72-Stunden-Aktion im Bistum Mainz: Ein Rückblick

„Handeln aus dem Glauben“

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Friedwingert
Nachweis

Auf einem Spaziergang im Herbst 2023 durch den Friedwingert in Nierstein.

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Foto: Eva Rudolf

An dieser Grundidee hat sich seit den ersten regionalen 72-Stunden-Aktionen in den 1990er Jahren nichts geändert. Mittlerweile findet die Aktion bundesweit statt. Welche Projekte gab es bei der 72-Stunden-Aktion 2019 im Bistum Mainz und was ist aus ihnen geworden?

VON GERTRUD WELLNER In diesem Jahr wird es vom 18. bis 21. April wieder die „72-Stunden-Aktion – Uns schickt der Himmel“ geben. Im Bistum Mainz haben sich bis Mitte Januar schon knapp 60 Gruppen gemeldet, die dabei sind. Die Sozialaktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und seiner Verbände findet nach 2013 und 2019 nun auch wieder 2024 bundesweit statt. Bei allen Projekten ist dabei das Ziel, die Welt ein Stück besser zu machen. Im Mittelpunkt stehen Projekte, die politische und gesellschaftliche Themen aufgreifen, die lebensweltorientiert sind und dem Glauben „Hand und Fuß“ geben – wie es auf der Homepage des BDKJ zu lesen ist. 

2019 waren allein im Bistum Mainz 155 Aktionsgruppen mit insgesamt 3605 Teilnehmenden aktiv. Mit dabei waren Gruppen der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB), Pfadfinderinnenschaft St. Georg, Katholischen Studierenden Jugend (KSJ), Kolpingjugend sowie der Malteser Jugend. 

Was ist das Besondere an der Aktion? Das Koordinationsteam Alzey/Gau-Bickelheim fasst es so zusammen: „Es begeistert bei der 72-Stunden-Aktion immer wieder, wie viel die Gruppen leisten können und mit welcher Motivation sie an die Sache herangehen.“ Auch wenn manche mit der Projektauswahl und der Aufgabenstellung zu Beginn nicht viel anfangen können oder nicht besonders begeistert sind, weil sie sich etwas anderes erhofft hatten, habe es das Team nie erlebt, dass eine Gruppe aufgehört hat. „Sie haben sich bis jetzt immer auf die Aufgabe eingelassen und sie zu ihrem Projekt gemacht. Im Nachhinein sind viele begeistert davon, wie viel sie als Gruppe schaffen können und geschafft haben.“ 

Von Matschküchen, Barfußpfaden und Insektenhotels 

Oft geht es bei den Projekten darum, etwas für Kinder zu schaffen: In Kindertagesstätten wurden Matschküchen (beispielsweise in Ingelheim und Nidda) gebaut, der Innen- und Außenbereich (etwa in Abenheim) verschönert, Klettergerüste installiert, ein Kindercafé in der Alsfelder Innenstadt gestaltet, der Waldkindergarten in Roßdorf bekam eine Kräuterspirale, eine Vogeltränke und einen Barfußpfad. Die Kinderfarm Jimbala in Friedberg konnte sich über Seifenkisten, reparierte Jurten und einen neubemalten Bauwagen freuen. In Zornheim gab es ein Spielefest und seitdem eine GiveBox mit Gesellschaftsspielen, die auch heute noch gerne von den Kindern aufgesucht wird – wie eine Mutter erzählt. 

An einer Grundschule in Bingen wurde ein Projekt über Kinderrechte umgesetzt und in Mainz-Stadt ein Kinderstadtführer. Und auf dem Wormser Abenteuerspielplatz entstand ein Nutzgarten mit Hochbeeten. Dieser Garten ist nach wie vor bepflanzt und hat nun sogar Zuwachs bekommen: Seit letztem Jahr leben dort drei Hühner, berichtet das Wormser Koordinationsteam. 

