Der neue Anstrich von "abseits"

Gegen das soziale Abseits

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Studierende und ihre Professoren vor der Tageswohnung der Wohnungslosenhilfe
Nachweis

Foto: Luzia Arlinghaus

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Das Hauptprodukt bleibt die analoge Ausgabe der „abseits“. Studentinnen und Studenten der Hochschule Osnabrück mit der aktuellen Ausgabe.

Studierende der Hochschule Osnabrück haben einen neuen Internetauftritt und einen Erklärfilm für die Osnabrücker Straßenzeitung „abseits“ entwickelt. Dadurch wird nicht nur die Zeitung bekannter, auch ihre Verkäufer profitieren.

„Ich zeig' mich eigentlich nicht in den Sozialen Netzwerken, aber für ,abseits‘ ist es o.k.“, sagt Nicola. Er verkauft die Osnabrücker Straßenzeitung „abseits“ und hat sich für den neuen Instagram-Auftritt des Magazins vor die Kamera gestellt. „Du musst auch sagen, wo du verkaufst“, ruft Arne Haschke, ein Redakteur der Straßenzeitung, ihm zu. „Beim Dehner Gartencenter“, sagt Nicola. Wie alle Verkäuferinnen und Verkäufer hat er seinen festen Platz, an dem er die aktuelle Ausgabe verkauft.

Weitere Regeln für die Verkäufer sind zum Beispiel, dass sie niemanden direkt ansprechen und zum Kauf drängen sollen. Die Wohnungslosen oder ehemals Wohnungslosen, kaufen die Zeitschriften in der Redaktion, verkaufen sie auf der Straße und dürfen die Hälfte des Geldes behalten. Man erkennt sie an ihren Ausweisen. All das haben Studentinnen und Studenten aus dem Studiengang Media and Interaction Design der Hochschule Osnabrück in einem Video zusammengetragen. Es gehört zu ihrem Projekt mit dem Ziel, „abseits“ bekannter zu machen, vor allem unter Jüngeren. „Wir haben bei unseren Kommilitonen gemerkt: Viele kennen ,abseits‘ gar nicht“, sagt Cathleen Tomé, die das Projekt leitete.

Das Ziel der neuen Website bleibt das Ziel von "abseits"

Der Studiengang mit dem sperrigen Namen Media and Interaction Design vereint drei Bereiche: Grafikdesign, Informatik und Psychologie. Design ist der größte Bereich, erklärt Professorin Michaela Ramm. Durch das Informatikmodul lernen die Studenten zum Beispiel, wie Websites programmiert werden und in Psychologie lernen sie Nutzerverhalten kennen. Außer die Zielgruppe zu verjüngen, wollten die Studenten auch der Absicht von „abseits“ nachkommen: Vorurteile gegenüber Wohnungslosen abbauen und mehr Straßenzeitungen verkaufen. 

„Natürlich ist das ein Geschäft, aber es ist immer ein sehr persönliches“, heißt es dazu im neuen animierten Film, dem Herzstück der Arbeit. Der ist auf der Startseite der ebenfalls neuen Internetseite von „abseits“ zu sehen. Denn für das Projekt haben die Studenten sich aufgeteilt und einen Film, eine neue Internetseite, einen neuen Instagram- und Facebookauftritt, ein E-paper und Aufkleber entwickelt.

Das neue Logo

Die Beiträge auf Instagram und Facebook sollen die Leserinnen und Leser neugierig auf die neue Ausgabe machen. Damit sie der Printausgabe nichts vorwegnehmen, gibt es zum Beispiel nur ein Zitat aus einem Artikel, darunter steht der Hinweis, dass es den ganzen Artikel in der Straßenzeitung gibt. 

Trotzdem sieht man auf den Sozialen Netzwerken anderes als in der Zeitung. Zum Beispiel gibt es Fakten über Wohnungslosigkeit in Osnabrück, die Redakteurinnen und Redakteure stellen sich vor, und vor allem die Verkäuferinnen und Verkäufer selbst treten vor die Kamera.

Was sie erzählen, ist banal. Es geht darum, wie sie heißen oder wie es ihnen geht, doch dadurch entsteht etwas Persönliches, denn der Zuschauer sieht ein Gesicht und hört eine Stimme. „Unser Ziel war, dass man sich mit den Verkäufern identifizieren kann und keine Scheu hat, auf sie zuzugehen, wenn man sie sieht“, erzählt eine Studentin.

Ein E-Paper zum Lesen auf dem Mobilgerät

„Hinter dem Verkauf von ,abseits‘ steckt so viel“, sagt Projektleiterin Tomé. Der persönliche Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer sei ein wichtiger Teil. So kämen die Verkäufer mit Passanten ins Gespräch, und sogar Freundschaften hätten sich daraus schon entwickelt. Eine E-Paper-Version des Magazins mit dem Leser die „abseits“ auch auf ihrem Handy oder Computer lesen können, soll den Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer nicht ersetzen. Deshalb haben sich die Studenten überlegt, dass die Verkäufer neben den Heften auch kleine Visitenkarten mit QR-Codes verkaufen können. Die Karte kann man dann wie das Heft kaufen, den Code scannen und sich die digitale Version der „abseits“ auf sein Gerät laden.

„Immer wenn wir uns getroffen haben, hatten wir neue Ideen. Was wir gemacht haben, war das Mindeste“, sagt Tomé, nachdem ihre Professorin verrät, dass es für die Studienleistung genügt hätte, wenn die Studenten ausschließlich einen Film entwickelt hätten. Im März wurde den Studenten vorgeschlagen, „abseits“ einen neuen Anstrich zu geben. Neben „abseits“ hatten sie auch die Wahl, für Großunternehmen wie OTTO zu arbeiten, aber das wollten sie nicht.

„Ich wusste nicht genau, was auf mich zukommt. ,Soziale Medien‘ und ,alles etwas moderner‘, das war zu Anfang etwas nebulös“, sagt Thomas Kater, der die „abseits“-Redaktion leitet. Deshalb sei er umso dankbarer, dass „abseits“ in Osnabrück nun eine der ersten Straßenzeitungen sei, die einen Erklärfilm haben. Als Nächstes will die Gruppe versuchen, den Clip ins Kino zu bringen „oder er wird in der Halbzeitpause im VfL-Stadion gezeigt“, schlägt Kater vor.
 

Die neue Internetseite von "abseits" mit dem Erklärfilm finden Sie hier

Luzia Arlinghaus