Christlicher Religionsunterricht
Freude über "mutigen Weg"
Bis Jahresende wollen die Kirchenleitungen in Niedersachsen entscheiden, ob sie mit dem Land Verhandlungen für eine neue Form des Religionsunterrichts führen wollen. Der Kultusminister hat schon mal ein Lob ausgesprochen.
Die christlichen Kirchen in Niedersachsen wollen den Religionsunterricht an allgemeinbildenden und Berufsbildenden Schulen im Land auf eine neue Basis stellen. Nicht mehr nach Konfessionen getrennt soll unterrichtet werden, sondern grundsätzlich geneinsam. Deshalb soll das neue Fach „Christlicher Religionsunterricht“ genannt werden. Ein Kürzel gibt es auch schon: CRU.
Rund 200 evangelische und katholische Religionslehrkräfte und Schulvertreter aus Niedersachsen haben kürzlich über den weiteren Kurs auf dem Weg zu einem CRU beraten. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) unterstützte dabei das von den Kirchen geplante Modell. „Ich finde diesen Weg ausgesprochen mutig und richtig“, sagte er bei dem Kongress. Der in Niedersachsen eingeschlagene Weg sei bundesweit einzigartig.
Winfried Verburg, Leiter der Schulabteilung im Bistum Osnabrück, freut sich über ein solches Urteil. Bis zum Jahresende wollen sich die Leitungen der evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer darüber verständigen, ob sie tatsächlich das Land zu offiziellen Verhandlungen auffordern wollen. Diese Verhandlungen wären notwendig, denn Religionsunterricht ist eine gemeinsame Angelegenheit von Kirche und Staat. Sollten sich alle Beteiligten auf den CRU einigen, wäre danach noch viel zu tun: Inhalte müssten festgelegt werden, die sogenannten Kerncurricula. Wie zum Beispiel soll mit Unterschieden der Konfessionen umgegangen werden, welche Gemeinsamkeiten sollen in den Vordergrund rücken? Parallel könnten sich Schulbuchverlage bereits an die Veränderungen von Druckerzeugnissen machen. Wann die neue Unterrichtsform in die Schule kommt, sei offen, sagt Winfried Verburg. Ab dem Schuljahr 2025/26, so ist zu hören, ist der Wunsch der Beteiligten.
Offen für alle interessierten Kinder und Jugendlichen
Die evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Niedersachsen hatten im vergangenen Jahr vorgeschlagen, den evangelischen und katholischen Religionsunterricht an den Schulen zusammenzuführen. Dabei sollen evangelische und katholische Schüler gemeinsam unterrichtet und nicht mehr getrennt werden. Das Fach soll zugleich offen für alle anderen interessierten Kinder und Jugendlichen sein.
Ein solcher Unterricht sei aus religionspädagogischer und demografischer Sicht sinnvoll, sagte Tonne jetzt in Hannover. Viele Lehrkräfte, Schüler und Eltern wünschten sich einen solchen Schritt. Er werfe aber zahlreiche organisatorische Fragen auf. Das Kultusministerium werde alle diese Fragen konstruktiv prüfen, versicherte Tonne.
Für die evangelischen Kirchen sagte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit, die religiöse Bildung in der Schule stehe vor tiefgreifenden Veränderungen. Für die Zukunft des Religionsunterrichts sei es deshalb unbedingt notwendig, das Fach weiterzuentwickeln. Die Neuausrichtung sei jedoch „ein komplexes Unterfangen“.
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer betonte, ein solches neues Fach sei eine Chance in einer Zeit, in der die Zahl der Christen abnehme. „Wir können nur Zeugnis geben, wenn wir zusammenstehen“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst. „Es geht nicht um eine Verwischung der Unterschiede, sondern darum, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen für die Zukunft der Gesellschaft.“ Vorurteile und Stereotypen müssten und könnten dabei überwunden werden. Wilmer war vor seiner Zeit als Bischof selbst Schulleiter in Handrup im Emsland und unterrichtete dort auch Religion.
Gemeinsamer Unterricht ein richtiger Schritt
Die evangelische Bildungsexpertin Kerstin Gäfgen-Track sagte: „Die Plausibilität für einen getrennten Religionsunterricht ist schulisch und gesellschaftlich überhaupt nicht mehr vermittelbar.“ Deshalb sei das neue Modell eine Chance: „Es wäre ein Segen für die Schulen.“ Damit werde ihnen auch die Organisation des Unterrichts erleichtert. Religiöse Bildung sei unerlässlich für die Gesellschaft, betonte die Bevollmächtigte der Konföderation: „Nur wenn man voneinander weiß, warum eine Religion, eine Kultur so tickt, können wir in dieser zunehmend multikulturellen Gesellschaft ein gutes Zusammenleben organisieren.“
Für den Landesschülerrat sagte der Vorsitzende Malte Kern, der gemeinsame Christliche Religionsunterricht sei ein richtiger Schritt. „Allerdings sollte dieser Gedanke noch weiter fortgeführt werden“, betonte er. Ein solcher Unterricht könne der Anfang sein für einen Religionsunterricht, an dem alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von einer Religionszugehörigkeit teilnehmen könnten.
Winfried Verburg verschweigt im direkten Gespräch nicht, dass es hier und da auch Vorbehalte gegen den CRU gibt. „Im Religionsunterricht soll sich die Lehrkraft positionieren, das ist ausdrücklich erwünscht“, sagt er und tritt Befürchtungen entgegen, jemand müsse nun Positionen der jeweils anderen Konfession einnehmen, selbst wenn er gar nicht damit übereinstimmt. „Aber wenn die Lehrkraft ihre Position begründet, kann gerade das Lernprozesse anstoßen, die Schülerinnen und Schülern helfen, eigene Überzeugungen zu finden und zu begründen.“ (pe/epd)
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