Vor zehn Jahren besuchte Benedikt XVI. Thüringen

Hauptsache, er war da!

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Vor zehn Jahren besuchte Benedikt XVI. Thüringen. Dabei kam es im Erfurter Augustinerkloster auch zu einer ökumenischen Begegnung. Mit einer Podiumsdiskussion wurde jetzt daran erinnert.

 
Nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI. in Erfurt fiel die Reaktion enttäuscht aus. Er habe „keine Geschenke“ für die Ökumene mitgebracht. Zehn Jahre ist es jetzt her, dass zum ersten Mal ein katholisches Kirchenoberhaupt Thüringen, ein Kernland der Reformation, besuchte. Bei einer Podiumsdiskussion des Evangelischen Augustinerklosters und der Konrad-Adenauer-Stiftung Thüringen wurde an das Ereignis erinnert.
„Der Papst hatte bewusst den Austausch mit der evangelischen Seite in seine Reise eingeplant und angekündigt, an diesem evangelischen Ort einen stärkeren ökumenischen Akzent zu setzen“, erinnerte sich Ilse Junkermann. Die ehemalige Landesbischöfin der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland hatte an dem Treffen der evangelischen und katholischen Delegationen im Kapitelsaal des Augustinerklosters teilgenommen. Dort, so Junkermann, war mehr von der Wertschätzung Martin Luthers durch den Papst und von erreichten kleinen Schritten im Miteinander zwischen Katholiken und Protestanten die Rede als in der anschließenden Ansprache Benedikts im Wortgottesdienst in der Augustinerkirche. Enttäuscht sei sie von dem Besuch nicht gewesen. Das „Treffen auf Augenhöhe“ zwischen evangelischer und katholischer Seite allein sei schon ein Erfolg gewesen.
 
Papst Benedikt: Martin Luther als „Lehrer der Kirche“
Martin Bräuer vom Konfessionskundlichen Institut Bensheim, einer evangelischen Forschungsstelle zur Ökumene, war ebenfalls im Kapitelsaal dabei. Auch er sieht den Besuch insgesamt positiv. Die Verbundenheit der Christen über die Konfessionsgrenzen hinaus sei vor allem im Vorfeld des Reformationsjubiläums in Deutschland, insbesondere in Ostdeutschland, tiefer geworden, was auch Ilse Junkermann bestätigt. Martin Bräuer stellte dar, wie sich das Bild Martin Luthers in den vergangenen 500 Jahren verändert habe und ließ auch dessen „Schattenseite“, seinen Antijudaismus, nicht unerwähnt. Bräuer hob insgesamt aber die Wertschätzung Benedikts für Luther als „Lehrer der Kirche“ hervor, womit der Papst der neueren katholischen Lutherforschung gefolgt sei. Schließlich sei auch ein gemeinsames Gedenken des Reformationsjubiläums 2017 als von beiden Kirchen zu feierndes „Christusfest“ möglich geworden.
Wie sehr Benedikt als Theologe in der Ökumene von einer Hoffnung geprägt sei, die sich nicht in irdischen Zeiten erfülle, machte die katholische Theologin Dorothea Sattler deutlich. Dadurch werde verständlich, dass der damalige Papst nicht primär auf rasche konkrete Zeichen und Schritte in der Ökumene, beispielsweise bei konfessionsverschiedenen Ehen, bedacht gewesen sei. Benedikt habe die Gottesfrage in die Mitte gerückt. Sattler, die sich in der katholischen Kirche für eine stärkere Beteiligung von Frauen in der Kirche einsetzt, zeigte sich irritiert darüber, dass auf katholischer Seite keine Frau und kein Mann aus der deutschen akademischen ökumenischen Theologie an dem Treffen im Kapitelsaal teilgenommen habe. Sie sieht in der Ökumene noch dicke Bretter zu bohren, konnte jedoch auch auf neuere Studien verweisen, in denen auch in der Frage nach Abendmahl und Eucharistie Fortschritte erreicht worden seien. „2017 war ein wichtiges Jahr der Versöhnung in der gesamten Ökumene“, so Sattler.
Einig waren sich die drei Theologen auf dem von Marcus Nicolini vom Evangelischen Studienwerk moderierten Podium, dass man Erfolge in der Ökumene zwischen den Kirchen nicht auf symbolhafte Zeichen wie die Aufhebung des Kirchenausschlusses von Martin Luther reduzieren dürfe. Für den Kurzbesuch von Benedikt gelte vor allem: „Hauptsache, er war da.“ Es sei der persönliche Wunsch des Papstes gewesen, mit seinem Besuch an diesem Ort ein ökumenisches Zeichen zu setzen, das weltweit Beachtung gefunden habe.
 
(kas/tdh)