Was tun bei Demenz?

Gespräche gegen das Vergessen

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Zwei Männer und eine Frau stehen vor einer offenen Eingangstür. Oben der Schriftzug Sankt Josefsheim
Nachweis

Foto: Astrid Fleute

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Sie laden jeden Monat ein zum Gesprächskreis: (v.r.) Diakon Michael Lucas-Nülle, Ruth Schulte-Döinghaus mit einem Teilnehmer. Foto: Astrid Fleute

Im Gesprächskreis für Angehörige von demenziell Erkrankten in Bad Laer stärken sich Betroffene gegenseitig. „Dieser Austausch ist wichtig“, sagt Diakon Michael Lucas-Nülle und wirbt für mehr Offenheit und Verständnis.

Es ist ein schwieriges, ein sensibles Thema. Ist ein Angehöriger an einer Demenz erkrankt, ziehen sich Familien häufig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, isolieren sich. Aus Scham, aus Angst, aus Verunsicherung. Selbst in der eigenen Verwandtschaft, im Freundeskreis, in der sonst so vertrauten Nachbarschaft wird die Erkrankung lange  vertuscht oder totgeschwiegen. 

„Diese Tabuisierung ist ein ganz großes Problem“

Michael Lucas-Nülle ist Diakon in der Pfarreiengemeinschaft Bad Laer und Remsede und kennt derartige Situationen. Häufig trifft er bei seinen Hausbesuchen auf betroffene Familien, auf fehlende Kommunikation und Isolation. „Diese Tabuisierung ist ein ganz großes Problem“, sagt er. „Die Familien sind nicht mehr Bestandteil des Alltags, sie gehen nicht mehr raus, Verhaltensweisen sind ihnen peinlich, sie isolieren sich total.“ Um ihnen helfen zu können, gründete der gelernte Krankenpfleger und Diakon vor eineinhalb Jahren mit Gemeindemitglied Ruth Schulte-Döinghaus einen Gesprächskreis speziell für Angehörige von demenziell Erkrankten. Immer am letzten Mittwoch im Monat um 15 Uhr treffen sich Betroffene für etwa 1,5 Stunden im Pfarrheim „Josefsheim“ in Bad Laer, tauschen sich aus, stärken sich gegenseitig, sprechen über ihre Sorgen und Nöte oder erhalten wertvolle Informationen und Anregungen. Die Teilnehmerzahlen sind nicht groß, auch daran ist die Scham, die diese Erkrankung oft mit sich bringt, zu erkennen. 

"Jeder soll zu Wort kommen"

Die Gruppe ist offen, jederzeit können neue Angehörige dazukommen oder auch wegbleiben, zum Beispiel, wenn der Erkrankte verstorben ist, wenn die Situation zu Hause es erfordert, wenn man gerade nicht sprechen oder zuhören kann. Verschwiegenheit und Vertrautheit wird in der kleinen Runde großgeschrieben. Michael Lucas-Nülle betont: „Wir sind keine Selbsthilfegruppe, sondern ein Gesprächskreis. Es geht um Austausch. Jeder soll zu Wort kommen, jeder kann etwas sagen, muss es aber nicht.“ Manchmal kommen auch Fachreferenten dazu, so waren bereits Vertreter vom Sozialdienst, vom Hospizdienst oder einer Schule für Pflegeberufe zu Gast. 

Die Reaktionen am Ende der Runde sind stets positiv: „Es tut gut, über alles zu sprechen, Hintergründe über die Krankheit zu erfahren, von den Erlebnissen der anderen zu hören“, so und ähnlich äußern sich die Teilnehmer, die allesamt anonym bleiben wollen. Ein Senior, dessen erkrankte Frau mittlerweile verstorben ist und dem die Gruppe großen Halt gab in der schweren Zeit, meint: „Ich verstehe nicht, dass nicht noch mehr Teilnehmer kommen. Man hört das doch so viel, dass Menschen erkranken.“ 

Menschen stärken im Umgang mit Demenz

Auch Ruth Schulte-Döinghaus würde sich wünschen, dass noch mehr Menschen den Weg in die Gruppe finden, dort gestärkt werden im Umgang mit der Krankheit. Sie sagt: „Sie lernen von einander, weil die anderen das ja auch erleben.“ Selbst arbeitet sie als Betreuungskraft auf einer Demenzstation und hat viele Tipps parat zu Beschäftigungsmöglichkeiten oder einer guten Gestaltung des Alltags. Wichtig sei es, so betont sie, Erkrankte aufzufangen und nicht gegenzureden: „Die Menschen müssen sich reinfühlen in diese Lebenswelt.“

Informationen zum Gesprächskreis: Diakon Michael Lucas-Nülle, Telefon 0 54 24/90 36 
E-Mail: m.lucas-nuelle@bistum-os.de

  • Zur Sache

Demenzfreundliche Kirchengemeinde
„Sehen, was ist, machen, was geht“ – Unter diesem Motto lädt die Katholische Erwachsenenbildung zu einer Veranstaltung zur demenzfreundlichen Kirchengemeinde ein. Sie findet statt am Samstag, 27. April, von 9.30 bis 15 Uhr in St. Josef, Lingen-Laxten. Die Teilnahme kostet 35 Euro inkl. Tee/Kaffee und Mittagsimbiss. Es gibt verschiedene Workshops, die die Schwerpunkte Gemeindeleben, inklusive Gottesdienste und Besuchsdienste betreffen. Referentin ist Antje Köhler von der „Demenzsensiblen Kirche“, Köln. Die Workshops leiten außerdem Monika Sewöster-Lumme, Schwester Deborah, Irene Kathmann.

Infos und Anmeldung: www.keb-lingen.de, Telefon 05 91/6 10 22 52

Astrid Fleute