Bistumsjubiläum in Dresden
Gemeinsam an 50 Orten gefeiert
Parallel zum Hauptgottesdienst in der Dresdner Kathedrale fanden mehr als drei Dutzend Gottesdienste im ganzen Bistum statt. Es gab Liveschalten zu den anderen Gottesdienstorten oder per Video eingespielte Gottes- dienstelemente wie hier bei den Fürbitten. Fotos: Bistumspressestelle |
Die Parallele ist auffallend: Als das damalige Bistum Meißen 1921 rund 400 Jahre nach seinem Untergang in der Reformationszeit wiedererrichtet wurde, war gerade die weltweit grassierende „Spanische Grippe“ abgeflaut. Zum 100-Jahr-Jubiläum des heutigen Bistums Dresden-Meißen wollten die rund 140 000 Katholiken den runden Geburtstag unter anderem mit einem großen Gottesdienst und anschließendem Programm auf dem Dresdner Elbufer feiern. Doch das Corona-Virus machte es erforderlich, umzudisponieren. Und das Bistum machte aus der Not eine Tugend und demonstrierte damit, welche Kreativität die Kirche vielerorts in den letzten Monaten aufgrund der coronabedingten Einschränkungen entwickelt hat: Unter dem Motto „digital und dezentral“ wurden über ein Video-Konferenz-Modul rund drei Dutzend über das ganze Bistum verstreute Pfarreien, die parallel ihren Gottesdienst feierten, digital in die Hauptfeier in der Dresdner Kathedrale einbezogen. Bischof Heinrich Timmerevers: „Mit über 50 Orten sind wir in dieser Stunde verbunden. Es ist eine digitale Gemeinschaft und ein feierndes Netzwerk über unser ganzes Bistum hinweg.“ Er betonte, die Kirche werde nur wachsen, wenn sie zuvor in die Tiefe gegangen sei: „Kirche braucht Tiefgang und Tiefenbohrungen.“
Bischof Bätzing in der Predigt: „Mit großem Respekt und tiefem Dank schaue ich auf Ihr Glaubenszeugnis.“ |
Zwei Diktaturen: Die äußeren Gegebenheiten waren selten einfach
Unter den Festgästen war der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing. Er sagte in der Predigt: „Mit großem Respekt und tiefem Dank schaue ich auf Ihr Glaubenszeugnis hier in Sachsen und Ostthüringen und auf das lebendige Zeugnis Ihrer Vorfahren, denn die äußeren Gegebenheiten waren selten einfach.“ Er verwies unter anderem auf die Zeiten des Nationalsozialismus und des Kommunismus: „Zwei Diktaturen, für die christliches Leben und Glauben ein Dorn im Auge waren, wurden von den Gläubigen hier als eine Herausforderung im besten Sinn angenommen, ihre innere Überzeugung miteinander zu gestalten und so in aller äußeren Unfreiheit die Freiheit des Denkens und Liebens zu verwirklichen.“
Auch die vergangenen 30 Jahre seit der Friedlichen Revolution und Wiedervereinigung seien nicht einfach gewesen, so Bätzing. Denn die große Hoffnung, „jetzt ein weites Ackerfeld für die Aussaat des christlichen Glaubens bestellen zu wollen und dem Wachstum des kirchlichen Lebens sozusagen zuschauen zu können“, sei bald der Ernüchterung gewichen. „Auch heute braucht es die entschiedene Überzeugung jedes und jeder Einzelnen, um unter den Bedingungen von Freiheit, Pluralismus und säkularem Weltverständnis gläubig zu sein.“
Mit Bezug auf das vielzitierte Wort von Kardinal Reinhard Marx vom „toten Punkt“ der Kirche sagte Bätzing: „Keineswegs hat er die Kirche damit totsagen wollen, ganz im Gegenteil.“ Wichtig seien allerdings nötige Weichenstellungen für die Zukunft der Kirche. Das Beispiel der Stadt Dresden zeige, wie aus „Zerstörung und schrecklichem Untergang neue Energie und neue Schönheit erwachsen können“.
Über 50 Orte im ganzen Bistum Dresden-Meißen waren während des Jubiläumsgottesdienstes über eine Video-Konferenz miteinander verbunden. |
An dem vom MDR-Fernsehen live übertragenen Festgottesdienst nahmen neben entsandten Vertretern aller Pfarreien auch der Berliner Erzbischof Heiner Koch, der aus dem Bistum stammende Bischof Clemens Pickel aus Saratow (Russland) sowie die Altbischöfe Joachim Reinelt (Dresden) und Konrad Zdarsa (Augsburg/Görlitz) teil. Gegenwärtig gehören dem Bistum rund 140 000 Katholiken an, das sind etwa drei Prozent der Bevölkerung.
Zahlreiche Vertreter aller Regionen des Bistums gestalteten den Gottesdienst mit. Liveschalten zeigten mehr als drei Dutzend parallele Gottesdienstfeiern von Gera im Westen bis Ostritz im Osten der Diözese. Fürbitten waren unter anderem auch von Pflegekräften im Krankenhaus sowie von Menschen im Fußballstadion vorgetragen worden. Verschiedene Elemente waren mehrsprachig gestaltet, besonderer Blick lag dabei auf der sorbischen Sprache. Das Bistum Dresden-Meißen ist stark durch die in der Oberlausitz beheimateten katholischen Sorben geprägt. Auch Frauen in der bekannten sorbischen Tracht hatten am Gottesdienst mitgewirkt.
Für die musikalische Gestaltung sorgten unter anderem Sänger der Dresdner Kapellknaben und Dresdner Blechbläser, Mädchen und Jungen des Bistumskinderchors, ein Quartett des sorbischen Gymnasiums Bautzen, die Band GrooveB sowie Thomas Lennartz an der Silbermannorgel.
Ein virtueller Bistumschor sang das Bistumslied
Zum Gesang des Bistumsliedes wurde zudem ein virtueller Bistumschor zusammengestellt: Musikbegeisterte waren eingeladen, sich beim Singen oder Musizieren des Bistumslieds zu filmen. Aus den Einsendungen entstand durch den Zusammenschnitt der vielen Einzelaufnahmen ein großer, virtueller Chor, der im Gottesdienst auf Bildschirmen zu erleben war.
Im direkten Anschluss an den Gottesdienst waren als Aktion der Jugend- und Familienseelsorge etwa 2000 bunte Papierschiffe vor der Kathedrale zu sehen. Gebastelt und zugesandt wurden die Schiffe von vielen Helfern, die damit ein zentrales Motiv des Jubiläumsjahres in die Tat umsetzten.
„100 gute Gründe“ lautet das Jubiläumsmotto zur Wiedererrichtung, das den Blick zum einen auf die „guten Gründe“ zu glauben richten will und zum anderen die Frage stellt, wie Christentum im 21. Jahrhundert glaubwürdig gestaltet werden kann.
(mb/kna/tdh)