Aktion „Maria 2.0"

Frauen treten in den Kirchenstreik

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Gegen Missbrauch und Ausgrenzung von Frauen in der Kirche wendet sich eine freie Initiative von Münsteraner Katholikinnen: Sie ruft Frauen auf, eine Woche lang keine Kirche zu betreten. Auch Gruppen in unserem Bistum beteiligen sich daran vom 11. bis 18. Mai – unter anderem in Osnabrück, Fürstenau und Twistringen.


Frauen protestierten bereits bei der Deutschen Bischofskonferenz im März dieses Jahres in Lingen. Jetzt beteiligen sich auch viele an der Aktion „Maria 2.0". Foto: Gerold Meppelink

Entscheidungsträger in der katholischen Kirche sind die Männer, aber wenn man sich umschaut, sieht man überwiegend Frauen in den Kirchenbänken, heißt es im Pfarrbrief der Pfarreiengemeinschaft Fürstenau. Deshalb soll jetzt deutlich gemacht werden, was passiert, wenn die Frauen eine Woche lang nicht erscheinen: als Lektorin, Katechetin oder Chorsängerin. So erklärt der Pfarrgemeinderat Fürstenau, warum man sich der Aktion „Maria 2.0“ anschließt, in der Frauen vom 11. bis 18. Mai keine Kirchen betreten. In Fürstenau findet parallel zum Sonntagsgottesdienst am 12. Mai ein Frauengottesdienst im Pfarrheim Canisiushaus statt. Treffpunkt ist um 10.30 Uhr vor dem Schloss.

Auch in Osnabrück wird es Aktionen geben. In der Domgemeinde bereitet ein Team von ehrenamtlich aktiven Frauen eine Mahlfeier neben dem Dom (Brautportal) vor: am Sonntag, 12. Mai, ab 11.30 Uhr parallel zum Familiengottesdienst. Die Teilnehmerinnen sind aufgefordert, in weißer Kleidung zu erscheinen, als Zeichen für einen Neuanfang in der Kirche, sagt Katharina Hubrich vom Standort Eversburg der Domgemeinde.

Wie Hubrich erläutert, wird es auch eine Klagemauer geben, an der die Frauen Zettel mit Bitten, Wünschen und Dankesworten anbringen können. Außerdem gibt es die Möglichkeit, ein Labyrinth zu erwandern und sich an einer Unterschriftenaktion mit einem Schreiben an den Papst zu beteiligen. Im Stadtteil Schinkel wollen Frauen den Gemeindegottesdienst nicht mitfeiern. Sie stehen aber vor der Kirche Heilig Kreuz und wollen mit den Gottesdienstbesuchern ab 11.30 Uhr ins Gespräch kommen.

Ein stillschweigender Austritt ist für die Frauen keine Option. Vielmehr kämpfen sie für eine Kirche, in der es allen Gläubigen Freude macht, Teil dieser Kirche zu sein – auch in der Pfarrei St. Anna Twistringen. Dort machen Frauen an den vier Kirchenstandorten Bassum, Harpstedt, Marhorst und Twistringen mit und fordern den radikalen Wandel und Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern. „Als ich vor einigen Wochen einen kurzen Bericht über ,Maria 2.0‘ gesehen habe, traf er genau mein Befinden – meine Wut und meine Traurigkeit über Missbrauch, Machtstrukturen und die Stellung der Frau“, sagt Initiatorin Maria Stenner-Dieckmann. Sie und die anderen Frauen wollten gegen die Struktur protestieren, die sie seit Tausenden von Jahren draußenhalte – nicht gegen Gott oder Christus, wie sie betonen. Im Gegenteil.

Glocken laden zu Protest, Klage und Gebet ein

In den Kirchen der Twistringer Pfarrei sollen weiße Tücher (Weiß für Trauer, Mitgefühl, Neubeginn) liegen, wo sonst die Frauen sitzen. In Bassum findet am Dienstag, 14. Mai, um 19.15 Uhr eine Gebetsstunde vor der Kirche statt. In Marhorst ist am Samstag, 18. Mai, um 17.30 Uhr eine Wortgottesfeier vor der Kirche. Ebenfalls eine Wortgottesfeier ist am Sonntag, 12. Mai, um 11 Uhr im Innenhof der Kirche St. Anna in Twistringen. Von Montag, 13. Mai, bis Samstag, 18. Mai läuten jeweils um 18.18 Uhr die Glocken, die zum Protest und zur Klage einladen aber auch zum Gebet. Am Sonntag, 19. Mai, um 11 Uhr findet in Twistringen eine Mahnwache statt.

Der Diözesanvorstand der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) unterstützt die Anliegen von „Maria 2.0“ und begrüßt die Aktionen engagierter Frauen. Etwas Offizielles plane die kfd im Bistum Osnabrück allerdings nicht, da sie sich bereits rund um die Unterschriftenaktion „#MachtLichtAn“ und den Schweigemarsch zur Bischofskonferenz in Lingen konzentriert habe, erklärt kfd-Diözesanreferentin Katrin Brinkmann. Man wolle den Verantwortlichen im Bistum erst einmal Zeit einräumen, zu reagieren, heißt es dazu auch von der kfd in Bremen.

Bischof Franz-Josef Bode regt inzwischen eine neue Diskussion über den Zölibat an: „Meiner Meinung nach müssen wir die Verbindung von Zölibat und Priestertum bedenken“, sagte er in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er könne sich Priester mit Familie und Zivilberuf vorstellen, „ähnlich wie unsere Diakone, von denen einige verheiratet und berufstätig sind“. Allerdings bleibt er dabei, dass das Gebot der Ehelosigkeit für katholische Geistliche seinen „hohen, angemessenen Wert“ behalten und nur durch „andere priesterliche Lebensformen ergänzt“ werden sollte. Der Bischof sprach sich auch dafür aus, dass Frauen künftig als Diakoninnen arbeiten können. (kol/asa)


Hintergrund

„Maria 2.0": Was steckt dahinter?

Während des Kirchenstreiks betreten Frauen keine Kirche und verrichten keine Dienste. Sie gestalten den Streik aktiv mit Gottesdiensten auf den Kirchplätzen und vor den Kirchentüren. Symbolisch drücken die Frauen mit weißen Betttüchern ihre Trauer und Mitgefühl, aber auch die Hoffnung auf einen Neuanfang aus. Die weißen Tücher können beschrieben, bemalt, zu langen Ketten verknotet oder auf andere Weise kreativ zum Einsatz kommen. Zu allen Aktionen sind auch Männer eingeladen.

In einem offenen Brief an den Papst fordern die Frauen kein Amt mehr für diejenigen, die andere geschändet haben an Leib und Seele oder diese Taten geduldet oder vertuscht haben, die selbstverständliche Überstellung der Täter an weltliche Gerichte und uneingeschränkte Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden,Zugang von Frauen zu allen Ämtern der Kirche, Aufhebung des Pflichtzölibats und kirchliche Sexualmoral an der Lebenswirklichkeit der Menschen auszurichten.