Segen für alle Paare rund um den 10. Mai

"Gott würde keinen wegschicken"

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Das „Nein“ aus Rom zur Segnung homosexueller Paare hat in vielen Gemeinden für Unverständnis und Kritik gesorgt. Rund um den 10. Mai gibt es in zahlreichen Orten nun Gottesdienste mit einem Segen – ganz bewusst für alle Liebenden.


Segen für alle, ob jung oder alt, ob hetero- oder homosexuell – das soll es in mehreren Gottesdiensten im Bistum geben.  Foto: imago/Cavan Images

„Wir haben heute auf unserer ‚Insel fürs Leben‘ geheiratet. Leider ohne den Segen der Kirche.“ Die Namen zweier Frauen stehen unter dieser Notiz im Fürbittbuch der katholischen St.-Nikolaus-Kirche auf Langeoog. Und diese Worte machen die Pfarrbeauftragte Susanne Wübker traurig und nachdenklich. Gern hätte sie das Paar gesegnet und sie bedauert, „dass sie sich nicht bei mir gemeldet haben“. Denn in der Eintragung steckt ihrer Ansicht nach ein tief empfundener Wunsch nach Gottes Beistand.

Susanne Wübker hat sich wie viele andere Seelsorgerinnen und Seelsorger „geärgert und aufgeregt“ über die Absage der Glaubenskongregation an die Segnung homosexueller Paare. In einem Gottesdienst auf der Nordseeinsel hatte sie schon kurz nach Bekanntwerden des Schreibens deutlich Stellung dazu bezogen. Ihr ist wichtig, „das Sakrament der Ehe hochzuhalten“ – aber schwulen oder lesbischen Paaren den Segen vorzuenthalten, käme ihr nicht in den Sinn: „Gott würde keinen wegschicken.“ Sie wird dieses Anliegen am 10. Mai in die Messe hineinnehmen und am Ende einen persönlichen Segen anbieten „für jede und jeden, der kommt.“ Zudem hat sie die Standesbeamten auf Langeoog gebeten, bei Trauungen im Standesamt auch auf die Möglichkeit eines Segens in St. Nikolaus hinzuweisen.

Rund um den 10. Mai wird es an mehreren Orten im Bistum öffentliche Gottesdienste mit einem Segen für alle geben (siehe „Zur Sache“). Zum Beispiel am 9. Mai in der Kirche Heilig Kreuz in Osnabrück – mit Sozialpädagogin Maria Lückmann, Gemeindereferentin Eva Heggemann-Rolfes und Pastor Hubertus Lutterbach. Er gehört zu den Initiatoren der Aktion „Liebe gewinnt“, will auf die Thematik in seiner Predigt eingehen – und freut sich darauf, den Segen Gottes weiterzugeben. „Die Zuwendung Gottes ist ein Geschenk und die können wir weiterschenken. Da ist niemand ausgeschlossen.“ Er glaubt, dass Christen Vorreiter sein sollten in puncto Integration und Akzeptanz. „Jede und jeder Getaufte hat hier etwas zu sagen.“

Ebenfalls in Sögel ist eine Segensfeier geplant – als Freiluftgottesdienst hinter dem Marstall Clemenswerth. Sarah Jansen von der Jugendbildungsstätte, der geistliche Rektor und Kaplan Kruse Thevarajah und Sonja Terhalle aus dem katholischen Jugendbüro organisieren den Abend „für alle Verliebten und liebenden Paare, egal welcher sexuellen Orientierung.“ 

Gottesdienst: keine Protestveranstaltung, aber mit kritischer Note

Thevarajah erinnert sich, dass schon bei ähnlichen Feiern rund um den Valentinstag schwule oder lesbische Paar vor ihm gestanden haben. Und er hat ihnen „natürlich“ den Segen nicht verwehrt. Er legt Wert darauf, dass diese Geste nicht mit der Spendung des Ehesakraments verwechselt wird. „Aber das wird es in diesem Rahmen auch nicht“, sagt er mit Blick auf den 10. Mai. „Ich segne einfach die Beziehung, die Paare zueinander haben.“ 

