Bistumswahlfahrt feiert 25 Jahre Bistum Görlitz
Gesendet, zu evangelisieren!
Die Wallfahrer lauschen einem Konzert von Siegfried Fietz. Fotos: Raphael Schmidt |
Letzter Samstagabend im August: Die Glocken der Neuzeller Stiftskirche läuten um 18 Uhr den Wallfahrts-Sonntag ein. Auf dem Stiftsplatz werden derweil Tische und Bänke geschleppt und nach dem Plan des Seelsorgeamtes angeordnet. Zwei Techniker des katholischen Fernsehsenders EWTN rollen Kabel in Schwarz, Grün, Rot aus, überkleben sie am Fußboden der Stiftskirche mit schwarzem Band: Es soll keine Unfälle geben. Hunderte Stühle stehen vor der Bühne auf dem Platz, auf dem Bildschirm um Bildschirm zu einer großen Bild-Wand werden. Testbilder aus der Kirche flimmern auf. Abdeckplanen werden nicht gebraucht, die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei null Prozent.
Siegfried Fietz beim Konzert auf der Bühne des Neuzeller Stiftsplatzes. |
Die Nacht ist vorbei, der Wallfahrtsmorgen ist angebrochen. Vereine und Verbände bauen ihre Stände auf, präsentieren auf Schautaufeln und mittels Broschüren und Faltblättern ehrenamtliche Arbeit im Bistum Görlitz. Vor 25 Jahren hatte Papst Johannes Paul II. die damalige Apostolische Administratur zum Bistum erhoben. Damit verbunden sein Auftrag: Baut Brücken zu den Menschen, besonders nach Polen. Bischof Wolfgang Ipolt kommt dem Auftrag nach. Zur Jubiläums-Bistumswallfahrt am 1. September hat er Ehrengäste eingeladen, so den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Nikola Eterović, Botschafter von Papst Franziskus in Deutschland, Weihbischof Andrzej Siemieniewski aus der Erzdiözese Breslau (Wroclaw) in Vertretung von Erzbischof Jozef Kupny und Weihbischof Matthias Heinrich aus dem Erzbistum Berlin in Vertretung von Erzbischof Heiner Koch.
Die Wallfahrt stand unter dem Jahresthema des Bistums: „Herr, zeige uns deine Wege!“ Diese Bitte lehnt sich an Psalm 25,4 an. In seiner Predigt sagte der Bischof zu Beginn unter anderem: „In diesem Jubiläumsjahr für unser Bistum dürfen wir bei unserer Bistumswallfahrt dankbar zurückschauen auf den Glaubensweg und das Engagement der Bischöfe und Priester, der Seelsorgehelferinnen und Katecheten, der Ordensleute, die auch schon in den Jahrzehnten vor der Bistumsgründung im Gebiet der Apostolischen Administratur gewirkt haben. Wir dürfen danken für die Familien, die den Glauben ihren Kindern auch in der Zeit des verordneten Atheismus und einer menschenfeindlichen Weltanschauung weitergegeben haben. Der Dank für das Glaubenszeugnis so vieler Schwes-tern und Brüder gehört in diese festliche Eucharistiefeier am heutigen Wallfahrtstag.“ Der Bischof rief dazu auf, sich in der Gesellschaft einzusetzen „für den Schutz des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zum Tod, für die Keimzelle der Gesellschaft – die Familie, für Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, für Solidarität mit den Schwachen und Benachteiligten“.
Besondere Ideen für die besondere Wallfahrt
EWTN.TV übertrug das Wallfahrtshochamt live über das Internet und auf den Großbildschirm auf dem Stiftsplatz. Damit konnte auch der Teil der etwa 1400 Wallfahrer den Gottesdienst mitfeiern, die in der Stiftskirche keinen Platz mehr fanden.
Für diesen besonderen Wallfahrtstag hatte sich Seelsorgeamtsleiter Markus Kurzweil mit seinen Mitarbeitern etwas Besonderes einfallen lassen. Eine Idee setzte Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Seyda seit Monaten um. Er komponierte eine Messe für diesen Tag, studierte sie mit Sängern aus dem Bistum ein oder half dabei, dass sie in Chören der Pfarreien geprobt werden konnten – und er führte sie mit einem einige hundert Stimmen starken Bistumschor vor den Altarstufen auf.
