danach die Bänke weg und stehen noch zusammen und unterhalten sich. Natürlich mit Abstand. Margherita Lidzba freut sich, dass es endlich wieder die heiligen Messen gibt, nicht nur auf dem Bildschirm. „Es ist richtig befreiend, wieder Gottesdienste feiern zu können. Das hat mir sehr gefehlt. Und es ist doch auch schön, hier draußen in der Sonne“, sagt sie und lacht. Dann greift sie sich eine der letzten Bänke, klappt sie zusammen und trägt sie zu den anderen. Auch Waltraud Abramowski strahlt: „Das ist fast wie eine Wallfahrt. So eine tolle Stimmung kommt sonst in Dreilützow auf!“

In den kommenden Wochen werden immer wieder Gottesdienste draußen stattfinden, aber nicht regelmäßig. „Am vergangenen Sonntag waren wir froh, dass wir nicht draußen waren“, sagt Pfarrer Hoffmann. Er habe den Gemeindeteams die Entscheidung überlassen, ob die Messe drinnen oder draußen gefeiert wird. „Wir müssen in dieser Zeit eben auch Flexibilität lernen.“ Die Pfarrei gibt auf ihrer Internetseite und natürlich mit Aushängen an der Kirche bekannt, welche Messen draußen abgehalten werden und welche drinnen. Denn für letztere werden die Gemeindemitglieder gebeten, sich vorher telefonisch anzumelden.

Text u. Foto: Antonia Schindler