Europäische Ordens-Chefs haben sich in Schwaben versammelt
"Ich hätte Konfrontation erwartet"
Im Kloster Roggenburg zwischen Augsburg und Ulm hat in der vergangenen Woche die Generalversammlung der Union der Europäischen Konferenzen der Höheren Ordensoberen und -oberinnen (UCESM) getagt. Über die Hintergründe spricht die Vorsitzende der gastgebenden Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK), Schwester Katharina Kluitmann.
Schwester Katharina, was macht Ihre Konferenz so wichtig, dass sie trotz Corona stattgefunden hat?
Als wir am Montag begonnen haben, sah die Welt ja noch anders aus. Wir nehmen die Epidemie aber natürlich ernst und haben die Konferenz nun vorzeitig beendet. Statt der geplant über 70 Teilnehmer aus 25 Ländern waren wir nun 50 Leute aus 20 Staaten. Manche von uns mussten auch wegen drohender Grenzschließungen vorzeitig abreisen. Zu Ihrer Frage: Es ist sehr wichtig, dass wir uns in Europa austauschen und zusammentun.
Warum konkret?
Wir wollen wissen: Wer kann wem bei welchem Problem helfen, am besten auf dem kurzen Dienstweg? Man schreibt ja normalerweise nicht mal eben eine formlose WhatsApp an den russischen "Ober-Ordensmann", ich würde das jetzt bei Bedarf schon tun. Bei der Konferenz haben wir unter anderem die Themen Berufungspastoral und sterbende Gemeinschaften besprochen, indem wir dazu spontane Arbeitsgruppen gebildet haben. Darin haben dann entsprechend bewanderte Vertreter gute wie schlechte Erfahrungen ausgetauscht.
Nämlich?
Zu sterbenden Gemeinschaften haben besonders wir aus dem Westen verdeutlicht, wie man den betroffenen Schwestern und Brüdern spirituell, menschlich, finanziell und organisatorisch beistehen kann. Bei der DOK haben wir dafür eine eigene Stelle mit zwei Schwestern. Die informieren zum Beispiel darüber, dass man auch Laien in Leitungsfunktionen von Orden einsetzen kann. Das ist andernorts noch gar nicht so bekannt und noch weniger erprobt. Da haben wir Ermutigungen gegeben und auch rechtliche Tipps, etwa für Stellenausschreibungen.
Und was haben Sie zur Berufungspastoral besprochen?
Dazu haben wir festgehalten, dass es keineswegs überall einen Rückgang gibt. Gerade im Osten existieren durchaus auch wachsende Gemeinschaften. Da hat die Säkularisierung noch nicht so zugeschlagen wie im Westen.
Was fangen Sie mit dieser Erkenntnis hierzulande an? Schicken Sie nun Ordensbewerber, falls sie denn doch noch kommen, eher in die Ferne?
Das kann man nur im Einzelfall entscheiden. Aber es ist für uns ein wichtiges psychologisches Moment: Es geht nicht überall zu Ende. Wir wollen nun binnen zwei Jahren ein europaweites Treffen für jene Ordensleute organisieren, die in der Berufungspastoral arbeiten. Dabei möchten wir erörtern, was es im Osten vielleicht an besserer Werbung oder besseren Strukturen gibt. Klar ist aber auch: Es geht nicht darum, dass an einem kleinem Teich mit wenigen Fischen alle ihre Angel auswerfen. Wir Ordensleute sollten vielmehr selbstbewusst unser Lebensmodell ausstrahlen: dass wir tagtäglich auf Gott verweisen und so die Hoffnung auf das ewige Leben offenhalten.
Aber wie soll das außerhalb der Klostermauern jemand mitkriegen?
Zum Beispiel, indem ich Ihnen jetzt ein Interview gebe. Das ist für Ordensleute nicht unbedingt selbstverständlich, viele von uns leben ja eher zurückgezogen. Indem wir unsere Generalversammlungen wandern lassen, die UCESM will sich 2022 in Osteuropa treffen. Und indem wir vor Ort Zeugnisse gelebten Glaubens geben wie etwa die Dienerinnen des Heiligen Geistes, die auf Lesbos Flüchtlingen helfen.
Auf politischer Bühne kracht's unter den Europäern ja ständig. Auch bei Ihrer Konferenz?
Ich hätte Konfrontation erwartet, beispielsweise in Bezug auf den Synodalen Weg, die Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland. Aber die Teilnehmer fanden das Projekt entweder superspannend oder kannten es noch gar nicht, vor der ewigen Verdammnis hat niemand gewarnt. Früher war es bei der UCESM nach allem, was ich weiß, schon so, dass es da Lager und Blöcke von Veränderungswilligen und Bewahrern gab. Heute sind die Grenzen fließend und im europäischen innerkatholischen Facettenreichtum wird mehr ein Reichtum als ein Problem gesehen. Ohnehin tendieren Orden eher zur Reformwilligkeit.
Warum?
Ordensleute vertreten weniger eine Ordnung als ein Charisma, mitunter sind sie kreative Chaoten. Das liegt daran, dass Orden oft aus einem Impuls zur Veränderung heraus entstanden sind, aus einem gefühltem Mangel, sei es spirituell oder gesellschaftlich. Außerdem können wir es uns durch unseren festen Halt in Gott leisten, in anderen Dingen sehr flexibel und fehlerfreundlich beim Ausprobieren zu sein. Da sind wir sicher ein Vorbild für die Kirche insgesamt. Eine Schwester aus Osteuropa sagte mir etwa, sie predige längst regelmäßig ...
kna