Muslimische Bestattungen in Bad Bentheim
Heimat auch auf dem Friedhof
Auf dem katholischen Friedhof in Bad Bentheim gibt es nun auch ein Gräberfeld für muslimische Bestattungen. Ein wichtiger Schritt im Miteinander der Religionen: das Verständnis füreinander und das Wissen umeinander wächst.
120 Mitglieder gehören zu der türkisch-islamischen DiTiB-Gemeinde in Bad Bentheim. Für die Familien, die zum Teil in dritter und vierter Generation in der Stadt leben, ist die obere Grafschaft Bentheim „zu 100 Prozent Heimat geworden“. Das sagen übereinstimmend der Vorsitzende der Gemeinde, Hakki Gümüskusak, und sein Stellvertreter Hasan Topal. Und sie erzählen voller Freude, wie gut die Nachbarschaft zur katholischen St.-Johannes-Gemeinde ist. Beide Grundstücke grenzen aneinander – die Kirche liegt an einem Ende der Straße, der Gebetsraum am anderen.
Diese Nähe bekommt nun noch eine weitere Dimension. Beide Gemeinden haben kürzlich eine Erklärung unterschrieben. „Darin laden wir die muslimische Gemeinde ein, ihre Angehörigen bei uns auf dem katholischen Friedhof zu bestatten“, sagt Pfarrer Hubertus Goldbeck. St. Johannes stellt nach Worten von Hermann Rikhof und Ulrich Akamp (beide vom Kirchenvorstand) dafür eine 1000 Quadratmeter große Fläche für 120 Gräber im hinteren Bereich des Friedhofs zur Verfügung. „Dafür bedanken wir uns von Herzen“, sagt Gümüskusak.
Denn zu einer Heimat gehört auch ein Ort für die Trauer. Anders als die erste Generation islamischer Mitbürger, die ihre Angehörigen oft noch in der Türkei beerdigen wollten, suchen die Familien heute einen Friedhof in der Nähe – damit sie ihre Verwandten regelmäßig besuchen können. Bislang war das nur in Nordhorn möglich, aber dort reicht der Platz nach Worten von Gümüskusak bald nicht mehr aus. Gespräche mit Bürgermeister Volker Pannen, mit Pfarrer Goldbeck, den katholischen Gremien und Gemeindemitgliedern ebneten einen neuen Weg.
Mit Blumenschmuck und Holztafeln
Diese Gespräche im Vorfeld bezeichnen alle Seiten als überaus fruchtbar und herzlich. „Wir hatten schon vorher gute Kontakte, aber wir sind uns noch näher gekommen“, sagt Hasan Topal. Auch Hubertus Goldbeck, Hermann Rikhof und Ulrich Akamp erinnern sich gern an die gute Atmosphäre bei den Treffen mal im muslimischen Gebetsraum, mal in der katholischen Kirche. „Es hat richtig Spaß gemacht“, sagt der Pfarrer und glaubt, dass das Verständnis füreinander und das Wissen umeinander damit gewachsen sind. „Und die Hoffnung ist natürlich, dass daraus noch mehr erwächst.“
Mit Blick auf das Miteinander der Religionen macht sich der Seelsorger deutlich für dieses Grabfeld stark. Denn dies entspricht nach seinem Verständnis auch einem der sieben in der christlichen Tradition geltenden Werke der Barmherzigkeit: „Tote zu begraben“.
Großen Wert legten die Vertreter beider Gemeinden darauf, die jeweiligen Wünsche in gutem Einvernehmen offen anzusprechen – wie der islamische Ritus. Dazu gehört unter anderem, dass die Verstorbenen nicht in einen Sarg gelegt, sondern in ein weißes Tuch gewickelt und so beerdigt werden, dass sie in Richtung Mekka schauen – mit dem Kopf nach Südosten. Für diese sarglose Bestattung erließ das Gesundheitsamt eine Genehmigung.
Für die passende, vorher noch nicht belegte Fläche sorgte die Kirchengemeinde. Wichtig ist dabei dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand, dass nicht der Eindruck entsteht, dort entwickelt sich ein ganz eigenes Areal. „Das ist und bleibt ein Teil unseres katholischen Friedhofs“, sagt Rikhof. Die islamische Gemeinde hat nach seinen Worten dabei die Friedhofsordnung „ohne Abstriche akzeptiert“.
Die Kirchengemeinde will die Fläche nun weiter vorbereiten. „Darunter liegt Sandstein. Wir müssen das mit einem großen Bagger einmal ganz durchkuhlen lassen“, sagt Goldbeck. Unerwartet schnell gab es allerdings schon die ersten muslimischen Beerdigungen in Bad Bentheim. Die Gräber gleichen den katholischen mehr, als manche Friedhofsgäste vorher glaubten: mit einer hölzernen Tafel, mit hübschem Blumenschmuck und Grüßen am Grabgesteck.
Petra Diek-Münchow