Zeltlager für Väter und Söhne
Großes Abenteuer in Rulle
Hier sind Männer unter sich: Bei der Ruller Männerwallfahrt tauschen sie sich aus, singen und beten. Im 85. Jahr des Bestehens gab es erstmals ein neues Angebot: ein Zeltlager für Väter und Söhne.
Sie sind mit den Vögeln aufgestanden, haben die Natur genossen, gesungen, gebetet und gute Gespräche geführt. Für die Ruller Männerwallfahrt trafen sich am Sonntagmorgen um sechs Uhr Männer zwischen fünf und achtzig Jahren unter anderem am Osnabrücker Dom. Dort begann ihr Weg nach Rulle. Um kurz nach acht erreichte eine große Gruppe singend die St.-Johannes-Kirche in Rulle. Am Außenaltar feierten sie die Messe.
Die Wallfahrt fand zum 85. Mal statt. Die Messe feierte Weihbischof Johannes Wübbe zusammen mit Domkapitular Reinhard Molitor, Pfarrer Dietmar Schöneich und Pater Xavier Karamel Joseph aus der Pfarreiengemeinschaft Wallenhorst sowie Diakon Helmut Heitz.
Jan-Hendrik Kavermann, Vorsitzender des Wallfahrtsvereins, dankte Helmut Heitz für seine zehnjährige Arbeit als Männerseelsorger. Diese tritt er jetzt an Diakon Martin Walbaum aus Melle ab. Walbaum wurde beim Frühstück mit dem Weihbischof nach der Messe begrüßt.
Die Wallfahrt stand unter dem Motto des Katholikentags: „Suche Frieden“. In der Predigt fragte Wübbe, ob diese Forderung realistisch sei: „Wo ist sie denn, die gewaltige Bewegung, die der Heilige Geist auslösen sollte?“ Anstatt für Frieden gebe es genug gegenteilige Beispiele im eigenen Alltag und in der Welt. Sei die Hoffnung auf Frieden Illusion? „Wo sind die Türen zum umfassenden Frieden?“, fragte Wübbe. Er beschrieb die schöne Natur, durch die die Männer am Morgen gelaufen waren und nahm Bezug auf die Umweltenzyklika Laudato Si’ von Papst Franziskus. „Dass wir uns freuen dürfen über Gottes Schöpfung, hat auch mit Verantwortung zu tun“, so Wübbe. In der Enzyklika schreibt der Papst, dass man Frieden erst mit sich selbst und dann mit der ganzen Schöpfung schließen muss. Um vom Frieden zu träumen, „dafür bietet Gott allen einen lebendigen Raum“, sagte Wübbe. Gleichzeitig fordere Gott: „Engagiert euch in meinem Namen so, dass ihr alle dort leben könnt.“ Mit den Zehn Geboten bekomme der Christ „konkrete Hilfen, um den Traum vom Frieden umzusetzen“.
„Qualitativ wertvolle Zeit für Väter und Söhne“
Die Wallfahrtsstrecke zuvor nutzten die Männer zum Gebet um Frieden. Davon „positiv beeindruckt“ war Lukas Kühn aus Osnabrück. Der 15-Jährige war das erste Mal dabei. Er beschrieb die Atmosphäre als angenehm und sagte: „Ich hätte gedacht, es geht nur ums Laufen, Laufen und Beten. Aber man hat auch Spaß und kann sich unterhalten.“ Die Gespräche über „Gott und die Welt“ schätzt auch Ulrich Springer, 60, aus Georgsmarienhütte. Er lief zum zweiten Mal mit. Für ihn ist die Wallfahrt Meditation und Möglichkeit für tiefergehende Gespräche allein unter Männern. In dieser Hinsicht „sind Männer oft etwas ungelenk“, sagte er. Springer nannte Unterhaltungen von Männern an der Theke als Gegenbeispiel. „Die Religiosität hier ergibt, dass die Gespräche persönlicher und nicht so flach sind.“
Zum ersten Mal fand ab Samstagmittag ein Zeltlager für Väter und Söhne statt. Für alle 16 Teilnehmer, darunter Kinder zwischen fünf und 14 Jahren, war es die erste Männerwallfahrt. Jan-Hendrik Stavermann und Sebastian Mutke, Pastoralreferent in der Pfarreiengemeinschaft Wallenhorst und Männerseelsorger, stellten sich die Frage, „wie wir die Wallfahrtstradition an die Menschen heranbringen können“. Ziel war es, neue Männer zu gewinnen, Jüngere anzusprechen und das Einzugsgebiet zu erweitern. Bisher kommen die Teilnehmer nur aus der Region.
„Wenn wir Männer von weiter weg ansprechen wollen, müssen wir ein Angebot schaffen, für das es sich lohnt, hierherzukommen“, so Stavermann. Vorbild für die Idee waren die Vater-Kind-Zeltlager in Wallenhorst und Rulle. „Es ging um eine qualitativ wertvolle Zeit für Väter und ihre Söhne“, sagt Mutke. Michael Rabenda, Vater aus Aurich, drückte das so aus: „Es ist ein großes Abenteuer, mit Papa im Zelt zu übernachten.“ Abenteuerlich war auch der Samstagnachmittag: Spiele, Kletterwand und Zeit im Wald an der Nette standen auf dem Programm. Am Abend gab es Lagerfeuer mit Stockbrot und Gitarre – „das erlebt man im Alltag nicht“, sagte Mutke. Um 4.30 Uhr am Sonntag war es Zeit zum Aufstehen. Die Gruppe pilgerte zunächst zum Osnabrücker Dom, um dann von dort mit den anderen Männern nach Rulle zu laufen. Am Sonntagmittag herrschte in der Zeltlagergruppe entspannte und begeisterte Stimmung. Man wolle wiederkommen, versicherten mehrere Teilnehmer.
Katharina Westphal