Bischof Dominicus leistet Treueid
Fest stehen zum Staat
Foto: Matthias Petersen
Wir springen zurück ins Jahr 1929. Damals handelte das Land Preußen mit dem Heiligen Stuhl im Vatikan einen Vertrag über die gegenseitige Zusammenarbeit aus. Den Vertretern des Staates war es wichtig, die Kirche zu kontrollieren. So rangen sie ein Versprechen der Bischöfe ab, dass diese treu zum Staat stehen sollten. Deshalb schwören die niedersächsischen Diözesanbischöfe in Hildesheim und Osnabrück vor ihrem Amtsantritt der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Niedersachsen Treue.
Ministerpräsident Stephan Weil hat ins Gästehaus der Landesregierung in Hannover geladen. Er kommt durch eine Seitentür in den Saal, an dessen Front die Banner des Landes sowie des Bistums Osnabrück aufgehängt sind. Ein kurzer Gruß des Landesvaters, dann muss er aber noch ins Obergeschoss, "meine Rede holen", wie er sagt. Unter den Gästen - Landespolitiker der Regierungsparteien und Vertreter des Bistums Osnabrück sowie Felix Bernard, der als Leiter des Katholischen Büros den Kontakt zur Politik hält - herrscht fast ein andächtiges Schweigen. Da bemerken einige einen dunklen Schmetterling, der geschmeidig durch den Raum schwebt. "Ist das vielleicht der Heilige Geist?", fragt jemand.
Dann taucht Stephan Weil wieder auf. Er begrüßt seine Gäste und hebt an zu einer Lobeshymne auf die in seinen Augen gute Zusammenarbeit mit den Kirchen. Es gehe freundlich zu, manchmal sogar freundschaftlich, "komplett problemfrei", sagt er. Da gehe es nicht in erster Linie um rechtliche Fragen, sondern um eine ausgeprägte Wertegemeinschaft. Weil weist auf Trennlinien hin, die Bibel sei nicht das Grundgesetz, die Kirche nicht der Staat. Aber es gebe eben eine Reihe von Schnittmengen, es existiere ein gutes Fundament, auf dem einzelne Dinge besprochen werden könnten. "Beim Ausgangspunkt und beim Ziel haben wir keinen Dissens."
Bei den Staatsleistungen können die Kirchen entspannt bleiben
Und dann unterstreicht der SPD-Politiker noch einmal seine Ansicht zu den Staatsleistungen an die Kirchen und wiederholt das, was er unlängst bereits dazu von sich gegeben hat: Die Länder hätten keine Interesse daran, jetzt zu einer Ablösung der jährlichen Gelder zu kommen, die fließen, weil die Kirchen Anfang des 19. Jahrhunderts enteignet wurden. Fast entschuldigend klingen Weils Worte, es gebe nur wenige öffentliche Ausgaben, bei denen die Nutzung der Gelder so sinnvoll sei wie bei den Kirchen. Was die Staatsleistungen angehe, könnten die Kirchen "entspannt bleiben".
Danach beginnt der Hauptakt der Veranstaltung, der neue Osnabrücker Bischof Dominicus Meier nimmt eine Ausgabe der Verfassung in die Hand, Stephan Weil präsentiert vor ihm die Eidesformel, damit der Bischof die Worte ablesen kann. Das wirkt fast wie in der kirchlichen Liturgie, und Stephan Weil bestätigt das auch: "Ich war doch mal Messdiener." Ganz ruhig spricht der Bischof, ganz ohne Anspannung.
"Wir sind auf ähnlicher Wellenlänge"
Dann kommt sein Statement an die Reihe. "Wir sind auf ähnlicher Wellenlänge", sagt er mit Blick auf die Vertreter der Landesregierung und schreibt der Politik wie der Kirche einige Dinge ins Stammbuch. "Wir werden weniger", sagte er mit Blick auf die Zahl der Kirchenmitglieder. Damit werde sich die Rolle der Kirche in der Gesellschaft und ihr Beitrag für das Gemeinwohl verändern. Zwar blieben viele kirchliche und caritative Einrichtungen unverzichtbar, aber es werde deutlich schwerer, diese "in so großer Zahl aufrecht zu erhalten. Wir haben als Verantwortliche in unsrem Land und in der Kirche nicht mehr viel Zeit, über Struktur- und Finanzprobleme zu diskutieren." Die Not der Menschen wachse unaufhörlich.
Angesichts politischer Diskussionen warnt Bischof Dominicus vor "Abschottung und Nationalisierung". Diese seien keine Grundlagen für gelingendes Leben und eine gemeinsame Zukunft. Deutschland müsse auch zum Wohl der eigenen Bürger offen sein für den Schutz von Migranten und Hilfesuchenden. (mit kna)