Kosmopolitischer Kardinal
Hollerich soll die Weltsynode moderieren
Aus deutscher Sicht ist die Ernennung des Kardinals aus Luxemburg besonders wichtig. Den Synodalen Weg bei uns verfolgt er mit Respekt.
Von Roland Juchem
Vom Krankenbett aus tat Franziskus vergangene Woche einen gewieften Zug in seiner Personalpolitik. Während das ärztliche Bulletin einräumte, die Genesung des Papstes von seiner Darm-OP verlaufe wegen eines kurzzeitigen Fiebers nicht völlig reibungslos, gab der Vatikan eine sicherlich zuvor beschlossene Entscheidung bekannt: Kardinal Hollerich wird Generalrelator bei der Bischofssynode im Herbst 2023. Die Versammlung soll ein ekklesiologisches Schlüsselthema des Franziskus-Pontifikats behandeln: die Synodalität der katholischen Kirche.
Mit einem davor geschalteten synodalen Prozess auf Diözesan- und dann auf Kontinentalebene will der Papst nicht nur Bischöfen, sondern auch möglichst vielen anderen Gläubigen Synodalität schmackhaft machen. Dabei geht es ihm zunächst weniger um einzelne Themen als um einen anderen Stil innerkirchlichen Umgangs: mehr und besseres gegenseitiges Zuhören sowie darum, das Gehörte betend zu bedenken. Erst dann können und sollen sich in Pfarreien, Gemeinschaften, Fakultäten, Diözesen sowie später in einzelnen Ländern und auf Kontinenten Themen herauskristallisieren.
Eine Woche Auszeit im Sommer
Dies geschieht im günstigsten Fall mittels der Methode geistlicher Unterscheidung, des "discernimento", wie die besonders von Jesuiten gepflegte Methode der Entscheidungsfindung auf Italienisch heißt. Und da kommt der Kosmopolit Hollerich ins Spiel: Als Jesuit ist ihm die Methode der geistlichen Unterscheidung vertraut. So will der Erzbischof von Luxemburg in diesem Sommer eine Woche Auszeit nehmen, um zu bedenken, wie die vom Papst gewünschte Weltsynode für die Kirche in seinem Land aussehen kann.
Als Präsident der EU-Bischofskommission COMECE kennt sich Hollerich auch mit der teils sehr unterschiedlichen Lage der katholischen Kirche in Europa aus. Und weil er vor seiner Ernennung zum Erzbischof viele Jahre in Japan tätig war, sind ihm zudem die dortigen Kulturen und die Lage der Kirche bekannt. In puncto Dialog und Synodalität, so sagte er kürzlich, sei die katholische Kirche in Asien oft weiter als in Europa. Dort gebe es noch zu viele "Nationalkirchen", die zu wenig über den eigenen Tellerrand schauten, monierte er.
Schließlich kommt Hollerichs ruhig-freundliches und durchaus humorvolles Temperament der wichtigen und heiklen Aufgabe eines Generalrelators zugute. Als Hauptberichterstatter soll er bei der Synodenversammlung den Stand der Debatten zusammenzufassen und gegebenenfalls zwischen verschiedenen Positionen vermitteln. Seine vermittelnde Art hindert den 62-Jährigen indes nicht daran, inhaltlich hier und da klares Profil zu zeigen.
Aus deutscher Sicht ist die Ernennung Hollerichs besonders wichtig. Der Luxemburger spricht die Sprache der Deutschen und verfolgt den international oft beargwöhnten, teils bewunderten Synodalen Weg der Kirche in der Bundesrepublik. "Ich habe sehr großen Respekt, dass man sich traut, sehr große Fragen zu stellen", sagte er im Sommer 2020. Diese Fragen müssten gestellt werden. Er bezweifle aber, dass man "die Antworten auf diese Fragen in einem einzelnen Land geben kann".
Bätzings Gespräche in Rom
Dass der Papst den Luxemburger in eine Schlüsselposition hebt, ist sicherlich Indiz dafür, dass er Impulse der Katholiken in Deutschland in sein Projekt der Weltsynode und deren Abschluss im Oktober 2023 einbinden will. Das will auch der Generalsekretär der Bischofssynode, der maltesische Kardinal Mario Grech. Grech und Hollerich bringen von ihrer Persönlichkeit her gute Voraussetzungen mit, die bisher unterschiedlichen synodalen Initiativen - von Deutschland über Irland, Australien und Lateinamerika bis Italien - miteinander ins Gespräch zu bringen.
Damit begonnen haben Grech und sein Team Anfang des Monats. In sprachlich getrennten Videokonferenzen tauschten sie sich mit Bischöfen verschiedener Länder über Erwartungen und Möglichkeiten der geplanten Welt-Synode aus. Auch Georg Bätzing nahm daran teil. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz weilte in den vergangenen Wochen gar zwei Mal in Rom. Auf seiner Gesprächsagenda mögen auch Bischofspersonalien in der Heimat gestanden haben. Andererseits hat es den Anschein, als sollten für die Weltsynode frühestmöglich neue Kanäle zwischen Rhein, Spree und Tiber geknüpft werden.
Grech will zudem wahrscheinlich bereits im September die deutschen Glaubensgeschwister besuchen. Das Präsidium des Synodalen Weges hatte ihn eingeladen, sich selbst ein Bild zu machen.