Die Projekte sind also sehr unterschiedlich – nicht immer geht es um Dauerhaftigkeit. In Alzey/Gau-Bickelheim gab es beim letzten Mal keine Bauprojekte, berichtet das dortige Koordinationsteam: „Wir hatten einen Escape Room in der Kirche, ein Repaircafé, ein Spielefest mit Aufführung, eine lebende Bibliothek, einen Spielenachmittag und die Erstellung eines Kochbuchs mit alten und neuen Rezepten. Die Kochbücher gibt es bestimmt noch in diversen Haushalten.“ Oder: In Orten der damals noch bestehenden Dekanate Dieburg und Erbach wurde die Barrierefreiheit von Geschäften und öffentlichen Räumen überprüft. 

Es geht bei der 72-Stunden-Aktion oft darum, Orte zur Begegnung zu schaffen. So kamen beim 72-Meter-Mehrgenerationen- Brunch in Griesheim über 100 Gäste, teilten ihr mitgebrachtes Essen miteinander und kamen so ins Gespräch. Im Balkhäuser Tal (Jugenheim) wurde ein Volleyballfeld mit Feuerstelle bei einer Unterkunft für Geflüchtete geschaffen. Inhaftierte Jugendliche und junge Erwachsene der Jugendarrestanstalt bauten in Worms eine Terrassenüberdachung im Gemeinschaftsgarten. Seitdem wird diese 15 Quadratmeter große Fläche für Gruppenstunden, Ferienspiele und weiteres genutzt. In Mainz- Stadt wurden Retrositzecken in Seniorenheimen gestaltet, in Butzbach im Seniorenheim Fahrradständer und ein rollendes Hochbeet. Dass ein Barfußpfad nicht nur was für Junge ist, haben die Bewohner der Seniorenresidenz am Kaiserberg in Bad Nauheim erfahren dürfen.

Auch die Aufgabe „Rettet die Insekten“ war in allen Regionen präsent – im Bistum gibt es seit der 72-Stunden-Aktion 2019 sehr viel mehr Insektenhotels als zuvor. In Offenbach-Bieber hieß es beispielsweise „Wir machen Bieber GREEN again“. Auch der Bibelgarten in Ludwigshöhe freut sich seitdem über mehr Insekten. Er wurde bei der letzten Aktion nicht nur überarbeitet, sondern auch mit einem großen Insektenhotel erweitert. In Ludwigshöhe will man auch 2024 wieder bei der 72-Stunden-Aktion dabei sein: „Wir haben noch viel Platz auf unserem Gelände und werden bestimmt mit unserer katholischen Jugend und ihren Freunden noch tolle Ideen entwickeln,“ kündigt Bibelgarten- Kümmererin Andrea Herbert an. Sie berichtet auch, dass der Bibelgarten rege genutzt wird, um durch dieses Gelände mit den Menschen in Kontakt zu bleiben; so gibt es dort zum Beispiel eine Taizé-Open-Air-Andacht, das Hirtenfeuer an Heiligabend, Erntedank oder Tiersegnungen.

Ein weiteres Beispiel, dass manches in 72 Stunden gestartet werden kann und bestehen bleibt, ist sicherlich der Friedwingert auf dem Friedhof in Nierstein. Die Idee zum Friedwingert kam von einem Mitglied im Verwaltungsrat der Gemeinde. Im Zuge der 72-Stunden-Aktion wurde die Idee 2019 verwirklicht. Drei Reihen mit Weinstöcken sind am Rand des Friedhofs angelegt. Das Angebot wird gut angenommen und jetzt 2024 wird es in 72 Stunden darum gehen, den Friedwingert zu erweitern.

Manchmal geht es den Projekten aber auch so wie in Alsfeld. Dort wurde 2019 ein Labyrinth wieder freigelegt und eine Taizé-Bank neugebaut. Jetzt ist das Labyrinth erneut zugewachsen. Aber die Bank steht noch. 

 

„Uns schickt der Himmel“
ist die bundesweite Sozialaktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Vom 18. bis 21. April machen Tausende Jugendgruppen mit etwa 100 000 Beteiligten in 72 Stunden die Welt ein Stück besser. Hauptunterstützer sind das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Deutsche Bischofskonferenz, das Bischöfliche Hilfswerk Misereor und das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken. Weitere Informationen: www.72stunden.de

 

 

Gertrud Wellner