„Geh zu den Menschen!“
Vier Tage vorher besuchte der designierte Bischof von Hildesheim Heiner Wilmer (57) seinen nördlichen Nachbarn im Bischofsamt, den Hamburger Erzbischof Stefan Heße.
Erzbischof Stefan Heße hat am Samstag, 8. September seinem neuen „Amtskollegen“ die Weihe gespendet. Einige Aufgaben teilen sich die Bistümer der „Metropolie Hamburg“ (Hamburg, Hildesheim, Osnabrück).
Der neue Bischof ist selbst (fast) Norddeutscher: Sein Geburtsort Schapen liegt an der Südgrenze des Bistums Osnabrück. Aufgewachsen ist er auf dem Bauernhof seiner Eltern, in einer bodenständigen, handfesten Umgebung. Am Mittagstisch, erzählte der künftige Bischof in einem Interview, saßen nicht nur die Eltern und die vier Kinder, sondern auch die Angestellten des Hofes. Er selbst wollte zuerst Bauer werden wie sein Vater. Aber mit 19 Jahren trat er in den Orden der Dehonianer ein. An einem Gymnasium dieses Ordens – besser bekannt als „Herz Jesu Priester“ – hatte er Abitur gemacht. Seine weitere Laufbahn brachte ihn in die weite Welt: Als Begleiter von Behinderten nach Toronto, als Lehrer in die New Yorker „Bronx“, schließlich nach Rom, wo Pater Wilmer seit 2015 Generaloberer seines Ordens war.
Seine jüngsten Reisen führten ihn durch sein künftiges Bistum. Und zwar zu Fuß: Mit einer Sportjacke bekleidet, Turnschuhe an den Füßen und einem Rucksack auf der Schulter – so ist Heiner Wilmer in den vergangenen Wochen mit Jugendlichen durch sein neues Bistum gepilgert. „Sie sollen mir sagen, wie ich Bischof sein soll“, lautete sein Aufruf. Drei Wochenenden nahm sich der 57-jährige Ordenspriester Zeit, um zuzuhören. So hat er schon vor Amtsantritt ein Signal gesetzt: Als Kirchenoberhaupt will er sich nicht in sein Büro zurückziehen oder hinter dem Altar verstecken, sondern nah bei den Menschen sein.
Damit bleibt er nicht nur sich selbst treu, sondern beherzigt auch einen Rat von Papst Franziskus: „Sei ein Pastor, geh zu den Menschen, sei nah bei ihnen“, soll ihm der Pontifex gesagt haben, als er ihn in einem persönlichen Telefonat im Frühjahr davon überzeugte, das Bischofsamt in Hildesheim anzunehmen.
„Platt is mien Muddersprook“
Das Auftreten des groß gewachsenen Paters stößt schon jetzt auf Begeisterung: Die jungen Pilger loben ihn als „netten, bodenständigen“ Menschen, der gut zuhören kann und „unglaublich offen“ ist. Zu seiner Bischofsweihe und Amtseinführung am 1. September erwartet die Diözese einen vollen Dom. Nicht zuletzt hat sich eine große Delegation aus seiner Heimat im Emsland angekündigt.
Obwohl Wilmer schon lange nicht mehr dort lebt, hat er seine Herkunft nicht vergessen: „Platt is mien Muddersprook“, betonte er in den vergangenen Wochen immer wieder und erzählte Geschichten vom elterlichen Bauernhof, wo er schon als Jugendlicher gerne am Steuer des Traktors saß.
Mit Hildesheim übernimmt er das flächenmäßig zweitgrößte deutsche Bistum (nach Hamburg). Die rund 610 000 Katholiken zwischen Harz und Nordsee leben weit verstreut. „Ich habe den Eindruck, dass hier viele Menschen leben, die kreativ sind und die Ärmel hochkrempeln können“, sagt Wilmer. An seine neue Aufgabe gehe er daher „guten Mutes und angstfrei“ heran.
Auf den Pilgertouren gaben die Jugendlichen dem Kirchenmann einige Wünsche mit: ansprechendere Gottesdienstformen solle er schaffen, die Kirche für die moderne Gesellschaft öffnen und einen nachhaltig orientierten Lebenswandel führen, wenn er künftig statt Jacke und Rucksack Mitra und Bischofsstab trägt. „Das ist kein Problem für mich“, sagt Wilmer. „Ich benötige nicht viel.“ (kna/ahü)
Der Gottesdienst mit der Bischofsweihe fand am Samstag, 1. September um 10 Uhr im Dom zu Hildesheim statt.
Text: Andreas Hüser