Entwicklung der Kirchenmitglieder im Erzbistum Berlin

Handeln, bevor es zu spät ist

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Nach der Vorstellung der bundesweiten Studie zur Entwicklung der Kirchenmitglieder und Kirchensteuer folgten jetzt Zahlen für das Erzbistum. Hier gibt es einige Besonderheiten.

Finanzbereichsleiter Bernd Jünemann, Erzbischof Heiner Koch und Generalvikar Pater Manfred Kollig (von links) stellen die Projektion der zukünftigen Kirchenmitgliederzahlen im Erzbistum vor: Wenn alles weitergeht wie bisher, werden sie massiv sinken. | Foto: Cornelia Klaebe
Es sind deprimierende Zahlen, die Bernd Jünemann, Bereichsleiter Finanzen im Erzbischöflichen Ordinariat, da vorstellt: Von gut 400 000 Katholiken, die aktuell zum Erzbistum gehören, wird die Zahl der Kirchenmitglieder bis 2060 auf nur noch gut 260 000 sinken – wenn die Trends, die sich abzeichnen, so bleiben. Dementsprechend wird auch bedeutend weniger Geld aus Kirchensteuern zur Verfügung stehen, so die Prognose weiter; in den nächsten 40 Jahren verliert das Erzbistum in diesem Bereich etwa ein Drittel seiner Kaufkraft. Und das, obwohl das Hauptstadtbistum eine im bundesweiten Vergleich eher „einkommensintensive“ Bevölkerung aufweist: „Berlin ist sehr jung. Das wird uns eine ganze Weile sehr nützen“, sagt Jünemann.
 
Junge Bevölkerung mit niedriger Taufquote
Wenn Berlin bei der Bevölkerungsstruktur noch einen Bonus hat und im Vergleich mit anderen Regionen ein wenig Aufschub genießt, so ist es in anderen Bereichen Schlusslicht: Nur 37 von 100 Kindern katholischer Mütter werden hier getauft – im Bundesdurchschnitt sind es 70. Auch ein Blick auf die Kirchenaustritte lohnt sich. Denn die Austrittsquote ist in Berlin besonders hoch. Es sind in erster Linie Menschen zwischen 23 und 33, die gerade das erste „richtige“ Einkommen erzielen und somit auch das erste Mal Kirchensteuer zahlen, die austreten. Abschließend bemerkt Jünemann, dass die Kirche an der Bevölkerungsentwicklung selbst nur sehr wenig machen kann – an den Tauf- und Austrittszahlen allerdings schon. 
Meinung: Sprecht sie doch an!
Wenn die Kirche verhindern will, dass junge Erwachsene austreten, sobald sie das erste Mal Kirchensteuern zahlen, muss sie ihnen mehr bieten. Das gilt nicht nur für das Ordinariat, sondern auch für die Gemeinden: Wer oder was spricht denn Menschen an, wenn sie für den ersten Job nach Berlin ziehen?
Cornelia Klaebe

Meine Erfahrung ist, dass es für Single-Erwachsene ohne Kinder, die den Studentengemeinden entwachsen sind, sehr wenig Angebote gibt – weder spiritueller Natur noch auch nur ein freundliches Wort. Und daran kann jeder etwas ändern, der in seiner Gemeinde in den Gottesdienst geht. Wer sich aufmerksam umblickt, nimmt auch die Neuzugezogenen und Fremden wahr. Ein „Guten Tag, wir haben uns noch nicht kennengelernt“ kann ein wunderbarer Brückenbauer sein – und auf lange Sicht Kirchenaustritte verhindern.

Handeln, bevor es zu spät ist, möchte Erzbischof Heiner Koch: „Die Verabschiedung von der Kirche geschieht selten durch einen plötzlichen Bruch“, analysiert er und fügt scherzhaft hinzu: „Es ist wie mit einer alten Tante, die man immer seltener besucht – bis man sich irgendwann fragt: ‚Lebt sie eigentlich noch?‘“ Sein Anliegen ist deshalb, die Bindung der „treuen Kirchenfernen“ an die kirchliche Gemeinschaft zu festigen. Das geschehe vor allem durch das Anvertrauen und Übernehmen von Verantwortung, regt er an: „Durch kleine Zeichen: Du bist wertvoll, du bist wichtig.“

 
Künftige Generationen nicht zu sehr festlegen
„Wir wissen nicht genau, wie es mit der Kirche weitergeht“, sagt der Erzbischof. Gerade im Bereich von Bauprojekten müsse man sich jetzt bei der Mittelvergabe genau überlegen, was man tut, mahnt er. Die künftigen Generationen dürfe man nicht zu sehr festlegen und damit deren Gestaltungsmöglichkeiten begrenzen. Darin bestärkt ihn Generalvikar Pater Manfred Kollig: Beim Bau von Versammlungsstätten könne man beispielsweise mit anderen Trägern wie der Feuerwehr kooperieren. Auch er will jetzt noch genauer hinsehen, wofür Geld ausgegeben wird.
 
Von Cornelia Klaebe

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