Hartmut Schirmer überreicht das „Salzkorn der Erde“. |
Für die Wallfahrtsstunde waren Siegfried Fietz und sein Sohn Oliver aus Greifenstein bei Limburg angereist. Vater und Sohn gaben ein geistliches Konzert. Bevor das begann, betrat Hartmut Schirmer mit einem großen Salz-Kristall, das auf einen Sockel montiert war, die Bühne. „Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Görlitz verleiht erstmalig den Preis ,Salzkorn der Erde‘“, sagte Diözesanratsvorsitzender Schirmer und erklärte, was es damit auf sich hat: „Der Name ,Salzkorn der Erde‘ sagt schon etwas darüber aus, wofür der Preis verliehen wird. ,Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten‘“, zitierte Schirmer den Evangelisten Matthäus (5,13). „Der Preis ist rein ideell. Er hat keine Dotierung, wohl aber eine Intention“, sagte Schirmer und benannte daraufhin die „Salzkörner der Erde des Jahres 2019, den ArbeitsKreis Integration Cottbus (AKI).“ Namentlich nannte er, rief auf die Bühne und überreichte den Preis an Susanne Adam, Sieglinde Binder, Iwona Cwiek, Claudia Schmidt, Ursula Vierhaus und Johanna Zabka.
DKMD Thomas Seyda dirigiert den Bistums-Chor. |
Der Apostolische Nuntius war vor Beginn der Verleihung aus dem Rollstuhl der Caritas aufgestanden. In den hatte er sich auf Wunsch von Jugendlichen gesetzt, mit einem Schild in den Händen, auf dem steht: „Ich hoffe, dass jemand da ist, der sich um mich kümmert, wenn“. Darüber kam der Nuntius mit den Jugendlichen in ein reges Gespräch. Zuvor war er am Stand der Kirchenzeitung Tag des Herrn. Am Morgen hatte er – ohne zu zögern – zugesagt, bei der Verlosung der Bücher, die der St. Benno Verlag zur Verfügung gestellt hat, die Gewinner zu ermitteln. Auf die Karten in der Gewinnbox waren von den Lesern die vier Sammelabschnitte aufgeklebt worden. Sie ergaben den Spruch: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“. Einen Schirm, auf dem dieser Satz aufgedruckt war, erhielt Nuntius Eterović als Dankeschön.
In der Schlussandacht sagte der Nuntius: „Im Namen des Heiligen Vaters Franziskus, dessen Vertreter ich in der Bundesrepublik bin, übermittle ich euch allen seine herzlichen Glück- und Segenswünsche zum 25-jährigen Bestehen eurer verehrten Diözese“. Franziskus bat, „Grüße und Dank besonders an die Alten und Kranken weiterzutragen, die dem Papst besonders am Herzen liegen“. Der Nuntius appellierte: „Auch wenn die Katholiken im Bistum Görlitz nur einen Anteil von etwa drei Prozent an der Gesamtbevölkerung haben, so muss auch hier ,die Evangelisierung unser Leitkriterium schlechthin sein, unter dem wir alle Schritte erkennen können, die wir als christliche Gemeinschaft gerufen sind, in Gang zu setzen; ,Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche‘ (Franziskus Schreiben Nr. 6). Gerade in einem so kleinen Bistum wie Görlitz liegt es klar auf der Hand, dass wir ohne einen neuen Schwung an Evangelisierung keine Überlebenschance haben“, sagte der Nuntius, bevor die Weihbischöfe aus Breslau und Berlin ihre Grußworte sprachen.
Nach der Abschlussandacht zogen plötzlich dicke Wolken über dem Stiftsplatz auf und leerten sich kurz danach in einem kräftigen Regenguß. Die meisten Wallfahrer waren zu dieser Zeit jedoch bereits auf den Heimweg.
Weitere Informationen, so die Predigt von Bischof Ipolt im Wortlaut, sowie weitere Fotos finden sich unter: www.bistum-goerlitz.de
Von Raphael Schmidt