Elisabeth Schulze Frenking ist Notfallseelsorgerin
Gott geht mit in die Einsätze
Elisabeth Schulze Frenking, Karsten Engelke und Julia Martin (vorne, von links) sind in den Dienst als neue Notfallseelsorger gesendet worden. Hinter ihnen ist Norbert Verse zu sehen, der Beauftragte für Notfallseelsorge im Erzbistum Berlin. Foto: Oliver Gierens |
Mit ihrer offenen, aufgeschlossenen Art kommt Elisabeth Schulze Frenking schnell mit anderen Menschen ins Gespräch. Und mit Menschen unterschiedlichster Natur hat sie seit sieben Jahren ständig zu tun: Seitdem ist sie ehrenamtlich bei der christlichen Telefonseelsorge tätig. Jetzt kommt eine weitere Arbeit hinzu: Am 4. September wurde sie zusammen mit anderen Kollegen als Notfallseelsorgerin für Berlin ausgesendet. Bei Rettungseinsätzen, in Krisenlagen und ähnlichen Situationen wird sie künftig mit vor Ort sein, sich um Menschen kümmern, die in eine Notsituation geraten sind.
Für Elisabeth Schulze Frenking ist diese Entsendung noch mal ein großer Sprung nach vorne, wie sie dem Tag des Herrn erzählt. Denn bei der Telefonseelsorge sei sie in einem geschützten Raum, spreche nur mit einer Person. „Bei einem Notfallseelsorgeeinsatz gehe ich richtig in das Geschehen hinein. Ich bin vor Ort in einer akuten Notsituation und weiß nicht, was mich da erwartet.“ Das sei noch mal eine viel größere Herausforderung. Dafür ist sie seit Februar letzten Jahres intensiv ausgebildet worden. Coronabedingt hat die Ausbildung länger als üblich gedauert, erst vor gut drei Wochen konnte sie die insgesamt elf Ausbildungsmodule abschließen. Über 100 Stunden, davon unzählige an den Wochenenden, hat sie hinter sich gebracht, um sich für den Einsatz in Notfällen fit zu machen. Da ging es beispielsweise um Stresstherorie, Einführung in die Psychotraumatologie, aber auch um die Organisationsstrukturen der Rettungskräfte wie Polizei oder Feuerwehr. „Das muss ich noch üben, das sind ganz viele Abkürzungen“, erzählt Elisabeth Schulze Frenking. Zum Beispiel „BOS“: Dahinter verbergen sich Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, zum Beispiel Feuerwehr oder Technisches Hilfswerk – die Stellen, von denen sie künftig alarmiert werden wird.
Auch als Begleiterin von Gott gehalten
Doch in der Ausbildung ging es auch um rechtliche Fragen oder andere Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften. Denn die christlichen Seelsorger kümmern sich um jeden, der Hilfe benötigt – unabhängig von dessen kulturellem Hintergrund oder Weltanschauung. Auch Suizid und so genannte Psychohygiene waren ein Thema – „denn wir Seelsorger müssen auch gut für uns selber sorgen“, macht die Seelsorgerin deutlich.
All die Dinge zu verarbeiten, die sie als Seelsorgerin mitbekommt, dabei hilft ihr insbesondere ihr Glaube, erzählt sie im Gespräch. „Der Glaube ist meine Stütze, meine Ressource. Ich vertraue zutiefst darauf, dass Gott bei meinen Einsätzen mit mir geht“, bekennt sie offen. „Und auch während der Begleitung des betroffenen Menschen weiß ich mich von Gott gehalten.“
Diese innere Haltung spürten auch die Betroffenen. „Meine Herzenswärme, die kommt rüber. Das ist oft schon Trost, da muss man noch nicht mal etwas sagen“, so ihre Erfahrung. Oft mache sie – meist im Stillen – ein Abschiedsritual, wenn sie einen Einsatz beendet, indem sie diesen Menschen in Gottes Hände lege. Und manchmal biete sie am Ende eines Gesprächs den Menschen an, ein Gebet für sie zu sprechen – natürlich nur, wenn sie es auch möchten. „Erstaunlicherweise wird es angenommen, es ist noch nie abgelehnt worden“, berichtet sie von ihren Erfahrungen. Eine Dame habe dabei einmal am Telefon geweint und dabei gesagt: „Ich bin so berührt, es hat noch nie ein Mensch für mich gebetet.“ Das sei im ganzen Gespräch dieser eine Moment gewesen, in dem sie sich absolut angenommen, getragen und gestärkt gefühlt habe. Das will sie auch in der Notfallseelsorge fortsetzen, wenn die Personen dafür offen scheinen. Dabei ist für sie immer klar: „Ich drücke das den Menschen nicht auf. Nicht meine Bedürfnisse zählen, sondern die der zu begleitenden Person.“
Nach einer Krise wieder ein Hoffnungslicht sehen
Die Arbeit als Seelsorgerin ist für Elisabeth Schulze Frenking, wie sie sagt, ein „Herzensruf“. Auslöser war ein Erlebnis ihres mittlerweile verstorbenen Bruders. Er fand seine Lebensgefährtin plötzlich und unerwartet leblos in der Wohnung. Während er von der Kripo vernommen wurde, lag die Frau tot im Nebenzimmer – eine Situation, die er als sehr schlimm empfunden habe. „Das wäre ein Fall für die Notfallseelsorge gewesen“, dachte sie sich im Nachhinein. Da hätte jemand vor Ort sein und ihn begleiten sollen.
„Dafür ist Seelsorge da, diese Situation dann auszuhalten, mitzufühlen. Und das ist aus meinem Glauben heraus die Motivation, dass ich da bin und mit aushalte, so dass die Menschen aus ihrer Spirale herauskommen und wieder ein Hoffnungslicht sehen.“
Von Oliver Gierens