Große Hilfe beim kleinen Glück
Schwangere Frauen sehen sich oft durch sozial schwierige Umstände oder den Einfluss von Familie oder Partner verunsichert und nutzen die Unterstützung durch die Beratungsstellen des Sozialdienstes katholischer Frauen.
VON RUTH FRANZEN
Eine junge Frau wird ungeplant schwanger – mit 19 Jahren. Lena (der Name ist geändert) ist von zuhause ausgezogen, weil sie Probleme mit ihren Eltern hatte, und lebt bei ihrem Freund. Der ist nur wenige Jahre älter als sie und schlägt sich als schlecht bezahlter Hilfsarbeiter durch. Die junge Frau geht noch zur Schule und hat vor, eine Ausbildung zu machen. Wie soll das gehen mit einem Kind? Die Eltern machen ihr Druck, die Schwangerschaft abzubrechen. Lenas Mutter hat selbst früh ein Kind bekommen und wurde von ihrem Partner im Stich gelassen. Nun hat die junge Frau Angst, dass ihr Freund sie ebenfalls verlässt, sodass sie mit dem Baby allein dasteht.
„Das ist ein klassischer Fall“, sagt Kerstin Wienberg. Sie steht seit 23 Jahren schwangeren Frauen und jungen Müttern zur Seite. In der Beratungsstelle für Frauen, Familien und Schwangere des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Eutin konnte sie im Verlauf dieser Zeit vielen Frauen helfen, die in einer emotionalen oder finanziellen Notlage zu ihr kamen. So auch der jungen Lena: „Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie das Kind gerne behalten wollte, aber mit der Situation einfach überfordert war.“ Glücklicherweise bekannte sich Lenas Freund zu ihr und zu seinem Kind. Die Beraterin unterstützte die werdenden Eltern nach Kräften: Sie kümmerte sich darum, dass eine Familienhebamme das junge Paar begleitete. Sie half ihr dabei, einen Ausbildungsplatz in Teilzeit zu finden und stellte den Kontakt zu einer Tagesmutter her, die während der Arbeitszeit auf das Kind aufpasste. Sie kümmerte sich darum, dass die beiden das Geld für eine Baby-Erstausstattung erhielten, stellte Anträge auf aufstockende Hartz-IV-Leistungen, Elternund Kindergeld und beschaffte über den Erzbischöflichen Fonds „Mütter in Not“ die Mittel für eine Mietkaution, sodass das Paar in eine familiengerechte Wohnung umziehen konnte. Die Begleitung erstreckte sich weit über die Geburt des Kindes hinaus. So konnte Kerstin Wienberg auch mitverfolgen, wie positiv sich die Situation der jungen Familie entwickelte: Lena schloss ihre Ausbildung erfolgreich ab und söhnte sich sogar mit ihren Eltern aus. „Das war möglich, weil sie so viel ohne deren Hilfe geschafft und ihr eigenes Leben aufgebaut hat“, erläutert Wienberg. Dass sich für Lena und ihre Familie dank der umfassenden Beratung und Unterstützung alles zum Guten gewendet hat, macht die Beraterin froh: „So muss es laufen!“
Die Aufgaben der Beratungsstelle sind vielseitig – so wie die Lebenslagen der rund 400 Frauen, die dort jedes Jahr Rat und Hilfe suchen. „Junge Frauen, die ungeplant schwanger werden, haben finanzielle, existenzielle Sorgen. Wo bekomme ich Geld, wie finde ich eine Wohnung?“, so Wienberg. Bei Frauen in den Dreißigern gehe es dagegen oft um Partnerschaftskonflikte.
Viele Frauen stammen aus anderen Kulturkreisen. Vorbehalte gegenüber dem christlichen Träger haben sie nicht, denn der Dachverband des SkF, die Caritas, ist ihnen ein Begriff. „Aus ihrer Heimat kennen sie ‚Caritas International‘, das hören wir immer wieder“, berichtet Wienberg.
Beim SkF gibt es keine „Beratungsscheine“
Mit Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen wollen, haben die Beraterin und ihre Kolleginnen so gut wie nie zu tun. „Es ist ja bekannt, dass wir keine Beratungsscheine ausstellen. Deswegen kommen diese Frauen erst gar nicht zu uns.“ Für die Zukunft der Beratungsstelle erhofft sich Kerstin Wienberg, „dass wir auch weiterhin eine intensive, individuelle und qualitativ hochwertige Beratung anbieten können“ – trotz der schwierigen finanziellen Lage des Erzbistums. Sie betrachtet diese Arbeit als eine „Hauptaufgabe“ der katholischen Kirche. Wienberg: „Für die Menschen in ihren alltäglichen Sorgen da zu sein, das macht doch Kirche aus!“