Engelsuche in Wittenberger Stadtkirche

Gottes Postboten

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Wittenbergs Stadtkirche und die Lutherstätten laden dazu ein, die Engel im Kirchenraum zu entdecken. Mädchen und Jungen der Kiepert-Grundschule in Berlin machten mit und bastelten sich einen Schutzengel.

Oft übersehen: Der ganz kleine Engel am Gedächtnisbild von Paul Eber.
 

Heilige gibt es in der Stadtkirche St. Marien Wittenberg seit Jahrhunderten keine. Die Christen der Stadt brauchten im Reformationszeitalter Bilder biblischen Inhalts, Bilder, in denen sie sich wiederfanden, wie Bernhard Naumann von der Gemeinde Berliner Schülern erklärt. Die Engel jedoch, die sind geblieben, wurden neu geschaffen. Gleich an den Emporen vor dem Altarraum finden sich beispielsweise zwei stattliche Engel-Figuren, die mit der Gemeinde Gottesdienst feiern. Schließlich stellt Bernhard Naumann die Frage: „Wie sehen Engel eigentlich aus?“ Seine Antwort: „Hier in Wittenberg und in anderen Kirchen wie Menschen, nur eben mit Flügeln.“ Bernhard Naumann fragt weiter: „Wie viele Engel sind in dieser Kirche?“ Die Schüler der Berliner Kiepert-Grundschule im Stadtbezirk Schöneberg/Tempelhof blicken neugierig. Zusammen mit ihren Religionslehren waren sie am 4. Dezember nach Wittenberg gekommen, um sich dem Thema Engel anzunähern.
Bernhard Naumann von der Gemeinde der Stadtkirche St. Marien: „Wir haben Engelinventur und dazu brauche ich eure Hilfe.“

„Schaut euch um“, sagt Naumann, wir haben heute Engelinventur und dazu brauchen ich eure Hilfe, alleine schaffen wir das nicht.“ Schnell werden die Mädchen und Jungen in vier Gruppen und die Kirche in vier Bereiche eingeteilt. Es werden Kameras ausgegeben, mit denen die Engel fotografiert werden. Später werden die Berliner Schüler diese Bilder brauchen. Los geht es. Die Kinder stürmen in den weiten Kirchenraum. Einige Darstellungen – wie der Engel mit der Bibel – finden sich schnell. Den kleinsten finden die Kinder jedoch nicht. Er befindet sich auf dem Gedächtnisbild „Die Arbeiter im Weinberg“ für den Reformator Paul Eber im hinteren Chorraum. Bernhard Neumann wird ihn später den Mädchen und Jungen zeigen. Während diese fleißig auf Erkundung gehen, hat er einige Momente Verschnaufpause. Lange Jahre war Naumann in Wittenberg als Lutherdarsteller – so beim Fest Luthers Hochzeit oder bei Stadtführungen – unterwegs. Mit der Stadtkirche ist er besonders verbunden, es ist seine Kirche. Mit den Kindern wird er nach ihrer Engelsuche auch über Kirchen ins Gespräch kommen. Kirchen als Orte der Stille, in denen Menschen zu sich selbst kommen können, in denen sie Gott begegnen.

Engelinventur in einer Sommernacht geboren
Die Idee zu den Engelinventuren entstand aus der Gemeinde heraus, wie Bernhard Naumann berichtet. Bei einem Sommerfest kam die Idee, zur nächtlichen Stunde und bei Kerzenschein nach den Engeldarstellungen zu suchen. „Wir waren überrascht, wie viele es sind. Über 70!“, erinnert sich Naumann. Seitdem werden diese besonderen Führungen angeboten: An diesem Tag durch die Abteilung Kulturelle Bildung der Stiftung Luthergedenkstätten am Lutherhaus, der Wirkungsstätte Martin Luthers. Die Kulturelle Bildung wendet sich an Kinder und Jugendliche und vermittelt Kenntnisse rund um die Reformation auf vielfältige Weise.
Begonnen wird immer mit einer Einstimmung rund um das Thema Engel in der Stadtkirche. „Die Flügel der Engel weisen darauf hin, dass sie eine Aufgabe haben, sie sind im Prinzip Boten“, erklärt Bernhard Neumann. „Engel sind die Postboten Gottes, die Gott zu den Menschen sendet.“ Engel sind zudem Himmelswesen, die begleiten, bewahren und beschützen.

Das Engelchen mit der Heiligen Schrift blickt den Betrachter direkt an. | Fotos: Holger Jakobi

Bernhard Naumann ist es dabei ein besonderes Anliegen, dass die Kinder dies erfahren und in ihr Leben mitnehmen können. Um Schutz ging es besonders im zweiten Teil des Tages. Die Mädchen und Jungen waren in den Räumen der Kulturellen Bildung im Augusteum dazu eingeladen, sich unter Anleitung von Marion Schulz ein kleines Schutzengelbild zu basteln. Auf einem kleinen Leinwandrahmen wurden die zuvor aufgenommenen Polaroid-Bilder aufgeklebt. Dann konnten die Kinder den Rahmen beschriften und weiter – etwa mit Sternen oder Blumen – gestalten. Dann ging es noch durch die historische Stube im gegenüberliegenden Lutherhaus. Schließlich ging es mit dem ICE und den neuen Schutzengel-Täfelchen zurück in die Hauptstadt.
Das Programm „Mein persönlicher Schutzengel – Engelinventur“ – ein Gemeinschaftsprojekt von und mit der Stadtkirche St. Marien – kann bei der Kulturellen Bildung Lutherhaus gebucht werden.

Informationen: www.martinluther.de; bildung.wittenberg@martinluther.de; O 34 91 / 4 20 31 16

 
Von Holger Jakobi

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