20 Jahre ökumenisches Seelsorgezentrum der Uniklinik Dresden

Geborgenheit in schwerer Zeit

Image
Vor 20 Jahren wurde das ökumenische Seelsorgezentrum der Uniklinik Dresden eingeweiht. Seither finden Patienten hier einen Ort, um innezuhalten und Kraft zu tanken. Ein Rückblick.

Das Podium wurde an diesem Abend mehrfach neu besetzt. Hier tauschen sich gerade Bischof em. Joachim Reinelt, Professor Thomas Herrmann, Professor Joachim Mehlhorn (Moderator), Sozialminister a.D. Hans Geisler und Landesbischof em. Volker Kreß (von links) aus.    Foto: Vinzent Antal

 

In der nächsten Woche wird an einem geschichtsträchtigen Ort ein geschichtsträchtiges Datum gefeiert. Das ökumenische Seelsorgezentrum am Universitätsklinikum Dresden feiert am ersten Advent sein 20-jähriges Bestehen. Es wurde am ersten Advent 2001 eingeweiht und steht an der Stelle, an der früher die Kirche des Stadtkrankenhauses Johannstadt stand, die am ersten Advent 1901 geweiht wurde.
Peter Brinker (seit 1995 katholischer Krankenhausseelsorger vor Ort) hatte die Verantwortlichen, die in den 90er Jahren die Entstehung des Seelsorgezentrums begleitet und gefördert hatten, eingeladen, um die bewegte Geschichte der Einrichtung zu vergegenwärtigen. Der frühere Rektor der Technischen Universität Dresden, Professor Joachim Mehlhorn, moderierte den Abend, an dem das Podium im Altarraum der Krankenhauskapelle immer wieder neu besetzt wurde.
Zu Beginn sprach der evangelische Pastor i.R. Nikolaus Krause über die frühere „Anstaltskirche“ des Krankenhauses Johannstadt. Es war eine Diakonissenkirche. Die Schwestern betreuten die Kranken pflegerisch und seelsorgerisch. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche bei Luftangriffen zerstört. Trotz der relativ intakten Wände von Kirche und Kirchturm beschloss die Krankenhausleitung 1946 den Abriss. Für einige Jahre dienten die Mauern noch als Kohlenlager. Die Ruine wurde im Frühling 1950 abgerissen. An ihrer Stelle entstand eine Grünfläche.
Pfarrer i.R. Alfred Bock, von 1984 bis 2015 katholischer Krankenhausseelsorger, erinnerte an die Schwierigkeiten, unter denen die Seelsorge in seinen Anfangsjahren stattfand: Keine Möglichkeit, in einer Kapelle Gottesdienst zu feiern, kein Rückzugsraum für persönliche Gespräche mit Patienten ... Später, so ergänzte Brinker, gab es zwar einen Raum der Stille, der aber aufgrund seiner Lage in der oberen Etage eines Altbaus ohne Aufzug für die Patienten kaum erreichbar war. Gottesdienste wurden im Warteraum der Patientenaufnahme gefeiert.
1997 regte die Leitung des  Universitätsklinikums – Ärztlicher Direktor Professor Manfred Wirth, Verwaltungs­direktor Dr. Jörg Blattmann sowie der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Thomas Herrmann – an, ein Gebäude für die Klinikseelsorge zu errichten. Darauf wurde ein ökumenischer Verein gegründet, um Spenden und finanzielle Unterstützung durch die Kirchen und die Klinikverwaltung für das ökumenische Seelsorgezentrum zu generieren und den Bau zu beginnen. Da die Grünfläche, auf der die alte Krankenhauskirche stand, noch unbebaut war, konnte der Neubau auf deren Fundamenten errichtet werden.

Pflege für Körper und Seele notwendig
Der damalige Bischof Joachim Reinelt war von der Idee begeistert, denn „der Mensch steht nicht nur als Maschine oder intelligente Apparatur vor den Medizinern, sondern als Mensch“. Die Ökumene sei damals selbstverständlich gewesen. Hans Geisler, 1990 bis 2002 sächsischer Finanzminister, erinnerte an die Aufbrüche dieser Zeit. Da für jedes der Krankenhäuser, die damals in Sachsen gebaut wurden, ein Raum der Stille eingeplant war, konnte er auch für das Seelsorgezentrum Gelder zur Verfügung stellen.
Zur Überraschung des Bauleiters Peter Goepel gab es nach der Ausschreibung etwa 100 Vorschläge für die Gestaltung des Zentrums. Letztlich bekam der Entwurf des Büros „Kister, Scheidhauer & Groß“ mit Sitz in Dessau und Köln den Zuschlag.  Deren Plan sah für die Kapelle eine schneckenförmige Form unter Verwendung seltener Materialien vor. Die ausführenden Baufirmen stammten aus der Region. Der frühere Krankenhausseelsorger Nikolaus Krause erklärte die Bedeutung dieser Form: Die „Schnecke“ vermittele Geborgenheit und lade ein, sich zurückzuziehen. „Man kommt anders heraus, als man hineingegangen ist und dreht sich nicht um sich selbst. Man kommt heraus mit einer Stille, die auch jenen hilft, denen man begegnet.“
Die aktuelle evangelische Krankenhausseelsorgerin Katrin Wunderwald empfindet es so: „Die Kapelle ist wie eine Höhle, ein bergender Raum, ein Rückzugsort, an dem man sich wieder sammeln kann. Dieser Ort hat zugleich eine eigene Lebendigkeit.“ Sie sei fasziniert, wie viele Menschen in die Kapelle gehen, eine Kerze anzünden oder ein Anliegen aufschreiben. Ähnlich geht es auch dem katholischen Krankenhauspfarrer Christoph Behrens: „Hier schauen Menschen rein, die hier eine Botschaft finden.“ Für Peter Brinker ist vor allem eine Eigenschaft des ökumenischen Seelsorgezentrums wichtig: „Es vermittelt Geborgenheit.“

Das Jubiläum wird am 28. November um 15 Uhr im Seelsorgezentrum gefeiert. Vom Uniklinikum ist ein Video-Stream geplant.

Von Vinzent Antal