Junge Leute im Ehrenamt

„Gerade jetzt können wir gestalten"

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Viele Menschen kehren der Kirche den Rücken. Da fällt es auf, wenn junge Leute ein Ehrenamt übernehmen. Warum sich Pia Focke, Veronika Eilers und Nils Kothöfer engagieren. Und warum sie auch bleiben wollen, wenn der Synodale Weg nicht die Priesterweihe für Frauen bringt.


Pia Focke (links), Nils Kothöfer und Veronika Eilers wollen die Anliegen junger Menschen in der Kirche zur Sprache bringen. Foto: Matthias Petersen

Seit ein paar Wochen gehören sie zum Diözesanvorstand des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ): Pia Focke aus Bad Bentheim, Veronika Eilers aus Hüven und Nils Kothöfer aus Osnabrück. Sie sind alle drei in ihrer Kirchengemeinde großgeworden, waren Messdiener oder Zeltlagerleiter, sind es gewöhnt, sich in vertrauter kirchlicher Umgebung zu bewegen. Warum gerade in dieser Zeit, in der der Kirche wegen des Missbrauchsskandals viele Menschen den Rücken kehren?

Pia Focke holt tief Luft. „Gerade jetzt ist es nötig, sich in der Kirche zu engagieren“, sagt sie. Pia Focke ist 23 Jahre alt, in Bad Bentheim aufgewachsen und hat an kirchlicher Jugendarbeit „alles erlebt, was so dazugehört“, sagt sie. Nach dem Abitur ging sie zum Studium nach Münster, sie ist auf dem Weg, Theologin zu werden. Seit zwei Jahren gehört sie zum BDKJ-Diözesanvorstand.

Die christliche Botschaft, der Glaube an die Auferstehung – das sei alles relevant für die Gesellschaft, sagt Pia Focke. „Gerade jetzt können wir doch etwas gestalten, mit dem Synodalen Weg stehen viele Räume offen.“ Verbände wie der BDKJ könnten neue Formen finden, um jungen Menschen die Frohe Botschaft nahezubringen. „Und das muss heute auf vielfältigere Weise geschehen als noch vor 30 Jahren, als vieles über die Kirchengemeinde lief“, sagt sie. Pia Focke will Dinge ausprobieren und denkt zum Beispiel an das Projekt der Mobilen Kirche, das 2020 im Bistum umgesetzt werden soll.

Verband verbindet: „Man trifft immer bekannte Gesichter"

Veronika Eilers hat im Alter von 30 Jahren schon viele Stationen hinter sich. Sie stammt aus Hüven in der Nähe von Sögel, wo sie „schon immer Kinder- und Jugendarbeit“ gemacht hat, als Messdienerin, Sternsingerin, in der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB). Nach dem Studium kehrte sie in die Heimat zurück, engagierte sich unter anderem als Lektorin, hatte also mehr mit dem Bereich der Erwachsenen zu tun, arbeitete außerdem eineinhalb Jahre in Brüssel. Seit sechs Monaten lebt sie in Osnabrück und wollte sich unbedingt wieder in der Jugendarbeit engagieren. „Das macht unglaublich viel Spaß“, sagt sie und denkt dabei nicht in erster Linie an sich, sondern an junge Menschen, denen sie eine Stimme geben will. „Gerade in einer Zeit, in der gesellschaftlich gesehen alles immer individueller wird.“ Da brauchten junge Leute Vorbilder.

Nils Kothöfer liebt die kurzen Wege in Osnabrück. Er ist in der St.-Joseph-Gemeinde aufgewachsen und kommt auf dem Weg nach Hause schnell mal im Marcel-Callo-Haus neben dem Dom vorbei, wo der BDKJ seinen Sitz hat. Was den BDKJ angeht, bezeichnet er sich als Überzeugungstäter, auch er möchte Sprachrohr sein für junge Menschen. Politische Dinge mit anderen Partnern auf Landesebene voranzubringen, das ist seine Sache: Mit den Verbänden aus dem Bistum Hildesheim und dem Offizialatsbezirk Vechta oder mit dem Landesjugendring zum Beispiel. „Verband verbindet“, sagt Nils Kothöfer und denkt an das soziale Netzwerk, das dahintersteht: „Man trifft immer bekannte Gesichter.“


Auch das ist kirchliche Jugendarbeit: Wenn bei einer 72-Stunden-Aktion
etwas für das Gemeinwohl getan wird. Foto: Sebastian Hamel

Den Synodalen Weg, der im neuen Jahr Fahrt aufnehmen wird, betrachten alle drei mit großem Interesse. Haben sie Wünsche? „Klare Entscheidungen“, gibt Pia Focke zur Antwort. „Das Ergebnis darf nicht sein, dass wir mal drüber geredet haben.“ Dabei will sie aber auch realistisch bleiben: „Es muss uns schon klar sein, dass wir in Deutschland nicht den Pflichtzölibat aufheben und die Priesterweihe für Frauen einführen werden.“ Trotzdem müsse es mit Blick auf den sexuellen Missbrauch zu Konsequenzen für die deutsche Kirche kommen. „Dabei müssen wir dann auch offen sein für Entwicklungen, die sich ergeben. Wir sollten um Entscheidungen ringen und gemeinsam nach der Wahrheit suchen.“

„Ich will mit der zweiten Brille realistisch gucken“

Auch für Nils Kothöfer ist klar, dass „ich mit der zweiten Brille realistisch gucken will“. Andererseits: Warum solle man nicht mal mit einer starken Forderung beginnen, fragt er. Am Ende könne er sich aber nicht vorstellen, dass „alle das Schiff verlassen, wenn zentrale Forderungen nicht erfüllt sind“. Das gelte auch für die Verbände: „Kirche ist schließlich ein wesentlicher Teil des sozialen Umfelds.“

Dass der Synodale Weg an sich eine Bedeutung haben kann, ist für Nils Kothöfer ebenfalls deutlich: „Es wäre gut, wenn die Synodalität, das Gespräch über verschiedene Dinge, zu einer Haltung innerhalb der Kirche werden würde.“ Und noch etwas: auch wenn es die Rolle junger Menschen sein könne, provokante Forderungen einzubringen: „Einen Keil wollen und dürfen wir nicht in die Kirche treiben.“

Matthias Petersen


Zur Sache

Der BDKJ im Bistum kümmert sich derzeit um drei Schwerpunkte:
- Neu gegründet wurde der Arbeitskreis „katholisch.aktiv“, mit dem der BDKJ sein theologisches Profil schärfen will. Jedes Jahr soll es dazu einen Thementag geben.
- Auch wenn es selbstverständlich klingt, weil Jugendliche sich scheinbar bestens auskennen: Auch der BDKJ wird sich intensiv mit der Digitalisierung beschäftigen und die eigenen Leute fit machen im Thema. Zum Beispiel durch „Webinare“ in der Bildungsarbeit, bei denen man sich von zu Hause aus mit anderen vernetzt. Der Diözesanvorstand unterstreicht aber: Jugendarbeit wird auch immer analog bleiben.
- Als fairer Jugendverband möchte der BDKJ einen Schwerpunkt auf das Themenfeld „Kritischer Konsum“ legen. Schonender Umgang mit Ressourcen soll auch auf der unteren Ebene der Mitgliedsverbände eine Rolle spielen. (pe)