Tiersegnung in der Berliner St.-Canisius-Gemeinde
Gottesdienst tierisch anders
Fast wie Zwillinge: die Norfolk Terrier Finny (li.) und Robin. Letzterer war früher im Hundebesuchsdienst der Malteser aktiv. Fotos: Stefan Schilde |
Eine ungewöhnliche Teilnehmerschar hat sich vor der Kirche von St. Canisius in Berlin-Charlottenburg eingefunden. Jeder Dritte verfügt nur über einen Rufnamen und ständig hängt die Zunge raus. Die Rede ist von 16 Hunden, einer Katze namens Greta und ihren insgesamt etwa 50 Haltern, die unter dem Motto „Mit Gebet und Gebell“ zum Gottesdienst mit Tiersegnung in die Jesuitenpfarrei gekommen sind. Anlass ist der Gedenktag des heiligen Franziskus von Assisi, dem Schutzpatron der Tiere, am 4. Oktober, der zugleich Welttierschutztag ist.
Die verschiedensten Hunderassen sind vertreten: groß und klein, langhaarig und kurzhaarig. Erstaunlich diszipliniert wohnen sie an der Seite von „Herrchen“ und „Frauchen“ dem Gottesdienst von Pater Manfred Hösl bei, sodass es fast wirkt, als hörten sie tatsächlich zu. Pater Hösl weist auf die sichelförmige Öffnung im Dach des „Offenen Raums“ und vergleicht ihn mit dem Regenbogen, den Gott einst als Zeichen des Bundes mit Noah und den Menschen erscheinen ließ, nachdem die Arche die Sintflut überstanden hatte. Damals gelobte Gott, nie wieder alle Lebewesen, Mensch oder Tier, mit einer Sintflut auszulöschen.
Mensch muss Gottes Schöpfung bewahren
„Die Tierwelt gehört ebenso zur Schöpfung wie der Mensch und die Pflanzen“, sagt Pater Hösl. Er betont aber auch den Unterschied zwischen den nach Gottes Ebenbild geschaffenen Menschen und den Tieren. Umso mehr erwachse daraus „die Verantwortung für uns Menschen, die Erde und all ihre Bewohner zu achten und zu schützen.“ Als Vorbild könne das Verhalten der Tiere auf der Arche untereinander dienen. „Obwohl sie es hätten tun können“, so Pater Hösl, „verzichteten die Stärkeren darauf, die Schwächeren zu fressen.“ Nur weil alle mit- statt gegeneinander handelten, hätten Noah und die Tiere die Reise überstehen und die Erde erneut bevölkern können.
Labradorrüde Theo empfängt von Pater Hösl den Segen. |
Es ist eine offene, gelöste Atmosphäre während des Gottesdienstes, mit Gospelgesang des jungen Chors und Redebeiträgen über die enge Bindung zwischen Mensch und Haustier. „Mein Hund merkt, ob ich fröhlich oder traurig bin, und versucht dann, mich wieder aufzumuntern“, erzählt Sigrid Kirschniok über ihren Ridgeback Nabhani. Als Pater Hösl die Anwesenden fragt, ob auch Tiere eine Seele hätten, war die Antwort einstimmig: ja!
Engagierte Gemeinde entwickelt neue Ideen
Der Gottesdienst mitgestaltet haben die engagierten Frauen und Männer von „St. Canisius plus“, eine Initiative aus der Gemeinde. „Wir wollen über den Tellerrand hinausschauen“, erklärt Monika Hein – und stellt immer wieder fest, wie „zu solchen Veranstaltungen neben den bekannten auch neue Gesichter erscheinen“. Für das nächste Jahr liebäugeln sie und Pater Hösl mit einem Festumzug am St. Patrick‘s-Day. Teilnehmerin Janina, die mit ihren Freundinnen Gabriela und Hiltrud sowie deren Norfolk Terriern Finny und Robin zur Tiersegnung gekommen ist, hat es sehr gefallen. Es sei „noch mal eine weitere Ebene, auf der man als Christin und Tierfreundin angesprochen wird, einander begegnen und zu Gott finden kann“.
Für das nächste Mal wünschen sich die drei noch mehr andere Tierarten. Angst brauchen Besitzer von Hase oder Schildkröte augenscheinlich nicht zu haben – Katze Greta jedenfalls hat den Tag wohlbehalten überstanden.
Von Stefan Schilde