Frauen und Männer am Ambo
Gut vorbereitet auf die Predigtwoche
„Wir verkünden das Wort“ ist eine Predigtwoche im September benannt. Dann haben Frauen und Männer die Möglichkeit, im Gottesdienst das Wort Gottes auszulegen. In mehreren Werkstätten haben sie sich fit gemacht.
Ganz schön harter Tobak, was Jesus da seinen Jüngern wieder zumutet. Erst stellt er diese Rätselfrage („Für wen halten mich die Menschen?“), dann zwingt er sie, sich zu positionieren („Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“) und schließlich weist er Simon Petrus wegen dessen Reaktion zurecht: „Tritt hinter mich, du Satan.“ Ach herrje, könnte sich der Kirchenbesucher denken, wieder so ein Evangelium, zu dem es keine aufbauende Predigt geben wird. Oder? Doch mehrere Frauen und Männer werden es im Bistum trotzdem versuchen, schließlich wurden sie in Predigtwerkstätten geschult. An diesem Tag ist der letzte Abend eines Onlinekurses, den das Bistum unter dem Stichwort „Wir verkünden das Wort“ angeboten hat.
Dabei ist die Tatsache, dass alle vor einem Computerbildschirm sitzen, nicht optimal, um sich eine Predigtsituation mit aufmerksamen Gläubigen vorzustellen. Da hatten es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Parallelkurses, der im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) in Lingen stattfand, besser, wie Inga Schmitt, Referentin für Liturgie im Bistum, berichtet: Am letzten Kursabend konnten die LWH-Predigerinnen ihre Texte direkt in der Kapelle des Bildungshauses vortragen.
Am Ambo zu stehen, habe die Aufgabe einfacher gemacht, meint Schmitt. Zustimmendes Nicken. Ja, das können sich die Onlinekurspredigerinnen und -prediger gut vorstellen. Und nun muss jemand anfangen. Annette Hilmes beginnt. Mit ruhiger Stimme trägt sie ihre Predigt vor, in der sie aufgreift, was Jesus zu Petrus sagt: „Du hast nicht das im Sinn, was Gott will“, und stellt den Zuhörern die Frage: „Was haben wir im Sinn?“ Ein Leben in Harmonie, ohne Angst, Trennung, Trauer? „Also Friede, Freude, Eierkuchen?“ Nein, sagt Hilmes, unser Leben verlaufe kurvenreich.
Nach jeder Predigt gibt es eine Rückmeldung
Gott wolle, dass wir Ja sagen zu unserem Leben, auch wenn es beschwerlich werde, auch wenn unser Leben durchkreuzt wird. „Gott liebt uns“, so Hilmes, das zeige sich sogar in der Hochwasserkrise, wenn hilfsbereite Nachbarn da sind und sich Menschen melden und helfen. „Gott ist da, er ist immer da, wenn wir ihn brauchen.“ Jesus nachzufolgen bedeute, das Leben anzunehmen und darauf zu vertrauen, „dass er uns nicht im Stich lässt“.
Weitere Beiträge folgen und zeigen, wie unterschiedlich sie ausfallen, wenn sich die Predigerinnen und Prediger auf andere Aspekte des Evangeliums konzentriert. Gabi Renneke stellt die Frage „Für wen haltet ihr mich?“ in den Vordergrund und spricht über positive und negative Gottesbilder; Beate Berger stellt Überlegungen an, dass es vielen Menschen schwerfällt, ihr Kreuz auf sich zu nehmen. Den Satz „Tritt hinter mich“ legt sie als Aufforderung an Petrus zur Nachfolge aus.
Laura Otte vom BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) stellt das Schicksal von Philipp Mickenbecker in den Vordergrund. Der junge Mann, der mit einem YouTube-Kanal bekannt geworden war, ist an den Folgen seiner Krebserkrankung gestorben, hatte bis zuletzt aber seinen Glauben nicht verloren.
Nach jeder Predigt erhalten die Teilnehmer eine Rückmeldung von den anderen sowie von Pater Franz Richardt. Der Franziskaner begleitet die Ausbildung. Es geht darum, ob die Argumente schlüssig schienen, ob sich jemand vom Thema gepackt fühlte und ob Behauptungen durch die Bibelstellen, auf die man sich bezieht, gedeckt sind, sagt er. Er gibt auch den Hinweis, die Gottesdienstbesucher in der Anrede nicht als „Zuhörer“ zu bezeichnen. „Liebe Brüder und Schwestern“ sei gut, „Geschwister“ ebenfalls. Ein Amen zum Schluss signalisiere, dass nun das Ende der Predigt gekommen ist.
39 Frauen und sechs Männer
Insgesamt haben 39 Frauen und sechs Männer eins der drei Predigtseminare in Vorbereitung der September-Aktionswoche besucht. Pater Franz war nicht nur beim Onlinekurs, sondern auch in Haus Ohrbeck und in Lingen dabei und vermittelte Kenntnisse der Homilie (Predigen unter Auslegung eines Bibeltextes).
Begleitet wurden die Werkstätten von Farina Dierker, Elisabeth Lis und Inga Schmitt, auch Gisela Püttker und Uta Zwingenberger waren dabei. Ziel sei es gewesen, Laien zu ermutigen, in Gottesdiensten zu predigen, sagt Farina Dierker, nicht nur in Wort-Gottes-Feiern, sondern auch in den Eucharistiefeiern am Sonntag. Manche Teilnehmer meldeten sich aus Eigeninteresse an, andere waren von ihren Gemeinden gebeten worden, mitzumachen. Patronin der Predigtwoche ist die mittelalterliche Kirchenlehrerin und Visionärin Hildegard von Bingen, deren Gedenktag am 17. September ist.
Andrea Kolhoff