Das Sögeler Team versteht die Feier auch als kirchenpolitisches Statement und „unmissverständliches Signal“. Denn das Schreiben aus Rom widerspricht laut Sarah Jansen allem, „wofür wir als Marstall stehen.“ Nach Auffassung von Sonja Terhalle sollte Kirche die Vielfalt in der Gesellschaft widerspiegeln. Und zugleich erzählt sie, dass nach ihrer Kenntnis in vielen Gemeinden mittlerweile schwule oder lesbische Paare selbstverständlich gesegnet werden: „Das ist längst  pastorale Praxis.“ 

Auch in St. Josef in Lingen sind am 10. Mai alle liebenden Paare eingeladen. Sebastian von Melle, Alwine Röckener (beide aus dem Team der Krankenhausseelsorge in Lingen) und Dekanatsreferent Holger Berentzen war es wichtig, dass der Segnungsgottesdienst „nicht im Verborgenen“, sondern bewusst in einer großen Kirche in der Stadt gefeiert wird. „Wir möchten uns und alle von Gott segnen und stärken lassen in Bezug auf Liebe und Partnerschaft,“ sagt von Melle, der auch Mitglied im Arbeitskreis des Bistums „kreuz und queer“ ist. Den Gottesdienst verstehen sie dabei nicht als Protestveranstaltung, aber er wird laut von Melle „schon eine kritische Note haben“. 

Denn kritisch beurteilen auch die Lingener Seelsorger die Antwort des Vatikans. „Das entspricht nicht meinem Gottesbild und nicht dem Glauben, wie ich ihn lebe“, sagt Alwine Röckener. Sebastian von Melle kann sich nicht vorstellen, dass Gott jemanden wegschicken würde. „Gottes Liebe ist immer größer als menschliches Handeln. Wenn zwei Menschen sagen, wir gehen durch dick und dünn, wir übernehmen Verantwortung füreinander und andere – dann ist das doch ein Zeichen von Liebe.“

Petra Diek-Münchow


Segensfeiern für alle Liebenden

„Liebe gewinnt. Liebe ist ein Segen.“ Unter diesem Leitmotiv soll es rund um den 10. Mai in vielen Orten und Kirchen in ganz Deutschland Segnungsgottesdienste für alle Liebenden geben: ob jung oder älter, ganz gleich welcher sexuellen Orientierung. Die Initiatoren dieser Aktion, zu der unter anderem auch der Osnabrücker Pastor Hubertus Lutterbach gehört, reagieren damit auf die erneute Absage des Vatikans an Segnungen homosexueller Paare. 

Der 10. Mai gilt laut Aktionsgruppe als Gedenktag von Noah, mit dem Gott nach der Sintflut einen Bund mit dem Zeichen des Regenbogens geschlossen hat. Der Regenbogen gilt weitweit als Symbol der Toleranz und Akzeptanz vielfältiger Lebensformen.

Im Bistum Osnabrück gibt es mehrere Gottesdienste mit einem Segen für alle Paare, Familien, Gemeinschaften und Einzelne. Diese Termine waren bei Redaktionsschluss bekannt:

  • Ankum: St. Nikolaus, 10. Mai, 18 Uhr
  • Bad Laer: Mariae Geburt, 8. Mai, 18 Uhr
  • Fürstenau: St. Katharina, 10. Mai, 19 Uhr
  • Georgsmarienhütte-Holzhausen: Kloster Ohrbeck, 10. Mai, 19 Uhr
  • Haselünne: St. Vincentius, 9. Mai, 16 Uhr
  • Lingen-Laxten: St. Josef, 10. Mai, 19 Uhr
  • Osnabrück: Heilig-Kreuz, 9. Mai, 10.30 Uhr
  • Osnabrück-Sutthausen: Maria Königin des Friedens, 10. Mai, 19 Uhr
  • Pfarreiengemeinschaft Artland: 8. Mai, 17 (Quakenbrück) und 18.30 Uhr (Badbergen); 9. Mai, 9.30 (Nortrup) und 11 Uhr (Quakenbrück)
  • Sögel: Jugendbildungsstätte Marstall Clemenswerth, 10. Mai, 19 Uhr
  • Twistringen: St. Anna, 9. Mai, ab 10 Uhr Segensweg auf dem Pfarrgelände, 10. Mai, 19 Uhr Segnungsgottesdienst

Mehr Infos und eine Liste weiterer Gottesdienste gibt es hier